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Seite 12 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 8. August 1964 Aus der Chronik des Kitzbüheler Torfs in den vorliegenden wissenschaftlichen Gutachten wird als „Moor" die Lager- stätte bezeichnet; „Torf" ist der Inhalt der Lagerstätten, also das Material. Die Bezeichnung „Moorbad" wird jedoch beibehalten! Das Kitzbüheler heimatmuseum besitzt ein Handschreiben von dem 1920 ver- storbenen Bürgermeister Franz Reisch mit folgendem Wortlaut: „An die Herren Gemeindeausschuß - mitglieder! Ich lade Sie hiermit zur Besichtigung des fertigen Traktes des Warmbades, der am 14. ds. der Benützung über- geben wird, auf morgen, Dienstag, den 13. Juli, 6 Uhr abends, höflich ein. Kitzbühel, 12. Juli 1909. Franz Reisch." Das war also vor 55 Jahren! In dieser Zeit erlebte das erste Kitz- büheler Moorbad eine bewegte Geschichte. Nachfolgend einige Ausschnitte, soweit unser beschränkter Raum reicht. in den Jahren 1905 und 1906 wurde der Kitzhbüheler „Torf" erstmals wissen- schaftlich untersucht und zwar von Pro- fessor Dr. Josef Nevinny, Vorstand des pharmakologischen Institutes der Univer- sität Innsbruck. Das Ergebnis dieser Un- tersuchungen wurde in der Kongreßiium- mer der „Wiener Klinischen Rundschau", Sonderabdruck Nr. 38 im Jahre 1913 auf- genommen. Mebrere Lichtbilder, die in das Heft eingelegt wurden, sollten die Werbewirkung für Kitzbühel erhöhen. Für die Herausgabe dieser „Nevynnischen See- analyse" genehmigte der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 27. September 1913 unter dem Vorsitz vom damaligen Bür- germeister Anton Werner (dessen hun- dertsten Geburtstages wir in unserer näch- sten Ausgabe gedenken) auf Vorschlag von Altbürgermeister Franz Reisch die hohe Summe von viertausend Kronen. Die Auflage der K.ongreßnummer sowie der Lichtbilder wurde mit 20.000 fest- gesetzt. Dem damaligen Gemeinderat war die Werbung für das „Warmbad", für welches schon damals das Seewasser ver- wendet wurde, viel wert. Nicht lange jedoch konnte sich dieses „Schwarzwasserbad" seiner eigentli ehen Bestimmung erfreuen, denn schon am 17. Oktober 1914 mußte es für die Ver- wundeten des ersten 'Weltkrieges frei- gegeben werden. In dcii zwanziger Jahren war es vor allem Stadtarzt Dr. Friedrich Plahl, der sich als unentwegter Kämpfer für ein Moorheilbad einsetzte. In den „Kitz- büheler Nachrichten" 34 und 35/1927 „Eigentümer, Verleger und Druckerei Hugo Beimpolds Witwe; verantwortlicher Redakteur Hans Burgstaller" veröffent- lichte er sein „Bade- und Kurprojekt", das in seiner Großzügigkeit und Weitsicht wahrlich nichts zu wünschen übrig ließ. In diesem Jahr erfolgte unter Bürger- meister Hans Hirnsberger der Umbau des Moorbades. Das Vestibül wurde in schwarzer Eiche vertäfelt und durch so- lide Korbmöbel ausgestattet. Beide Trakte wurden gefärbelt und die Fußböden mit Teppichen belegt. Die Seitenwände wur- den mit geschliffenen Spiegeln versehen, so daß das Bad - wie der Chronist be- richtet - einen gepflegten und modernen Eindruck hinterließ. Der eine Trakt wur- de den Gästen zugeteilt und der andere den Einheimischen. Auch die Kabinen wurden mit Vorhängen, Teppichen und modernen Beleuchtungskörpern ausgestat- tet. Die Kabinen der ersten Klasse, also der Gästeklasse wurden verkachelt. Stadtarzt Dr. Plahl aber wollte schon damals nach dem Beispiel von Innsbruck- Eradl auch ein Hallenbad. Seine Vor- schläge waren: Erweiterung der Leistungsfähigkeit des städtischen Moorbades durch Anlage eines Hallenschwimmbades mit geheiztem Moorwasser in inniger Verbindung der bestehenden städtischen Badeanlage. Schaffung von Kur- und Bade- häusern durch Einleitung und Aufteilung des Moorwassers auf die einzelnen Ho- tels, Gasthöfe und Pensionen und even- tuell auch Privathäuser. Der Gast wohnt, lebt und badet im Hause. Ist das durch- geführt, dann werden