Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
sei to 8 «ltzbütieler Anzette '‚ -- idieratur wirite Weil mehr auf Osterreich als etwa die fran- zösische. Calderons Dramen werden auch heute noch in Osterreich aufgeführt. Grillparzers „Ahnfrau", „Der Traum, ein Leben" oder Hofmannsthals „Große Salzburger Welttheater',' atmen Caderns Geist. Die literarischen Gestalten von Cervantes „Don Quijote" und Sanch Pansa" sind hei uns auch heute eenau noch so lebendig wie in Spanien. in Hall begleiten heute tic)eii die so- genannten Partisaner in spanischer Hof- tracht bei der .Fronleichuamsprzess:op das Allerhefligste. Zum spanischen Einfluß kam dann spä- ter der italienische Einfluß. Am Hofe Maria Theresias lebte der italienische Dichter Metastasi.o, der ebenso wie Da Ponte Textbücher in italienischer Spra- che für Mozart schrieb. In diesem Jahrhundert tirolischer Selb- ständigkeit kam es zu scharfen Ausein andersetzungen zwischen dem Erzherzog Leopold, dessen Hei er-Standbild vor dem Stadtsaal steht und den Landständen in Steuerfragen, weil der Landesfürst die Verzehrun gssteuer als sein Hoheitsrecht ansah. Allein unsere Vorfahren ließen sich selbst von den eigenen Landesfür- sten in Steuersachten nicht so entmach- ten wie es nach 1945 im republikani.- schen Osterreich der Fall war, so daß bei der letzten Budget-Debatte Landes- hauptmann Dr. Tschiggfrey mit Bitter- nis feststellen mußte: „'Was haben wir noch für eine Steuermacht, wir dürfen bei einem 530-MilL-Budget 200MOt) Schil- ling Jagdsteuer kassieren;' Daß der Wiener Zentralismus dadurch das wiedererwachte öste1rei,,hi eh.e Staats- heußtsein in den Ländern nicht stärkt, muß an diesem Tag mit allem Nachdruck festgestellt werden. Vn 1632 bis 1646 war Claudia vol? Medici Regentin von Tirol. Dazu sei he - merkt, daß Töchter wohl der meisten italienischen Fürstenhäuser nach Oster- reich heirateten: die Visconti und Sforza von Mailand, die Medici von Florenz, die Gonzaga von Mantua, die Este vorr Ferrara, In der Hauptstraße von Innsbruck steht ein Denkmal. Annasäule wird es vom Volk genannt, trotzdem es eine Marien- statue trägt. Am Annatag 1703 mußten die Bayern Tirol wieder räumen, daher der Name. Dieses Denkmal erinnert an Tirols reiche Kriegsgeschichte. Kriegs schauplatz war das ganze Jand all, die Jahrhunderte hindurch: Kriege im Süden gegen die Venezianer, Kriege im Westen gegen die Schweizer. An der Kalven baini Ausgang des Miinster[aies fielen alleim? im Jahre 1499 viele hundert Familien- väter des Vintsehgaus, darunter ein Ahne unseres Graphikers Paul Flora; Kriege im. Norden aber gegen die Bayern. We- gen dieser dauernden Kriegsgefahr gab Maximilian dem Land eine Wehrverfas- sung. Zur. Verteidigung seiner Grenzen mußte das Land je nach Notwen.digkeh Fünf-, zehn-, fünfzehn- oder zwanzig- tausend Mann stellen, wenn der Landes- fürst oder Landeshauptmann das Auf- gebot hiezu erließ; dafür aber durften die Tiroler zu Kriegsdiensten außerhalb des Landes nicht herangezogen werden. Außerdem durfte der. Landesfürst nur mit Zustimmung der Stände einen 'Krieg beginnen, dessen Ausgangsbasis Tirol war ,in besaß dadurch Rechte, die kein anderes Erbland hatte. Diese Wehrver- fassung wirkte nach bis zum ersteti Welt- krieg. Der Grenzschutz gegen Itaiien wurde im Mai 1915 von den Stand- schützen tand- schü zen übernommen, die zum Größte ii keinerlei mii tärische Ausbildung hatten. Die Kaiserjäger kämpften damals in Ruß- land. Wie groß der Blutzoll war, den Tirol zu entrichten hatte, verkünden die Hel den'bücher am Bergisel. Da der Landesfürst für die Ausrtisturig zu sorgen hatte, wurde von Maximilian das Zeughaus erwei ert zur Aufnahme der Geschütze und Handwaffen. Es ist heute noch im ursprünglichen Zustand vorhan- den. Wenn es jetzt endlich zu einem Museum umgebaut wird, müßte dort auch Raum geschaffen werden für die Doku- mente zur Entwicklung der Europapost, die unterMaximiljan von `Innsbruck ihren Ausgang nahm. Wie steht es aber mit Tirols Gegen- wart und Zukunft? Kein Klos er, das Jahrhunderte über- dauert, kein Grabmal, kein Schloß, keine Gedenksäule wird von unserer Zeit der Nachwelt