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Seite 10 Kitzbüheler Anzeiger - Samstag, 15. August 1964 das Warmbad, das Bürgerspital und das neue Schulhaus zur Verfügung gestellt. In dieser Sitzung wurde auch die erste Kriegsanleihe und zwar 10.000 Kronen gezeichnet. Die Debatten über die Einführung der Theaterkartensteuer rissen nicht ab; vor- erst wurde diese noch für ein Jahr er- lassen. In Schwierigkeiten geriet der Alpenverein; dieser hatte von der Ge- meinde zum Bau eines Heimes am Hahnen- kamm einen Posten Bretter gekauft; der Bau des Heimes konnte jedoch wegen der Kriegsereignisse nicht begonnen werden und für die Bretter wurde kein Käufer gefunden. Das Ansuchen des Kaufmannes Graswander (und Konsorten) auf An- bringung einer Straßenlampe wurde mit der Begründung abgelehnt, daß die öffent- liche Straßenbeleuchtung im gegenwärti- gen Ausmaß genügen müsse. Die Gemeinde mußte die Mehl- und Kartoffelzählung übernehmen. Vom Ge- meinderat wurden mit dieser Aufgabe Hans Hirnsberger und Carl Planer betraut. Der Voranschlag für 1915 wurde gegen- über 1914 von 114.489 auf 98.064 zu- rückgeschraubt. Trotzdem ergab der Haus- haltsplan einen Abgang von 45.462 Kro- nen, welcher wiederum nur durch Erhö- hung der Gemeindeumlage abgedeckt werden konnte. Zur Abdeckung der Schulden wurde die Aufnahme eines Darlehens bei der Centralbank der deutschen Sparkassen in Prag beschlossen. Mit Beschluß vom 23. Jänner 1915 wurde verfügt, die Spitaiskirche auch als Leichenhalle zu verwenden; der Wein für die Verwundeten wurde von der Be- steuerung befreit. In der nächsten Sitzung wurde auf eine Verwendung von Kriegs- gefangenen für den Straßenbau und für Bauernarbeiten verzichtet. Am 23. Juni 1915 forderte jedoch Bürgermeister An- ton 'Werner alle Gemeinderäte auf, im Hinblick auf die Fleischknappheit Schwei- ne zu halten und in dieser Beziehung der Bürgerschaft mit gutem Beispiel voraus- zugehen. Der Bürgermeister ordnete wei- ters aus Anlaß der Rückeroberung der Stadt Lemberg die Beflaggung der Häu- ser an. Anton Rothbacher beantragte in dieser Sitzung, für den verunglückten Feuerwehrmann Sebastian FIechenherger eine Gedenktafel zu errichten. Im Juli drohte die Sparkasse Inns- bruck mit der Klage, wenn die Annui- täten von 57.259 Kronen nicht sofort be- zahlt werden. Werner sah sich genötigt, weitere Darlehen aufzunehmen. Im Rat- haus wurden Heizkörper verwendet, wel- che vom Grandhotel leihweise zur Ver- fügung gestellt wurden. Am 13. November 1915 zog Josef Rendi und am 5. Februar 1916 Martin Ritzer neu in den Gemeinderat. Im Voranschlag 1916 betrug der jähr- liche Abgang schon 170.084 Kronen; der Freiwilligen Feuerwehr wurde die Ge- nehmigung erteilt, zwei Landfahrspritzen zu verkaufen. Am 4. März 1916 kam Sebastian Prax- mair in den Gemeinderat. Die damalige Wein- und Fleischabfindungsgesellschaft verlangte die Besteuerung des Stadtspi- tals, da dieses Wein gegen Entgelt ab- gebe und daher als Gewerbebetrieb an- zusehen ist. in diesem Jahr konnte ein Zugsführer mit zehn Anbaupferden für Kitzbühel gewonnen werden; alle Wasserquellen mußten militärisch bewacht werden. Diese Wache beschritt die Egarten und die Bau- ern klagten auf Flurschäden. Die Pfarrkirche bat um die große Spitaiglocke und um die Glocke am Ein- siedel; beide wurde zur Verfügung ge- stellt. In jeder Gemeinderatssitzung mußte eine Reihe von Unterstützungs- ansuchen nterstützungs- ansuchen bewilligt werden, welche den Haushaltsplan schwer belasteten. Am 10.März 1917 wurde dem Schmied- meister Josef Pfisterer in Aurach die alte Dynamomaschine für 900 Kronen verkauft. Es folgte die zweite Kriegsanleihe mit 10.000 Kronen; die Holzdiebstähle am Schattberg mehrten sich; den Militär- pferden wurden die Weiden neben den öffentlichen Wegen zugewiesen. Am 9. Juli 1917 sollte die große Glocke - der Glockenstolz der Erz- diözese - zur Abnahme bereitgehal- ten werden. Da setzte sich Bürgermeister Anton Werner mit aller Macht