Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 4. Jänner 1964 Kitzbüheler Anzeiger Seite 9 3ocE)berg - Christhaumfeier. Am Soiiiitag, 5. Jänner 1963 veranstaltet die Freiwillige Feuerwehr von Jochberg mi Gasthof „Schwarzer Adler" eine Christbaumfeier. in kollegialer Weise hat sich die Trad.- Bergknappenni usik Jochberg unter Stab- Primär sei festgehalten, daß die Berg- bahn A. G. recht hat; aber hier geht es nicht um Recht oder Unrecht, sondern um ein rein menschliches Problem. Schon die nüchternen Tatsachen sprechen für sich: Bis Ende 1962 gab es in Kitzbühel „Einheimischenausweise", welche nach be- stimmten Richtlinien der Gemeinde Kitz- bühel an die Einwohner dieser schönen Stadt ausgegeben wurden. Dieser Ausweis berechtigte den Inhaber, diverse Berg- bahnen, Skilifte sowie das Schwarzsee- bad und die Minigolfanlage zu bevorzug- ten Preisen zu benützen. Für das Jahr 1963 wurden die „Ein- heimischenausweise" auf Grund neuer Richtliniengegen „Berechtigungsauswcisc' der Bergbahn A. G. ausgetauscht und so mancher „Linheimischenausweis" fiel schon damals, vermutlich sehr zu Recht (es sollen allerhand Mißbräuche vor- gekommen sein), dieser Maßnahme zum „Opfer". Interessanterweise wurden aber diese ‚Berechtigungsausweise" der Bergbahnen von Institutionen anderer Art, welche mit der Bergbahn A. G. in keinerlei Zusam- menhang stehen, weiterhin als „Einheimi- schenausweise" anerkannt. Jeder Unein- geweihte hatte den Eindruck, daß diese „Umtauschaktion" eine Maßnahme der Stadtgemeinde Kitzbühel sei, da sich alles im Meldeamt abspielte, Wertmarken der Stadtgemeinde Kitzbühel verwendet wur- den und überdies die Stadt auch einen beachtlichen Aktienteil der Bergbahn A. G. besitzt. im November 1963 kam durch den „Kitzbüheler Anzeiger" ein Aufruf an die [Jffentlichkeit, man möge die „Berech- tigungsausweise" bis zum Stichtag 10. De- zember 1963 verlängern lassen. Viele Ausweise wurden nun bei Vorlage ein- gezogen, mit dem Hinweis, die Bergbahn A. G. habe ganz neue Richtlinien aus- gearbeitet. Nebenbei sei erwähnt, daß die Ausweise zu einem Zeitpunkt eingezogen wurden, zu dem sie noch Gültigkeit be- saßen, da man ja die Wertmarken für das ganze Jahr 1963 bezahlt hatte. Viel interessanter sind aber die neuen Richtlinien bezüglich des Anspruches auf einen „Berechtigungsausweis" der Berg- bahn A. G. Jedermann kann sich im Meldeamt der Stadt über diese neuen Richtlinien informieren. Hier sollen nur ein paar Beispiele zitiert werden, wie sich die Auslegung der „ganz neuen Richt- linien" in der Praxis auswirkt: führung von Kapellmeister Fritz Neu- mayr hereiterklärt, mit einem Konzert aufzuwarten. Anschließend findet eine Christbaumversteigerung statt. Die Bevöl - kerung evöl- kerung ist zum Besuche freundlichst ein- geladen. Nach der Versteigerung ist Tanz. Eintritt frei! So bekommt ein Bürger dieser Stadt, der seit fünf Jahren nachweisbar seinen einzigen und ständigen Wohnsitz in Kitz- bühel hat und für einen Weltkonzern (mit Sitz in Wien) dauernd in Tirol ge- schäftlich reist, darüber hinaus bei der Tiroler Gebietskrankenkasse angemclde ist und von der Außenstelle Kitzbühel der Tiroler Gebietskrankenkasse (eine Kitz- büheler Krankenkasse gibt es nicht) be- treut wird, keinen „Berechtigungsaus- weis". Ein Vertreter ‚der seit zehn Jah- ren ständig in Kitzbühel wohnt und für eine Wiener Versicherungsanstalt tätig ist, bekommt ebenfalls keinen Ausweis, Hingegen bekommt jeder Beamte oder Verkäufer, der in Kitzbühel auch nur vorübergehend Aufenthalt nimmt und bei einer Behörde oder einem hiesigen Be- trieb beschäftigt ist, den gegenständli- chen „Berechtigungsausweis". Ferner hat jeder Arzt oder Rechtsanwalt, auch wenn er erst seit kurzer Zeit in Kitzbühel tätig ist, Anspruch auf den Ausweis der Berg- bahn A. G. Es kann nun also der Fall eintreten, daß irgend ein Arbeitnehmer, der im Oktober 1963 in Kitzbühel be- schäftigt war und den Ausweis erhielt, seinen Posten im Feber 1964 kündigt, seinen Arbeitsplatz nach