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Samstag, 21. März 1964 Kitzbüheler Anzeiger Seite 21 Von der Brixentaler Schützentradition Von Praschützen und was die Glasherrn-Zerizl in Innsbruck erlebte Vor gut hundert Jahren - am 29. Sep- tember 1863 - fand in Innsbruck ein großer Schützenfestzug statt als Huldi- gung für Kaiser Franz Josef anläßlich der 500-Jahr-Feier der Vereinigung Ti- rols mit Osterreich. Bei diesem Festzug schritten die Schützenkompanien unseres Bezirks im Festzug mit. Aber auch die Schützenkompanien des Gerichtsbezirks Hopfgarten waren dabei und insbeson- dere sei hier erwähnt die Marketenderin der Schützenkompanie Hopfgarten Fräulein Zenzi Friedrich, die damals lßjährige, im heimatlichen Namen auch Glasherrn- Zenzi genannt, Tochter des Glasfabrikan- ten Franz Friedrich von Hörbrunn bei Hopfgarten. Die „Glasherrn-Zenzi'» war ein auffallend hübsches Mädchen und bei dem Schützenfestzug Gegenstand all- gemeiner Bewunderung. An breiten grü- nen heidenbändern trug das schöne Mäd- chen ein gläsernes Fäßchen, aus dem es mit einem ebenfalls gläsernen Becher - beide Stücke waren extra in der Fabrik ihres Vaters für diesen Zweck hergestellt worden - den Schützentrunk kredenzte. Als das 'Mädchen und die Schützenkom- panie vor der Hofburg an dem Kaiser vorbeimarschierten und ihn mit Schwen- ken seines mit einer weißen Hahnenfeder geschmückten Hutes und einem Brixen- aler Juchzer begrüßte, ließ der Kaiser es anhalten und erbat sich einen Trunk aus dem Becher, den die Zenzi natürlich hochbeglückt reichte. Der Becher erhielt durch diesen kaiser- lichen Akt eine historische Weihe, aber er blieb leider Gottes nichterhalten. Noch während des Festzuges wurde Zenzi an der Hand, mit welcher sie den Becher immer grüßend schwenkte, von einer NN"-,e- spe gestochen und das erschreckte Mäd- chen warf bei der Abwehr des Tieres den Becher zu Boden, wobei dieser in Trümmer ging. Wie zuerst die Freude, so war jetzt die Trauer bei der Zenzi und ihren Schützen groß. Doch der Monarch erfuhr von diesem Mißgeschick und sandte der Glasherrn-Zenzi durch seinen Gene- raladjutanten Feldmarschalleutnant Graf Groneville einen prachtvollen Kristallpokal mit dem kaiserlichen Namenszug und dem Datum: 29. September 1863 auf dem silbernen Deckel als Ersatz für den an diesem Tage zerbrochenen kleinen Becher (Stamperl). Am 28. November 1863 kam die Sen- dung in Hopfgarten an und wurde der Zenzi vom Bezirksadjunkten Vogi feier- lich überreicht. Zu dieser Feier veranstal- teten die Hopfgartner Schützen ein Fest- schießen, das ein Landesfest in Minia- tur abgab. Schützenwirt Lonzinger füll- te den Pokal mit edlem Wein und nach ihm Festgäste der Reihe nach öfters, wie es heute noch Schützenbrauch ist. Die dabei vorgebrachten Trinksprüche galten alle dem Wohl des hohen Spenders des Pokals. Von diesem „Kaiserpokal' und dem Festschießen in Hopfgarten be- - ichtete auch seinerzeit die Festschrift zur 500-Jahr-Feier von Dr. Tobias Wied- auer; erschienen im Verlas der Wagner'- sehen Universitäts-Buchdruckerei zu Inns- ruck vor genau hundert Jahren. Im Sommer 1864 gab die Glasherrn- Zenzl ein Marketenderin-Schießen, zu welchem eine Festscheibe mit der Abbil- Es gab eine Zeit, in der man den Satz prägte: „Unsere Kühe weiden am La llata." Demnach war die heimische Fut- tergrundlage in weiten Gebieten so schwach, daß einigermaßen befriedigende Leistungen aus der Rinderhaltung nur mit Hilfe großer Mengen eingeführten Kraft- futters zu erreichen waren. Nicht sehr günstig stand es in der Hinsicht auch im Bezirk Kitzbühel. Besonders ließ di 'wirtschaftseigene Futtergrundlage wäh- rend der Wintermonate zu wünschen üb- rig. Die