auch Kurgäste her- kommen, die auf die Einheit von Bad und Wohnung angewiesen sind, die nicht über die Straße gehen können, um zu baden. Zur Errichtung eines Kurgeländes schrieb Dr. F. Plahl: „Kitzbühel steht im Begriff, sich zu einem ganzjährigen klimatischen Kur- und Badeort zu entwickeln. Das wieder in Betrieb gesetzte städtische Moorbad be- rechtigt mit seinem guten Besuche zu weitgehenden Erwartungen. Nichts ist naheliegender, daß die Bürgerschaft bzw. die Stadtverwaltung darauf bedacht sein muß, daß die geeigneten Plätze der Stadt für diese Aufgabe erhalten bleiben und nicht durch unzureichende oder ander- weitig unterzubringende Anlagen auf alle Zeiten verlegt, verbaut werden. Die Kur- anlagen müssen in jenem Stadtgebiete ihre natürliche Ausbreitung und Aus- gestaltung finden, das vom Kern der Alt- stadt weg am Jochberger Tor beginnt, winklig um das Bergamtsgebäude, dem alten Stadtgraben folgend bis zur Bezirks- hauptmannschaft geht und über die Gründe des derzeitigen Schulgebäudes und der städtischen Moorbadanlage bis zur Eisenbahnlinie hinaufreicht. Dieses Ge- biet umfaßt gegen den Gänsbach zu auch den Stadtpark und wird im Südwesten ge- gen die Talstation der Hahnenkamm- schwebebahn und von der Schattberg- straße begrenzt. Das sind die Kurgründe der Stadt. Das ist das ausbaufähige Kur- gelände. Hier liegt die wirtschaft- liche Zukunft Kitzbü hels." Zur „Verlegung" der Schule hatte Stadtarzt Dr. Plahl folgende Gedanken: „Kitzbühel hat als eigenen Grund und Boden den für alle Zeiten ausreichenden Platz für einen Schulhausneubau. Jetzt zumal für den Bürgerschulneubau. Dort unten am Gries, zwischen Schießstand und Jochberger Brücke, dort wo die Schrebergärten stehen, dort ist der Platz; dort ist Licht und Sonne; dort geht die Sonne später weg als oben am Stadt- graben. Dort ist alles frei rings um. Dort können um die neuerbaute Schule Spiel- und Rasenplätze erstehen. Dort kann für die Kinder eine Sonnen-, Licht- und Wasseranlage geschaffen weiden. Und steht einmal die Bürgerschule dort unten, dann wird auch die Zeit gekommen sein, wo für die Jüngsten der Jugend ein mo- derner Bau entstehen wird, wo auch die Volksschule im wirtschaftlich starken Kitzbühel ihr altes Quartier oben am Stadtgraben verlassen wird und ihren Platz unten am Gries an der vollen Sonne finden und haben wird. Der Bau einer Schulhauskapelle wird ihn ergänzen. Für die Jugend muß das Beste auch im Schulhausneubau gefordert und gefunden werden. Oben am Platz am alten Stadtgraben, der soll der kurortmäßigen Entwicklung Ki tzbühehs vorbehalten bleiben. Dort soll das Kurhaus hinkommen. Durch Ver- kaufshallen mit dcii Verkaufsständen der Kitzbüheler Kaufleute, engverschlungen mit dem städtischen Moorbade und dem Hallenschwimmbade. Welch Leben wird sich da entwickeln." Im Jahre 1953 beauftragte der Ge- meinderat Bürgermeister Dr. Camillo v. Buschman an die „Creditanstalt - Wiener Bankverein" mit dem Ersuchen heranzutreten, einen Ausbau des städti- schen Moorbades nach den neuzeitlichen Erfordernissen finanzieren zu wollen. Auch damals war schon die Gründung einer Aktiengesellschaft erwogen worden. Kitzbüheler Persönlichkeiten ließen je- doch nicht locker. Der Plan zur Grün- dung einer Aktiengesellschaft wurde nicht mehr aufgegeben bis er vom Erfolg ge- krönt wurde. Am 19. Juni 1963 wurde im Rathaus- saal von den anwesenden bzw. vertrete- nen 117 Aktionären die „Kur- und Moor- bad Kitzbühel Aktiengesellschaft" gegrün- det. Die Gründungsversammlung, an wel- cher auch Landtagspräsident Kommerzial- rat Johann Obermoser teilnahm, wählte folgende Aufsichtsratsmitglieder: Bürgermeister Hermann Reisch Vizebürgermeister Hans Winden, f 1963 Gemeinderat Hans Brettauer Altnationalrat Max Werner Stadtrat "Walter Hirnsberger Kammerrat Rudolf Witzmann Vizebürgermeister Peter Sicherer
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