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‚jungen und tatenlustigen Fähnriche „nah- den tschechischen Hauptmann gebracht. men" sich so ein Gewehr beim Lauf und Beim folgenden also „zweiten" Generals- traten dann unter schwerstem Feuer den rapport konnte sich Schallhart rehabilitie- Rückzug an. Dieser gelang glücklich und ren und der „Irredentisten-Schimpfer" die Fähnriche erwarteten sieh am Morgen mußte Abbitte leisten. Der General kannte eine Belobung. Es kam aber für Schall- den Onkel Schallharts noch aus der Zeit, hart ein gewaltiger „Anpfiff" mit gleich- als dieser Postmeister in Innsbruck war. zeitiger Versetzung. „Es ginge nicht an, ein Mitglied des Kaiserhauses in Gefahr Der Kriegseinsatz in Galizien war aber zu bringen» Beim Generaisrapport inlnns- nicht von langer Dauer. Unser Jubilar bruck wurde Schallhart. der fließend ita- wurde wieder an die Südfront versetzt, lienisch sprach, einer Kompanie mit vor- diente und kämpfte unter dem Helden des Pasubto und Maria -Theresien - Ritters wiegend Soldaten italienischer Zunge zu- geteilt und zwar unter einem tschechischen Obernguggenhergcr, wurde schwer ver- u- wundet und unter heidenhaftem Einsatz Hauptmann, der unserem Jubilar arg z setzen sollte, seiner Kameraden geborgen. Im Unter- stand wachte er erst auf, als ihm ein In der Folge wurde diese Kompanie einer Marschtruppe nach Galizien einver- leibt. Singend marschierte „Schallharts Kompanie" zum Bahnhof. Unter den ita- lienisch sprechenden Soldaten befanden sich drei Tenöre der Mailänder Skala und es ist zu verstehen, daß in diesen Reihen gewaltige Töne hervorgebracht wurden. Doch leider auf „italienisch". Daraufhin kommandierte der Hauptmann: „Singen einstellen!" Schallhart, mit den damaligen Dienstvorschriften gewappnet, verlangte vom Hauptmann einen „schriftlichen" Be- fehl, den dieser verweigerte. Unser Jubilar kommandierte daher: „Wei tersingen 1" Da er darüber hinaus ein zweites Mal den Hauptmann in seinen Anordnungen igno- rierte (auf Grund der Verweigerung eines schriftlichen Befehles) und die Frontsol- daten noch für eine Stunde wegtreten ließ, damit sich diese von ihren Angehörigen verabschieden konnten, war Schallhart wieder einmal „oben" schlecht angeschrie- ben. In Galizien angekommen, sollte die Kompanie bajonettauf eskortiert werden unter der Verleumdung, „Irredentisten" (Italia irredenta = polit. Organisation) in ihren Reihen zu haben. In diese prekäre Lage mit Aussicht auf ein Kriegsgericht mit Todesurteil wurde Schallhart durch neben ihm liegender Soldat mit einem Bauchschuß in seinem unbezwinglichen Durstgefühl die Pulsader aufbiß. Nach dem Zusammenbruch inskribicrte unser Jubilar an der Technischen Hoch- schule in München gleich für je zwei Semester (ein Privileg der Kriegsdienstler), so daß er schon 1921 die Diplom-Haupt- prüfung iplom-Haupt- pciifung ablegen konnte. Fünfundzwanzig Jahre verbrachte Schallhart in Schlesien als technischer Leiter einer Textilfabrik in der Nähe voll Breslau, am sogenannten „Kanonenweg", der seinen Namen aus der Schlacht zwischen Friedrich dem Großen und Maria Theresia erhalten hatte. In Schlesien war Schallhart ehrenamtlich Be- zirksfeuerwehrkommandant und Brand- direktor. Durch die Vermittlung des Tuns- bruckers v. Blaas erwarb er nach dem Umbruch zu Hinterkaiser in St. Johann die Holzverarbeitnngsfabrik Rotter und verwertete dort erstmals seine in Deutsch- land angemeldeten Patente. Den zweiten Weltkrieg machte Schallhart vom ersten bis zum letzten Tage mit. In den letzten Kriegsmonaten war er als Major beim ()KH am Salzberg eingesetzt und fuhr in dieser Zeit mit seinem selbsterfundenen iIolzgasermotor in einem Opel-Olympia im zweiten Gang die „Zistel". Seine beiden „Standard-Holzgaser-Personenkraftwägen" Samstag, 26. Juni 1965 Kitzbüheler Anzeiger Seite 9 Trotzdem gab Tirol nicht nach, es bot las Letzte Aufgebot auf. In einem Ver- weiflungskampf warfen sich am 1. No- vember die Tiroler das viertemal amBerg- :sel dem Feind entgegen, erlitten aber diesmal eine schwere Niederlage. Trotz- dem kämpften sie bis zum 10. Dezember, )nchstäblich bis zum bitteren Ende. Die T'reiheit war dahin. Das Land wurde in drei Teile