Salzburg ver- legt und nun das ganze restliche Jahr 1964 beliebig oft die Bergbahnen etc. zum bevorzugten Preis benützt. Der wirk- liche Einheimische aber, der durch sein Hiersein die heimischen Kaufleute und sonstigen Betriebe durch Einkäufe unter- stützt, au Sportveranstaltungen regel- mäßig als zahlender Zuschauer teilnimmt, dadurch indirekt der Stadtgemeinde Steu- ern zuführt, jener Bürger also hat dieses Recht der vorhin angeführten Gruppe nicht. Dem Schreiber dieser Zeilen geht es aber gar nicht darum, die Bergbahnen verbilligt zu benützen, da er nachweisbar vielleicht einmal im Jahr aufs Horn fährt, sondern es geht darum, daß alle, die auf Grund ihres ständigen Aufenthaltes in Kitzbühel den Ausweis nicht erhalten haben, den Richtlinien der Bergbahnen verständnislos gegenüberstehen und sIch anderen Bürgern dieser Stadt gegenüber diskriminiert fühlen. Es wird nun Sache der Stadtgemeinde Kitzbühel sein, sich mit dem Problem zu befassen, wer wirklich als „Einhei- mischer" gilt, da die Praxis bereits zeigt, daß die Bergbahn A. G. mit ihren neuen Richtlinien Bürger verschiedener Kate- gorien geschaffen hat. So propagiert z. B. die Bichlaim-Sesselbahn Kitzbühel in ih- rem Prospekt Winterfahrplan 1963/64 „Einheimische Bergfahrt" und ‚.10er- BlQck" und fordert als Legitimation hie- für einen „Einheimischenausweis", wel- chen es jedoch nicht gbt. Als Ersatz für einen ‚.Einheimischenausweis" wird der „Berechtigungsausweis" der l3ergbah ii A. G. zwar anerkannt, obwohl die beiden Betriebe Biehlalm-Sesselbahn und Berg- bahn A. G. in keinerlei Zusammenhang stehen und die Bichlaim-Sesselbahn ei- nen Bürger als „einheimisch" anerkennt, wenn er seit fünf Jahren ununterbrochen in Kitzbühel wohnt. Allerdings ist hiefür wieder - falls man nicht im Besitz ei- nes „Berechtigungsausweises" der Berg- bahn A. G. ist - eine amtliche Bestä- tigung des Meldeamtes erforderlich. Da im Sommer diesbezüglich weitere Kom- plikationen bei der Minigolfanlage und in den Schwarzseebädern zu erwarten sind, sollte man seitens der Gemeinde ernstlich an die Ausgabe von allgemein- gültigen „Ein'heimischenausweisen" aul Grund demokratischer Richtlinien denken; denn es kann nicht im Sinne der Ge- meinde sein, Bürger „ersten und zweiten Ranges zu schaffen". Es wäre in diesem Zusammenhang ohndies noch aufklä- rungsbedürftig, wie weit sich die Stadt- gemeinde mit der ganzen Aktion der Bergbahn A. G. identifiziert, da die Ver- längerung bzw. Einziehung der „Berech- tigungsausweise" \vhrend der Amtsstun- den im Meldeamt der Stadtgemeinde Kitzbühel durch eine Amtsperson erfolgte und nicht - wie man annehmen sollte - in dcii Büroräumen der Bergbahn A. G. durch eine Privatangestellte. Abschließend sei festgestellt: Die Bergbahn A. G. hätte mit etwas mehr Diplomatie und Fingerspitzengefühl den betroffenen Bürgern diese Kränkung und sich - vielleicht - einen Bumerang ersparen können, denn nicht nur die neu zugezogenen Bewohner von Kitzbühel, vel- ehe hier ihren ständigen Aufenthalt ge- nommen haben und mit großer Liebe an ihrer neuen Heimat hängen, fühlen sich degradiert, sondern auch so manche Mäzene dieser Stadt, welche hier Grund und Boden ihr Eigen nennen und Kitz- bühel außerordentliche Subventionen zu- fließen ließen, wurden vor den Kopf ge- stoßen. Die vollen Auswirkungen dieser unglücklichen neuen Richtlinien der Berg- bahn A. G. wird erst die Zukunft zeigen. Wir wollen aber trotz allem den Humor nicht verlieren und daher beenden wir dieses unerfreuliche Thema im Sinne ei- nes von uns allen geschätzten Kitzbühe- ler Kaufmannes: Die Bergbahn A. G. tut so manchem jetzt weh, auch wenn er hier wohnt, ganz ohne Schmäht Die Kitzpichler „zweiten Ranges" bleib'n aber frisch, wenn's verzichten auf d' Höh' und delektieren sich beim Planerfisch! Heinz Dietrich, Kitzbühel Die Bergbahn A. G. hat das Recht - aber hat sie auch richtig gehandelt? Eine kritische Betrachtung zu einem heiklen Thema
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