für die Er- haltung der „Großen" ein. Es gelang ihm, den Maler Franz Paschinger für eine Intervention zu gewinnen, nachdem vorher alles erfolglos zu sein schien und am 22. Juli kam schon die freu- dige Nachricht nach Kitzbühel, an wel- che das Militärkommando nicht glauben wollte. Der Kaiser telegraphierte: „Die große Glocke ist für Kitzbühel zu er- halten". Das Protokoll über die Sitzung vom 11. August 1917 ist ein Ruhmes- blatt für Bürgermeister Anton Werner (wir berichteten bereits ausführlich hier- über im „Kitzbühel-er Anzeiger" vom 16. Juli 1960). Im Herbst 1917 befaßte sich Bürger- meister Anton Werner mit der Möglich- keit, im nächsten Sommer nur M elkk ühe auf den Hahnenkamm zu treiben, um die Milchversorgung der Stadtgemeinde zu sichern. Schwierigkeiten gab es mit der Abfuhr der Holzstämme vom Stierhüttl bis zur Högisäge, da kein Fuhrwerk aufzutreiben war; in diesem Jahr war der Holzanfall besonders groß, denn mit dem Erlös soll- ten Schuldzinsen abgedeckt werden. Die Gemeinde war gezwungen, das Holz am Platz zu verkaufen. Am 7. Jänner 1918 wurde die Ver- bauung des Kapserwuhres beschlossen. Mit dem Schlagen der Piloten wurde Zimmer- meister Matthias Höck beauftragt. - Die gesamte Bettwäsche im Warmbad mußte dem Spital abgeliefert werden. In diesem Jahr erhielt das Stadtspital ein Gerät für die „künstliche Höhensonnen- Bestrahlung". Finanziert wurde diese An- schaffung durch den Verkauf der alten Wasserleitungsröhren vom Schattberg- reservoir bis zum Kaffeehäusl (heute Chizzo) an einen gewissen Ing. Franz Negri. Der städtische Feuerwehrkomman- dant erhielt ein Telephon. In der Sitzung vom 15. Juni 1918 wurde die von Bürgermeister Werner aus- gearbeitete Geschäftsordnung für die Ma- gistratskanzlei genehmigt; auch eine neue Friedhofsordnung wurde genehmigt. Die Stromgebühren wurden erhöht: die Kilowattstunde von 45 auf 60 Heller; der Kraftstrom von 20 auf 30 Heller, der Heizstrom von 5 auf 10 Heller; 25- kerzige Lampen von 28 auf 34 Kronen jährlich und 16kerzige von 12 auf 16.80 Kronen. Trotz Aufforderung wurde 1918 keine Kriegsanleihe mehr gezeichnet. Als Grund wurde die angespannte Finanzlage ange- geben; aber auch die Möglichkeit, daß noch einmal eine solche Aufforderung ein- trifft. In der Sitzung vom 20. September 1918 wurde einstimmig eine Entschließung an- genommen, bei der Kabinettskanzlei auf die Erhaltung des Deutschtums in Zneim einzuwirken. November 1918 erschienen fol- gende Persönlichkeiten neu im Gemeinde- rat: Josef Herold, Alfons Petzold, Of- fiziersstellvertreter Snieikal, Dr. Josef Haselwanter, Stationsverstand Wach- t er, Bezirkskommissär Fuchs, Johann Georg Dewina, Karl Bodenseer und Georg Winter. Der Gemeindewirtschafts- rat wurde neu gebildet. Zu Beginn des Jahres 1919: Karl Kol- ler, Michael Heinhart und Bernhard Hoch f i Ize r. Februar 1919 debattierte der Gemeinderat bereits über die Ankurbe- lung des Fremdenverkehrs - aber erst am 20. Juli konnte ein Beschluß gefaßt werden, welcher mit 9 zu 8 Stimmen an- genommen wurde. Demnach durften 400 Gäste, vornehmlich Familien mit kleinen Kindern bzw. „alte Bekannte" nach Kitz- bühel zur Erholung einreisen. Jeder Gast mußte aber im Sinne von höheren Ge- setzen eine Kaution von 1000 Kronen er- legen. Bei der Uberfiihrung von Ham- sterei wurde die Kaution eingezogen. Der Hauptgrund für die Beschränkung war der Mangel an Lebensmitteln. Bei dieser Sitzung konnte Bürgermeister Anton Werner auch eine freudige Mit- teilung machen. Es gelang ihm vom Mili- tär folgende Gegenstände zu erhalten: 300 Hemden, 300 Gattien, 300 Hand- tücher, 800 Leintücher, 200 Strohsäcke, 200 Kopfpolster, 25 Krankenmäntel, 200 Steppdecken und 200 einfache Decken. Diese Gegenstände wurden an die Be- völkerung verteilt. Am 7. April 1919 erschien Johann Mit- terer neu in den Gemeinderat. In dieser Sitzung wurde für die eigenen Kriegs- gefangenen eine Trauerkundgebung abge-
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