Kunde tun. Es wird aber hei- ßen, es steht eine Brücke in den Bergen Tirols, Symbol des Zeitalters der Tech- nik. Man gab ihr den Namen Europa- brücke, weil man die Hoffnung hegte, es werde zur Errichtung eines europäisch'e.n Staatenbundes kommen. Uber Tirj1 Brücken und Pässe werden weiterhin in Gegenwart und Zukunft Völker und Men- schen ziehen so wie es seit 2000 Jahre-11 und mehr der Fall war: in der Römer- zeit, in der VöIkerwanderungszeit, in der Zeit der römisch-deutschen Kaiser. Tri- umphierend hat Rudolf der Stifter kurz nach der Erwerbung Tirols an dcii Do- gen von Venedig geschrieben: „Alle Stra- ßen, die nach Italien führen, sind in unserer Hand." Das ist zwar übertrieben, aber gestern waren es der Brenner und das Reschenscheideck, morgen kommt da Timmeisjach dazu, übermorgen wird man von München durchs Zillertal nach Vene- dig fahren. Gastland für Hunderttau sende und Durc'hzugsland für Mililonen Menschen jährlich ist heute Tirol und wird es bleiben, bedingt durch seine glückich-ungtiickieh'e Lage zwischen Nord und Süd. Politisch ist Tirol heute getrennt, halb bei Wien 'und halb hei Rom.. Wir trageo dieses unverdiente Schicksal schwer, denn Bergvölker sind freihei tsliehend. Aber am heutigen Tag wollen wir im Geiste unserer Väter laut und deutlich der Welt eines sagen: „Wir wollen kei- ne abhängige Provinz sein, weder mi Norden noch im Süden, sondern einselb- ständiges Land wie es im § 1 der Tiroler Lan deso rdn un g geschrieben steht. Was aber wird mit Osterreich sein Nach dem zweiten Weltkrieg standei an der Enns, dem uralten Grenzfluß zwi- schen Ost und West, der russische Sol- dat ostwärts der Brücke, der amerika- nische aber westwärts. Die alte Ostmark Karls und Ottos war vorübergehend durch eine Zonengrenze vom Westen albgetrennt. Man nahm zunächst an, diese Ost-West- Grenze werde bald wieder verschwintkn. Im Oktober 1945 war die dritte Län- derkonferenz. Während dieser Konferenz gab Bürgermeister Körner einen Emp- fang im Wiener Rathaus. Ich saß neben ihm und sagte zu ihm.: „Herr Bürger- meister, jetzt werden Sie wohl bald die Besatzung los sein, denn im November finden die Nationalratswahlen statt und im Dezember ist die Konferenz der Au- ßenminister in Moskau, dann wird die Besatzung wohl doch abzielhen." Körner antwortete in seiner ruhigen vorneh'mc.ri Art: „Ich glaube nicht daran. In der) letzten Tagen ist einer nach dem ande- ren dagewesen und hat die Mietverträge auf zehn Jahre verlängert." Genau so kam es auch. Es folgte ein jahrelanger hartnäckiger Kampf. Die ernste Frage war, ob die alte Ostmark des Westens in Zukunft jenseits des Eisernen Vorhan- ges zur Westmark des Ostens werden soll. Zu dieser Uberzeugung kam ich, al eines Tages der französische Verbin d'ungs offizier Moraimme zu mir kam und sagte „In der nächsten Zeit beginnen in Godes- berg - wenn ich mich an den Ortsna- men recht erinnere - die Verhandlun- gen über die Aufteilung Osterreichs.' Ich möge in einem Artikel mich dagegen wenden und sie würden sorgen, daß cl ie - ser Artikel durch die französische Pres- se verbreitet werde. Ich schrieb in dem Sinn, daß sich das österreichische V0115 gegen diese Zerreißung verwahre, aber wenn die Abtrennung des Ostens un- abwendbar sei, möge man doch wenig- stens den Westen Osterreichs nicht auch noch unter den Nachbarn aufteilen, schon deshalb nicht, um dem österreichischen Volk nicht auch noch die Hoffnung auf eine spätere Wiedervereinigung ganz zu nehmen. Die Gefathr wurde Gott sei Dank abgewendet. Dadurch wurde die alte Ost- mark zum drittenmal begründet und die gleiche folgenschwere Tat gesetzt wie zur Zeit Karls des Großen und Otto des Großen. Dieses große Verdienst müssen sich allerdings die führenden inneröster- reichischen Politiker von damals mit öster reichischen Journalisten tei en, denn ge- gen den Staatsvertrag in der Form wie er zuletzt angeboten wurde, und de scheinbar die Poliiker anzunehmen berei waren, haben sich wackere österreich- sehe Journaisten mit den Worten gewen- det: Lieber keinen Staatsvertrag als die- sen, denn große Besitzungen in Uster-
< Page 7 | Page 9 >
< Page 7 | Page 9 >