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Samstag, 31. Oktober 1964 Kitzbüheler Anzeiger -- - Seite 11 Hatte sie irgend einen Auftrag auszurich- ten, so sagte sie immer: „Der Bua, der San, der Bauer laßt fragen oder schafft an usw." Auf Besuch bei einem Nach- barn, wo ihr zwecks Aufwartung ein Ein- per Milch vorgesetzt wurde, sagte sie: „Diese Milch ist leicht eßbar, aber bei uns droben reicht der Rahm bis zum Bo- den hinab und dabei ist der Appetit bald fertig." Einiges von den übergroßen Fähigkei- ten seines Vaters hatte auch der Wast geerbt. Er war ein guter Maehler, stellte Schlitten und Pflüge selbst zusammen, verstand einiges von der Dreieckmeß- kunst und konnte sonach hie und da den Nachbarn als Aushilfsgeometer und als Heumesser behilflich sein. Neben seiner Findigkeit in kleineren Dingen fand er leider zeitlich die Unfindigkeit zum Branntwein, jedoch keineswegs so arg, daß es etwa deshalb nicht weiter ging. Er hörte von den Alchimisten, die aus Blei Gold machen könnten und versuchte auch selbst solche Experimente. Unter ande- rem hörte er, daß zuweilen ein Hahn ein Ei lege. Diese Meinung, obwohl sie der ganzen Natur eines Hahnes widerspricht, außer man hätte es mit einem Zwitter zu tun, war beim Bauernvolk dazumal fest eingebürgert und ist heute noch hie und da vorhanden. Aus einem Hahnei, in gutes Brunnenwasser gelegt, soll dann ein klei- ner Drachen ausschlüpfen, der im aus- gewachsenen Alter, wenn er weiblich sei, mitunter goldene Eier lege. Um leichter zu einem solchen Hahnei zu kommen, hielt sich der Wast mehrere Hähne. Endlich war ein ganz absonderlich geformtes Ei im Nest, es war also das ersehnte Hahnei. Ober dem Haus stand der große Trog zur Viehtränke, welchem herrliches Brun- nenwasser zugeleitet war. In diesen Trog gab der Wast nun das Ei hinein und hielt täglich sorgsame Nachschau. Wirklich schien eines Tages das Ei geplatzt und ein unförmiges Lebewesen bewegte sich am Trogboden. Damit die Brut keinen Mangel leide, gab er jede Nachtzeit gesottenes Eier- gehack in den Trog. Das junge Monstrum wuchs gut heran und zeigte baldigst die Form eines Tatzeldrachens. Der Wast war hoch befriedigt mit sei- nem gedankentiefen Ergebnis, das Dräch- jein wurde zusehends behender und schwamm munter im Trog umher. Der Unstern war nun der, daß bei diesem Trog die Kühe trinken mußten. Da das Drächlein erstlich sehr klein war, ge- wöhnten sich die Kühe leichter auch an dessen allmähliches Heranwachsen. „Bis er mir die Kühe frißt", sinierte der \Vast, „da mag er noch lange wachsen; ehe wird er schon zum Eierlegen kommen.' Da wurden ihm eines Tages die Kühe, eine nach der anderen, krank, sämtliche be- kamen ein brandiges Fotzmaul, das von kleinen Bissen auszugehen schien. Obwohl der Wast auch selbst doktormäßig war, zog er doch einen Viehdoktor bei. Dieser stellte die Diagnose, die Kühe seien von einem giftigen Vieh, vielleicht von einer Viper, gebissen worden; denn vom be- hüteten Geheimnis des Bauers wußte er nichts. Heilung brachten sie beide keine zu- stande. Binnen kurzem war der Kuhstall zum Reicher leer, ohne daß der Wast einen anderen Erlös, als den Häuteverkauf dabei hatte. An seinem Tatzeidrachen hat- te er nun allerdings genug, ließ das \\'as- ser vom Trog ab, damit er ihm leichter beikomme, und setzte ihm einen schweren Schrotschuß zu. Von goldenen Eiern zeig- te sich im ganzen Trogsatz nicht die min- deste Spur; wohl war es aber beim Wast ums Bauersein geschehen. An die zwanzig Kühe kaufen, das konnte er sich nicht leisten, und ohne Kühe war seine Berg- lehenwirtschaft nicht zu führen. In voller Verzweiflung trabte er nun zu seinem Nachbarn, dem Hagsteiner, herab und trug demselben sein väterliches Erbe zum Kau- fe an. Der Handel war bald perfekt. Wohl erhielt der Wast eine Anzahlung und für längere Jahre Kaufpreisraten, die sich bei seinem Unmut samt und sonders in Branntwein verwandelten. In den Jah- ren 1830 bis 1840 hatschte er noch als alter Mann bei den Bauern als Schlitten- reparierer umher und es wurde ihm bei einem Gläschen Feuergeist das Herz manchmal sehr weit. Er erzählte dann in lauten Worten, wie er sich mit einem Hahnei verspekuliert hat. An die 70 Jahre war der stolz ins Tal blickende Reicherhof ein Zulehen, das Haus die längere Zeit des Jahres un- bewohnt, bis im Jahre 1876 auch das Hag- steinanwesen der Zertrümmerung und Zer- stückelung verfiel. Da oberhalb des Rei- chergehöftes die Waldung stark gelichtet wurde, fuhr im \\inter 1877 eine Schnee- lawine los, die den Hauptstall zerstörte und auch das Haus so überstieß, daß es weiterhin unbrauchbar war. Von einem Teil des Holzmaterials baute alsdann ein Käufer an eine gesicherte Stelle ein klei- nes Häusl; die Tenne und die meisten Ställe wurden abgetragen und das Holz dem Tale zugeliefert. Der erwähnte Käu- fer, welcher das heutige Kleinreicha zu- sammenstellte, siedelte nach mehreren Jahren nach Kalifornien über, wo er eine Hühnerfarm gründete. in der Nähe des Reicherhofes, einst demselben zugehörig, standen riesige Ahorne, wovon der größ- te 43 Klafter Scheitholz ergab. Was zu ledigen war vom seinerzeit dem Wast in höchster Blüte übergebenen Hof, Wal- dungen, Feistötzen, Schaf leger, Mühle, Ställe und Städel, wurde abgestockt, zer- stückt und abgetragen, und der Anfang dieses Niederganges hatte mit den erhoff- ten Goldeiern des Tatzeidrachens begon- nen. FIEBERBRUNN - Der gute Film. Am 6. und 7. No- vember 1964 wird in den Lichtspielen Fie- berbrunn der mit dem Staatsprädikat „Wertvoll ausgezeichnete Cinemascope- Farbfilm „Heiße Straße Kairo—Kapstadt" aufgeführt. 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