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Samstag, 10. April 1965 Kitzbülieler Anzeiger Seite 11 keitsmedaille" ausgezeichnet, rückte aber erst 1917 zum Leutnant vor, nachdem ich mich in Wien im Landesverteidigungs- ministerium erkundigte, warum ich nicht ernannt werde. Der Referent, ein Haupt- mann, sagte mir, ich soll ihm mein Grund- buchbiatt einsenden, denn er vermute, daß eine Außerachtlassung des Adjudanten vorliege. Ich hatte mir ein solches in Ab- schrift gleich mitgenommen und legte es dem Hauptmann gleich vor. Er sagte mir dann, ich soll am nächsten Tag um 11 Uhr wieder nachfragen, er wird nachsehen, was los sei. Pünktlich stellte ich mich um 11 Uhr ein. Der Hauptmann begrüßte mich bei meinem Eintreffen mit Herr Leutnant. Ich war bereits rückwirkend mit vier Monaten Gage Leutnant. Wir gingen zusammen in den Rathauskeller und be- gossen den neuen Stern mit einer Flasche Wein. Meiner Frau schrieb ich 1916, daß heim Fischerwirt in \Valchsee versteigert wird. Ich hatte dort mit einem Wechsel von 10.000 Kronen gebürgt und bat dann um Urlaub. Ich erzählte dem Major die Sache und er fragte: „Was willst Du?" - „Kaufen den ganzen Krempel", sagte ich, obwohl ich nicht wußte wo aus und ein. „Wenn Du, Fähnrich, so einen Unsinn machst, sperre ich Dich ein", sagte der Major. Doch ich dachte, der versteht das doch nicht. Im Urlaub legte ich meinem Schwager Klaus Fischer, Bärenwirt und Max Klaus- ner meinen Plan vor, da sonst bei uns allen unsere Wechsel ungedeckt sind und wir verlieren 30.000 Kronen. Nach vielem Zu- reden brachte ich die beiden als Partner auf und wurde von Klausner das Vadiam von 30.000 Kronen erlegt und der Besitz Fischerwirt samt See eingesteigert. Nun waren wir Besitzer, aber alle drei. Den nächsten Urlaub benützte ich, mit dem Gemeindewaldaufseher die Waldungen zu besichtigen, nachdem ich mich überzeugt habe, daß die Sache gut ist, machte ich meinen zwei Mitbesitzern das Angebot, mir ihre Anteile zu verkaufen. Ich mußte jedem 30.000 Kronen bzw. ebensoviel Wald oder andere Werte geben. So hatte mich eigent- tich \Valchsee mit allem Drum und Dran 270.000 Kronen gekostet. Nun war ich alleiniger Besitzer. Das Fischerwirtsau- wesen hat 98 Hektar See, 54 Hektar Wald und 16 Hektar Acker. Ich schlug einmal 700 Festmeter Sägeholz, verkaufte es an einen Sachsen, jedoch wurde mir das Geld durch die Inflation zu Wasser. Ich ver- kaufte weitere 1700 Festmeter an Franz Aigner in Schlehing und wollte dann in Walehsee selbst ein Sägewerk bauen, um das Holz selbst schneiden zu können. Ich bekam jedoch keine Bewilligung. Nun kam mir in den Sinn, ein Strandbad m See zu bauen und führte den Ge- danken auch durch. Der Bau kostete mich 150.000 Kronen; mit unsäglichen Mühen ging mir der Bau durch. Gleichzeitig baute ich das Kellerhäus1 nett um 20.000 Kronen aus. Ich war auch der Gründer dies Bahr- hofsägewerks in St. Johann mit Max Klausner und Johann Fuchs (Götschen- bauer). Wir hatten 10.000 bis 12.000 Fest- meter Holz zu verschneiden. Ich sagte zu Klausner, er soll mir meinen Anteil ab- kaufen oder ich kaufe seinen Anteil. Der erste Handel kam zustande und aus dem Erlös baute ich meine Teigwarenfabrik im K arlhaus. Nun will ich noch einiges in diesem Berichft .n:achtragen, der eigentlich für meine Familie geschrieben gehört, um der Vergessenheit vorzubeugen, was ich alles durchführte oder beabsichtigt habe, durch- zuführen, sowohl in Zivil wie auch einige Erlebnisse aus dem Weltkrieg 1914-1918. Seit 1901 war ich im Gemeindeaus- schuß und von 1926 bis 1927 Bürger- meister. Ich war als Geschäftsmann stets für den Fortschritt eingetreten, wie sehr auch oft die Bauern in Gemeinde- beschlüssen (12 Bauern gegen 4 Gewerbe- treibende) durch ihre Majorität unsere fortschrittlichen Anträge abwürgten. Ich war nicht nur Anhänger fortschrittlicher Gedanken, z. B. für die Hochdruckwasser- leitung, Kanalisierung, Schulhausbau, Ein- richtung von Fortbildungskursen, für die Errichtung einer Bürgerschule (in der Volksschule einen Stock aufbauen), be- antragte die Umwandlung des Armen- hauses zu einem öffentlichen Spital mit neuzeitlichen Einrichtungen und die Markterhebung. Die gemachten Einwürfe der Bauern und besonders der Vertreter der zur Gemeinde St. Johann gehörigen Ausschüsse