zerissen. Doch trug die Tat des „Löwen von Aspern" und das heroische Opfer Andreas 1-lofers und seiner 50.000-Mann-Landstür- mer das Freiheitsfeuer weiter bis auf das Schlachtfeld von Leipzig im Jahre 1813. In dieser Stunde der allgemeinen Er- hebung fehlten auch die Tiroler nicht. Sie bildeten ein Freikorps des Preußischen Generals von Lützow, eine eigene Scharf- schützenabteilung. Einer ihrer Offiziere war Josef Enneinoser von Passeier, der als unger Student Andreas Hofer als Feld- schreiber gedient hatte und mit Theodor Körner befreundet war. Im südlichen Tirol haben die frei- willigen Schützenkompanien im Verein mit einer kleinen österreichischen Heeresgruppe die Franzosen - einige Wochen vor der Leipziger Völkerschlacht - zurückgeschla- gen und die deutschen Soldaten, die sich noch in den Reihen der französischen Truppen befanden, mit dem Hinweis auf die nationale Erhebung zum Verlassen der- selben bestimmt. In diesem Befreiungsjahr 1813 erstand die alte Stammformation, das „Tiroler Jägerregiment", wieder. Nachdem es die Franzosen und die mit ihnen verbündeten Bayern aus dem Lande gejagt hatte und Feldmarschalleutnant von Fenner an der Spitze des ruhmreichen Regiments als Sie- ger in Innsbruck einzog, läuteten alle Glocken, krachten rings in den Tälern die Böller und auf den Talhängen lobten des Nachts die Freudenfeuer. Die Niederlage Napoleons brachte die Wiedergeburt des Landes Tirol und damit wurden von den Amerikanern eingewalzt. Nach Inbetriebsetzung der Textilfabrik in [lal le in unter amerikanischer Aufsicht ge- lang ihm schließlich gemeinsam mit dem heutigen KommerziaIrat Johann Hutterer aus Wörgl, das „Absetzen" nach St. Jo- hann. In Pfaffeiischwendt frugen sie den Wirt, wie es in Tirol eigentlich zugehe. Dieser sagte: „Trog is da gleiche, aba andre Fack'n fress'n außal" Da stiegen sie wieder auf ihre Fahrräder, den Ausspruch des Wirtes im Ohr klingend und nie mehr im Leben vergessend! Für das Tiroler Unterland organisierte Schallhart in den ersten Nachkriegsjahren von der „Magerhenn" in St. Johann aus die Tankholzversorgung und entwickelte in sein er Fabrik im Hinterkaiser Parkettaf ein. Dort gab er auch dem heutigen Privat- Ren lgymn asium Professor We i h s Unter- kunft und Startmöglichkeit zum heutigen glänzenden Aufstieg. Mit seinen Konstruk- tionen 'erhielt Schailhart verschiedene öster- reichische Staatspreise, gründete in der Folge die „Stabilo-Transportbehälter Ges. m. b. 1-1. Innsbruck" und befindet sich als Direktor dieser Gesellschaft, die heute in Zusammenarbeit mit den Bundesbahnen weiten Wirtschaftskreisen zunutze kommt, die ganze Woche hindurch auf Reisen. Nur (las Wochenende verbringt er in seinem neuen Heim im Praxmarerfeld in Kitzbühel. 1927 verehelichte sich der Jubilar mit Helene Trädner aus Pommern. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Sigrid, verehelicht mit dem Kitzbüheler Rechts- anwalt Dr. Klaus Reisch, Dr. Dieter Schallhart, Geschäftsführer der TAL in Osterreich und Marianne, verehelicht mit Dipl.-Volkswirt Thomas Baron v. \X7 ildburg, Wien. Zehn Enkel erfreuen ieii Jubilar, wie er auch über sein End- schicksal befriedigt ist, welches ihn wieder nach Tirol, insbesondere ins Tiroler Unter- land führte. auch die Wiederherstellung der alten Wehrverfassung Tirols. Auf Grund der Erfahrungen der Tiroler Heldenzeit wurde das Schützen- und Schießs tandwesen weiter ausgebaut. 1837 wollte der Tiroler Landtag sogar die Stand- schiitzenpflieht auf alle tauglichen jünge- ren Männer ausdehnen. Wenn dies auch nicht gelang, so konnte dennoch 1845 er- reicht werden, daß das Sießstandwesen als ein gemeinnütziges volkstümliches In- stitut unter den Schutz der Staatsgewalt gestellt wurde. Obwohl die Tiroler Landesverteidigung in diesen Friedensjahren praktisch nicht betätigt werden brauchte, so wurden doch alle Möglichkeiten genützt, um die Selbst- verteidigungskraft des Landes zu erhalten. Dies setzte Tirol in den Stand, in den Kriegen, die Osterreich gegen das König- reich Piemont als Führer der italienischen Nationalbewegung in den Jahren 1848, 1.859 und 1866 durchzufechten hatte, sei-
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