Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 9. Mai 1964 Kitzbülieler Atizeiger Seite 5 mutter ihren blinden Sohn mit den \Vor- Pfarrkirchenrates. Besprochen wurden ten zu trösten versuchte: „Weil du nicht seelsorgliche, soziale und kulturelle Pro- mehr sehen kannst, Sohn, wird deine bleme der Stadt. Obmannstellvertreter Mutter für dich sehen." Gemeinderat Josef Oberhauser gab Am Samstag war festlicher Schulgottes- eine Ubersicht über alle verwaltungs- dienst für alle Kitzbüheler Schulen und technischen Fragen und Anliegen; er Kommunionfeier der Firmlinge. Zur Visi- erwähnte insbesondere die Erweiterung tation der Klassen der Hauptschule wur- des Friedhofs, die Restaurierung der To- de der Weihbischof in der Aula von ei- tenleuchte und der Olbergkapelle im nem Schülerchor empfangen. Die Klasse Friedhof, die Restaurierung der Krypta trug das geistliche Chorlied „Engel des der Frauenkirche und stieß dabei aul Herrn" wunderbar und glockenrein vor, freundliches Verständnis des Herrn Weih- Einstudiert wurde das Lied von Dr. Nor- bischofs. bert aliner. Nun wurde dem Herrn vorgestellt Weihbischof der Lehrkörper und anschließend Ex- zellenz von dem religiösen Wissen der Kinder überzeugen und nahm auch an der Katechese von Stadtkooperator Mat- thias Schwab teil. Der Herr Weihbischof - bedankte sich bei Hauptschuldirektor ... 4 Paul Gasse r und beim Abschied wurde il ihm von Mädchen der Hrninsehn1 in wurde am 7. März 1963 von seiner Hei- ligkeit Papst Johannes XXI[I. als Nach- folger des am 13. Juli 1962 verstorbenen NYcihbischof Dr. Johannes Filzer zum Titularbischof von Seija und Weihbischof von Salzburg ernannt. Am 18. August vollendet er sein 57. Lebensjahr. Seine Tätigkeit in Kitzbühel als Firmungs- bischof und als Visitator der Kirchen war eine umfangreiche. Nach dem Empfang war die Kinder- segnung in der Stadtpfarrkirche, de Er- neuerung des Taufgelöbnisses und die To- tengedächtnisfeier. Diese führte ihn zuerst zum Kriegergrab und zum Schluß zum Pfarrergrab. Dort sagte der Herr Weih- bischof: „Ein Bischof muß nicht nur der Lebenden, sondern auch der Toten ge- denken. Von diesen erscheinen in beson- derem Maße gedenkenswert Weihbischof Dr. Johannes Filzer, welchem er selbst in seinem Todeskampf die Sterbegebete sprechen durfte, und Stadtpfarrer Joseph Schmid, der so viele Jahre allen Schich- ten der Bevölkerung Kitzbühels als Seel- sorger diente." Um 17 Uhr gab Exzellenz dem Bezirks- hauptmann, dem Bürgermeister und den Gemeinderäten eine Audienz. Bei dieser Gelegenheit wurden Probleme besprochen, welche Kirche und Stadtgemeinde ge- meinsam interessieren. Der hochwürdig- ste Herr Weihbischof bat den Bezirks- hauptmann und den Bürgermister um eine gute Zusammenarbeit mit der Pfarre. Die Audienz verlief in einer freundschaft- lichen Atmosphäre. Bei der ersten Maiandacht legte der Weihbischof der Bevölkerung ans Herz, die Marienverehrung, welche in Kitzbähel eine gute Tradition aufzuweisen habe, weiter zu pflegen. Er erinnerte hiebei an ein weltliches Beispiel, als eine Krieger- „Stadtluft macht frei." Dieser Grundsatz galt für die meisten Städte der deutschen Lande. Der Erwerb des Bürgerrechtes hatte auch den Erwerb der Freiheit zur Folge. Im Kitzbüheler Stadt- recht heißt es: „Und wer burchrecht emp- facht und burgerrecht thuet, den soll niemand fürbas zwingen ze aigen noch ze lehen." (Ferdinand Kogler.) Im Pro- tokoll über die Aufnahme Franz Krieg- seysens am 12. Jänner 1589 steht je- doch: „... dann der leibaigenschaft hal- ber laßt mans ime, wann er ansprüchig wird, vermög des puechs inhalt und der statrecht wagen. Da er aber inner jar und tag von einem leiherrn rechtes titles umb die leibrecht abgevordert wird, das er als- dann seiner bürgerrecht verloren haben solle." Damit ist ausgedrückt, daß nicht ohne weiteres die Aufnahme in den Bür- gerverband die Freiheit nach sich zog. Der Leibherr konnte innerhalb eines Jah- res einen Bürger, der sein Leibeigener