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Samstag, 28. Dezember 1963 Kitzbüheler Anzeiger Seite 3 Altbäuerin zu schwach geworden sind, uni den Brotteig zu kneten, so kaufen wir uns das Brot, bis die junge Generation einspringen kann. Jeder Hof muß seine Entlastung finden. Die Technik gibt uns alle Möglichkeiten. Keine Bäuerin will nicht mehr arbeiten, sondern sie will we- niger Arbeiten. Es ist deshalb ihre Auf- gabe zu sehen, hören, denken und zu pla- nen, in welcher Reihenfolge die Ent- lastung durchgeführt werden soll. Bei zu großer Belastung wird es allerdings der Frau nicht möglich sein, einen Plan, ciii System aufzustellen. Vergleichen wir un- seren Hof mit finanziell gleichgestellten, wirtschaftlich aber besser geführten Be- trieben und überlegen dann, was zu tun ist. Wir haben ja unsere Hände zur Durch- führung. Was sollen wir gewinnen? Wir wollen Zeit gewinnen für uns und unsere Familie. Freizeit ist ein göttliches Ge- bot, der Sonntag wurde uns von Gott ge- geben. Wir leben nicht nur um zu ar- beiten, sonderen auch um alles Schöne und Gute an unsere Kinder weiterzugeben. Die Bäuerin soll sich am Tage auch eine halbe Stunde Zeit für sich selbst nehmen. Sie muß sich freimachen vom Alltag und das tun, was sie gerne will. Daraus kann sie die Kraft für die An- forderungen des Alltags schöpfen. 'Kinder sind eine Gnade. Jede Mutter lernt viel von ihren Kindern. Die Kin- der werden im Krankenhaus geboren und bei der Heimkehr am Hof oft der Groß- mutter übergeben. 'Wesentliches geht da- mit verloren. Eine Mutter, die ihr Kind stillt, gibt ihm mehr als Nahrung. Sie erfaßt das Wesen ihres Kindes. Sie muß sich Zeit nehmen für das Kind, sonst nimmt sich dieses später kei- ne Zeit für seine Mutter. Die Mutter muß mit ihrem Kinde reden, in seiner Sprache. sonst findet das Kind später nicht mehr zu ihr. 'Wer mit seinem Kinde reden kann, braucht nicht zu schimpfen. Wenn Eltern mit ihren Kindern nur schimpfen, nützt es nichts. Den Schutz für die Kinder geben die Mütter selbst. Sie müssen vor allem ihre Söhne erziehen und in ihnen die Ehr- furcht und die Liebe zur Mutter wecken. Der Sohn wird später diese Achtung auf das Mädchen, die Frau übertragen. Bis zum 6. Lebensjahr müssen die An- sätze für die Werte des Lebens in die Kinderseele gelegt werden. Später können nur mehr die Weichen gestellt, War- nungs-, Verbots- und Gebotstafeln auf- gestellt werden. Die Kinder sollen den alten Kinderreim, die Kinderlieder und Volkslieder lernen. Ihnen liegt tiefer Le- benssinn und Lebensweisheit zugrunde. Die Jugend soll aber auch ihre Schlager singen, wenn vorher Gutes in die Seele des Kindes gelegt wurde, geht es niemehr verloren. Merken wir uns: Nicht der Mensch ist anders geworden, sondern die Umwelt hat sich geändert. In den Kindern muß schon die Freude zur Pflichterfüllung geweckt werden. Ob- wohl es das Kind noch nicht verstehen kann, daß ein Arbeitstag schöner als ein Sonntag ist, wird es später selbst das Ge- fühl der Zufriedenheit und des Frohseins erleben, wenn eine große Arbeit getan und gut getan wurde. Die Mutter darf dem Kinde nicht über ihre Arbeitslast klagen, sondern die Freu- de zur Pflichterfüllung hochhalten. Aber nicht nur das Kind, auch der Erwachsene muß lernen, daß man nicht hinaufschaut, sondern zurückblickt, daß man demütig ist zu den Tieferstehenden und nicht unterwürfig zu den Höhergestellten. Je- der soll den Mitmenschen als Nächsten und als Menschen betrachten. Die Bäuerin muß ihre Töchter zu Bäue- rinnen erziehen. Die Eltern sind aus- schlaggebend, ob die Kinder Mut zum Bauernstande haben. Die Kinder sollen in eine Fachausbildung geschickt werden, das Heimkommen wird ihnen dann das Gefühl der Nestwärme geben. Sie pas- sen sich gleichzeitig auch besser der Um- welt an. Oft empfindet die Bäuerin nicht Abneigung gegen ihre Arbeit, wenn sie keine zufriedene Bäuerin ist, diese Ab- neigung zum Bauernstand entspringt meist einer lieblosen Ehe. Es ist die Nachläs- sigkeit des Mannes im Alltagleben. Sie fuhrt