Hauptursachen hiefür waren: Die bis um 1950 im Bezirk Kitzbühel noch allgemein übliche Naturegartwirt- schaft, die wohl der Selbstversorgung mit Getreide und Stroh Rechnung trug, für die Futterproduktion nach Menge und Qualität im allgemeinen aber nicht (las Beste war. Späte Schnittzeiten mit dciidamit verbundenen hohen Nährstoffverlusten durch Verholzung der Futterpflanzen. Die durchwegs übliche Bodentrocknung mit starken Nährstoffverlusten durch Auswaschung oder Abbröcklung auf dem Felde bzw. Erhitzung auf dem Stock. Zuwenig Handelsdiingeranweiidung und somit kaum eine Ergänzung der den Wirtschaftsdüngern mangelnden Boden- nährstoffe. Eine mehr oder weniger starke Uber- stallung im Winter, die ihre Ursach. unter anderem auch darin hatte, daß fiiu die Sömmerung auf den ausgedehn- ten Alm- und Heimweideflächen mög- lichst viel eigenes Vieh als vorteilhaft erschien. Diese nach heutigen Begriffen für die meisten Betriebe nicht mehr tragbaren Wirtschaftsmethoden fielen bei nur ge- ri uger marktwirtschaftlicher Verflechtung vielleicht weniger offenkundig ins Ge- wicht. Bald nach dem zweiten Weltkrieg zeichnete sich aber immer mehr die kom- mende Bedeutung der Marktwirtschaft ab, so daß es eine der vordringlichsten Auf- gaben der Landwirtschaftsförderung sein mußte, die wirtschaft seigene Futtergrund- lage nach den neueren Erkenntnissen auf dem Gebiete der Düngung, Futterwerbung und Nutzung der Futterflächen zu ver- dung des Pokals gestiftet wurde. Zenzl beteiligte sich an diesem wie an vielen anderen Schießen selbst als Schützin. im Jahre 1872 verehelichte sie sich mit dem Bahningenieur Willi vom Bahn- ingenieurstab Haxinack, der den Bau der Giselabahn durch das Brixental ausführte. Später war Frau Willi Besitzerin vom Gasthaus Badhaus in Kitzbühel. 1882 verstarb sie in Hopfgarten und wurde in der Friedrichsgruft beigesetzt. Fortsetzung folgt. bessern und somit die laufenden Einnah- men aus der Viehhaltung in möglichst rentabler Weise steigern zu können. Die folgende Gegenüberstellung zeigt. daß inzwischen eine Ausweitung intensiv genutzter Futterflächen erfolgte, deren höhere Erträge sich insbesondere auf die Win terfu ttergrundl age verbessernd aus- wirkten: 1952 1963 Egartfutterfl. 9.628 ha 10.250 'ha Wiesen zweimahdig 1.833 ha 3.000 ha Wiesen einmahdig 8.404 ha 7.400 ha Kulturweiden 227 ha 285 ha ilutweiden 5.971 ha 5.800 ha Almen 31.200 ha 28.000 ha Bergmähder 150 ha 150 ha 57.413 ha 54.885 ha Der geschätzte Futterertrag beträgt auf 1 leu umgerechnet: 1952: 120 Millionen kg 1963: 137 Millionen kg Diese nicht unerhebliche Ertragssteige- rung wurde erreicht: Durch die Vergrößerung der Egart- futterflächen. 1952 scheinen noch 1640 ha offenes Ackerland auf, während 1963 nur mehr 508 ha Getreide- und Hack- fruchtflächen vorhanden waren. Die Mehrschnittwiesen konnten durch Kultivierungsmaßnahmen und verbes- serte Düngung um 1267 ha vermehrt werden. Der Handeisdüngeraufwand stieg gegen- über 1952 von 804 to auf 3719 to im Jahre 1963. Darüber hinaus wurde die Erfassung und Ausbringung der Wirt- schaftsdünger weitgehend verbessert. Die früher im Bezirk Kitzbühel fast unbekannte Dreischnittnutzung ließ sich durch neuzeitliche D üngungs-, Nutzungs- und Werbungsmethoden in vielen Fällen erreichen. Ausweitung der Intensivweiden bzw. Einführung der Mähweide. Almwirtschaftliche Verbesserungsmaß- nahmen, vor allem Güllewirtschaft und Handelsdüngeranwendung. Aber nicht nur mehr, auch wesentlich Futterproduktion und Rinderhaltung im Bezirk Kitzbühel Mllchmarktlelstungen in zehn Jahren mehr als verdoppelt. Von Wirtschaftsberater Ing. Josef Wörgötter
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