war, anfordern. Nach einem unangespro- ebenen Jahr war es allerdings nicht mehr möglich. Diese Beschränkung des vorhin genannten Grundsatzes galt auch in Mün- chen, der Mutterstadt Kitzbühels, in In- Nelkenstrauß überreicht; wiederum er- freute ein Mundartgedicht den Herrn Weihbischof und es zeigte sich, daß die vielen kleinen Aufmerksamkeiten echte Freude in das bischöfliche Herz zu legen vermochten. Dann erfolgte die Schulvisi- tation in den Volksschulen mit den Kate- chesen bei Herrn Stadtpfarrer Dr. Kreu- zer und den Religionslehrern Frau Hell- riel, Fräulein Tonner und Frau Lauer. Zuletzt war die Visitation in der Mäd- chenklasse von Frau Rupert und die Ka- techese von Stadtkooperator Wielewski. Alle Probekatechesen bezeichnete der Herr Weihbischof als sehr gut, jene bei Stadt- kooperator Josef Wielewski jedoch als glänzend. Nach kurzer Mittagspause gab es be- reits wieder eine Beratung mit den Mit- gliedern des Pfarrausschusses und des golstadt und in den Schwesterstädten Kufstein und Rattenberg. Um sicher zu gehen, verlangte der Stadtrat vom Aufnahmebewerber, daß im Geburtsbrief vermerkt war, wie es mit der Leibeigenschaft stand. Bei Hans Egger, einem Maurergesellen aus Dci- stenriedt (Gericht Aibling in Oberbayern) schien im Geburtsbrief nicht das Ver- hältnis zum Leibherrn auf. Er mußte daher einen Schein betreffend der Leib- eigenschaft nachreichen, ansonsten wurde seine Aufnahme zu einem Bürger vom 5. April 1642 nichtig. Schließlich mußte der Bewerber in vie- len Fällen einen sogenannten „Abschied" beibringen, nach heutigem Sprachgebrauch ein polizeiliches Führungszeugnis, worin die vorherige Obrigkeit bescheinigte, daß er sich ehrlich und redlich gehalten habe. Da eine Aufnahme in den Bürger- verband meist nur unter der Vorausset- zung erfolgte, daß in einem Gewerbe Bedarf an Gesellen oder Meistern war, so holten sich vielfach diejenigen, die in der Stadt sich niederlassen wollten, vor- her schriftlich oder mündlich eine Be- willigung. Wurde diese erteilt, dann be- kamen sie daraufhin einen „Willeschein' Regierungsrat Franz Kaler zeichnete die besondere Lage Kitzbühels als Frem- denverkehrsstadt und unterstrich den Willen der katholischen Laien, ihre Seelsorger in den ihnen gestellten Auf- gaben zu unterstützen. Schuldirektor Ge- meinderat Karl Gr i ßma nn schilderte die Bauarbeiten und die finanzielle Lage der neuen Hahnenkammkapelle und be- tonte dabei, daß noch drei Hauptpunkte offen sind: die Sehuldenabdeckung, die Betreuung durch einen Laienmesner (zwei Angestellte der Hahnenkammbahn hätten sieh dazu bereiterklärt) und die priester- liche Versorgung bzw. die ständige Ein- richtung einer Sonntagsmesse im Winter. Der hochwürdigste Herr Weihbischof zeigte sich erfreut über die starke Ver- tretung aller Bevölkerungsschichten im Pfarrausschuß und im Pfarrkirchenrat ausgestellt, in dem es z. B. hieß: Dem Jakob Aschperger, Brauknecht aus Söll, wurde der 'Wille erteilt, sich als Bürger und Bierbrauer in Kitzbüh.cl niederzulas- sen gegen Bebringung von Geburts- und Lernbrief. Johannes Friedrich Horsten, ein Apo- theker aus Glatz (Schlesien), bat am 25. November 1645 um die Aufnahme als Bürger und Apotheker. Sie wurde ihm aber vorläufig nicht bewilligt, weil Dr. Helbling kommen sollte. Er bekam je- doch die „Vertröstung", daß er vorgezo- gen werde, wenn einer gebraucht wird. Tatsächlich erhielt dann Horsten am 13. März 1646 die Aufnahme, sogar ohne Beibringung des Geburts- und Lernbrie- fes, weil er sie „wegen des eingefallenen Kriegsvolkes" nicht beschaffen konnte. Es herrschte ja damals noch Krieg; der schwedische General Torstenson war kur- ze Zeit vorher nach vergeblicher Bela- gerung Brürms nach Böhmen gezogen. Viele zuziehende Handwerker verehe- lichten sich mit einer Witwe eines Hand- werksmeisters, weil dadurch die günstig- ste Voraussetzung zur Aufnahme in den Bürgerverband gegeben war. (Fortsetzung folgt!)
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