weit, vom Holzkorbtragen, Mist- aufladen bis zur Feldarbeit. Ein gutes Wort ist für jede Frau, auch für die Bäuerin lebenswichtig. Ein liebloses Fa- milienleben wirkt sich am tiefsten auf die Kinder aus. Schaffen wir glückliche Ehen, Fami- lien und glückliche Kinder. Die Frau muß allem Guten und Schönen Hüterin sein. Wir erleben jetzt die stillste Zeit im Jahr. Ist es noch die stillste Zeit? Der stille Advent, die Zeit der Besin- nung und Einkehr ist zum Monat der größten Geschäftigkeit geworden. Fast könnte man meinen, der Teufel baut seine Kapelle. Bringen wir in unseren Kindern den Christgedanken nicht mit Geld in Verbindung. Wir dürfen sie nicht neidisch machen und müssen sich auch selbst vom Neid freimachen. Blicken wir nicht miß- günstig über den Zaun des Nachbarn, sondern seien wir aufrichtig bereit, Hilfe zu leisten und Gutes zu tun im Friedens- werk unserer Zeit. Verwirklichen wir im Advent den Ge- danken, daß der Mensch nicht für sich allein da ist, nicht um allein zu genie- ßen, sondern um allen zu geben und zu helfen. W.B. Putz 1 behandelten Sparten vom Bergbauern und Handbuch Tirols - das Tiroler Jungbiirgerbuch Handwerker bis zum Tiroler Höferecht Von allen zum Gedenkjahr 1963 er- schienenen Werken Tirols verdient ein Druckwerk besondere Beachtung, weil es eine populäre Darstellung Tirols in dieser Zeit ist: Das Land Tirol und seine Ge- meinden haben den Jungbürgern als blei- bende Erinnerung an die mit der Jung- bürgerfeier erreichten Volljährigkeit das „Tiroler Jungbürgerbuch" gewidmet, das Wolfgang von Pfaundler redigiert hat. Es enthält auf mehr als 700 Seiten 34 Farbtafeln (gewidmet der Wiedergabe von Kunstwerken), 535 Abbildungen und als Beilage zwei große Landkarten. Wer die ersten Seiten des Jungbürger- buches aufschlägt, fürchtet, „nur" eine prächtig bebilderte Geschichte Tirols mit knappen Textangaben vor sich zu haben. Geschichtsbild reiht sich an Geschichts- bild bis herauf in die Gegenwart, wobei nur selten der prägnante Text über eine Seite geht. Dann aber folgt eine Landes- beschreibung, Bezirk um Bezirk mit den Angaben über jede Gemeinde hinsichtlich Fläche und Einwohnerzahl. Erstmals seit langem stehen die Wappen der Nord- tiroler und Südtiroler Gemeinden Seite an Seite, darunter sind die Wappen von Hopfgarten, Itter, Kössen, St. Johann und Westendorf aus unserem Bezirk. Das Kitzbüheler Wappen ist auf der Wieder- gabe der Burcklechnerkarte von 1620 zu finden. Die Reichtümer Tirols um 1620 - Bergbau auf Silber und Salz und Wein- bau - weisen auf die Entwicklung der Tiroler Wirtschaft. Ohne lange Um- schweife sind die wirtschaftlichen Schwer- punkte in alter und neuer Zeit dargelegt und mit Zahlen untermauert. Industrie und Gewerbe, Handel, Kreditwesen und Verkehr sind in ihrer Bedeutung hervor- gekehrt und weisen ein imponierendes Bildmaterial auf, das ein Beweis ist, welch hervorragender Lichtbildner außer dem Verfasser - von Pfaundler erschienen bereits mehrere beachtete Bildbände - tätig waren. Es ist unmöglich, die einzeln £U, I11U1CU. J-Allu 1' L,UIC YUU JJWV1WLLWL1U1 zur Tiroler Volkskultur bringt der Ab- schnitt über die Begebenheiten im Jah- reslauf, wobei besonderer Raum dem Bri- xentaler Antlaßritt gewidmet ist. Das kulturelle Tirol in einer unglaub- lichen Vielfalt tritt dann aus dem Jung- bürgerbuch, Dichter und Volksschrift- steller kommen zu Wort, Volkslieder sind ebenso wiedergegeben wie Gedichte der Gegenwartsdichter. Man blättert im Jung- bürgerbuch weiter und vergißt, den Text zu lesen, denn da stehen sie in den Werken vor dem Leser, Prandtauer und Gumpp, Welzenbacher und Holzmeister, das Grabmal Maximilians, die Sterzinger Altartafeln, die Bücher Maximilians, Mi- chael Pacher, der Altar von Schloß Tirol, Paul Troger, Defregger, Egger-Lienz, Al- fons Walde, Arthur Nikodem und Karl Plattner, um einige herauszugreifen. Tiroler Erfindergeist und Gelehrten- Sinn spricht in den Bildern, in der En- zyklopädie Tirols fehlen nicht Heimat-
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