von Oberndorf, eine Stunde entlegen, gingen dahin, daß sie vom St. Johanner Fortschritt eben nicht viel haben. Es bahnte sich aus diesem Grunde mit Gewalt der Weg, die Fraktion Oberndorf abzutrennen, zu einer selbständigen Ge- meinde. Es gab zwei Parteien im (Ire- meindeausschuß und zwar eine solche, die einer Zweiteilung zustimmte und eine solche, welche Gegner der Abtrenniing war. Nun kam die Bürgermeisterwahl und da wählte man mich überraschend mit einer Stimme Mehrheit zum Bürgermeister, ins- besondere weil ich für die Teilung eintrat. Wohl schon vor 50 Jahren trachteten die Oberndorfer eine solche Teilung zu er- reichen. Aus Ärger ließ mich der Ge- meindeausschuß bei der Neuwahl fallen und ich war nicht nur nimmer Bürgermeister, sondern auch nicht mehr im Gemeinde- ausschuß. Es war eigentlich schade, daß die große und schöne Gemeinde St. Jo- hann Oberndorf mit den schönen Feldern und großen Bauern verloren hatte und so 900 Einwohner von St. Johann wegfielen. Doch wie gesagt, die Zeitumstände recht- fertigten dies. Um dies zu verstehen, muß man sich in die damalige Lage der Ge- meinde zurückversetzen. Die Gemeinde St. Johann hatte von Oberndorf viele Ge- meindearme zu betreuen und viele Ge- meindewege zu erhalten. In meinem Ge- meindeprogramm war auch die Friedhof- verlegung, der Ankauf des Moserwaldes, die Errichtung einer Wandelhalle und die As- phaltierung der Straßen vorgesehen. Auch die Ubernahme des Elektrizitätswerkes. Das Postamtsgebäude wurde an dem jetzi- gen Platz hingebaut. Hätte ich vom Kon- sistorium für die Gemeinde nicht diesen Platz erwirkt, wäre das Postamt in die Bahnstation hinein verlegt worden. Im Jahr 1920, als großer Kleingeld- mangel herrschte, machte ich den Vor- schlag, Notgeld drucken zu lassen. Nach vielem Hin und Her wurde mein Vor- schlag angenommen. Ich zahlte der Ge- meinde 100.000 Kronen und ließ um diesen Betrag bei der Wagnerischen Buchdrucke- rei in Innsbruck Notgeld drucken. Das- selbe tat ich auch für die Gemeinden Fieberbrunn, Hochfilzen, Küssen und Lofer und zwar für je 50.000 Kronen. Mit den Druckspesen kostete mich dies alles in allem eine Million Kronen. Die Einnahmen jedoch waren sehr spärlich und auch die .N otgel dsammler' blieben wegen derschlech- ten wirtschaftlichen Zeiten aus, obwohl ich auch auf diese spekuliert hatte. Der Schlußeffekt war, daß ich dann 12 Kisten Notgeld in meinem Hause und auf meine Rechnung lagern hatte und kein Mensch fragte mehr danach und ich saß in der Klemme. Erst nach einigen Jahren kaufte mir ein Herr, welcher dem philatelisti- schen Verein in Graz angehörte, 11 Kisten ab, so daß ich nicht den ganzen Schaden zu tragen hatte. Es war mein Glück, daß ich auch einige Gold-, Silber-, Kupfer- und Bronzeserien prägen ließ, welche be- reits Seltenheitswert hatten. Im ganzen ge- sehen war mein Verlust immerhin an die 200.000 Kronen. Ich habe jetzt noch eine Kiste mit 30.000 Kronen Kleingeld auf Lager und meine Erben werden wohl hun- dert Jahre warten müssen, bis sie dafür einen Käufer finden. Obwohl der Schmerz um den Verlust groß war, habe ich nie einen Heller von der Gemeinde genom- men, freiwillig gab diese mir nichts und gebettelt habe ich nie in meinem Leben Ich war auch Obmann des Tiroler Säge- verbandes und zwar zur Zeit, als ich noch Mitbesitzer des Bahnhofsägewerkes war. Den Platz für das Sägewerk tauschte ich damals gegen den Abergwald ein, wel- cher bei meinem Hause vom Vorbesitzer Josef Kurz dabei war, und gab diesen dem Dekan Dr. Reiter. Der Bau eines eigenen Sägewerkes in Walchsee gelang mir nicht, da mir die Feldnachbarn keinen Platz verkauften. Mit dein Holz machte ich je- doch trotzdem einen passablen Gewinn und ich trachtete darauf, den Gibingenhof am Rhein-Main-Donaukanal zu kaufen, um dort für Schnittware ein Lager zu errichten. Mit der Augsburger-Nürnber- ger Maschinen- und Bleistiftfabrik Faher stand ich bereits in Geschäftsverbindung. Alles war schon fix und fertig abgespro- chen, mit der Firma und mit dein Säge- verband, von welchem drei Herren aus- gewählt waren, die Sache zu besichtigen und zu prüfen. Das Ende war jedoch, daß die Verhandlungen zu saumselig geführt wurden und das Projekt ein anderer kaufte. Schluß folgt 1
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