Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 4 Kitzbüheler Anzeiger - Zwanzig Jahre zweite Republik Wahlthema für den Redewettbewerb der Osterrekhischen Jugendbewegung für den Bezirk KtzbüheI - Von Martha Varghci, Mittelschülerin, Kitzbühel Im allgemeinen stellen 20 Jahre in der Geschichte eines Staates nur einen kurzen Abschnitt dar, dennoch können sie große und oft mehrere Errungenschaften und Ereignisse aufweisen als manchmal ein ganzes Jahrhundert. Die letzten 20 Jahre in der Geschichte Osterreichs liefern ein glänzendes Beispiel dafür. Nach cTem großen Weltkrieg, der 1945 endete und unser Vaterland bis zum Grunde erschütterte, stand Osterreich in einem Trümmerhaufen und wirtschaftli- chem Chaos, in den ein noch nie dagewe- senes menschliches Elend einzog. Tausende von Kriegerswitwen, Waisenkindern, ob - dachlosen rl Menschen beklagten den Veust ihrer Ga:t'en, Väter und ihres hab und Gutes. Hunger, Not und Verzweiflung be- herrschten ein ganzes Land. Allein der Wille zum Weiterleben und Uberleben der großen Katastrophe blieb aufrecht. Und dieser Wille zauberte Wunder hervor. In wenigen Jahren entstanden aus den Trüm- mern neue und noch schönere Häuser, Fabriken, Industrieanlagen und die großen Verluste wurden überwunden. Heute steht unser kleines Land als in der ganzen Welt anerkannter Pfeiler des wirtschaftlichen Fortschritts, der politi- schen Sicherheit und der menschlichen Kultur da. All das haben wir der Aus- dauer, dem Fleiß, der gesunden politischen Auffassung der breiten Masse unserer Be- völkerung und dem Weitblick unserer, Staatsmäiner zu verdanken. Unter ihrer Zusammenarbeit vollzog sich die Wieder- geburt des Vaterlandes in einer noch nie dagewesenen Weise. Die Opfer, die großen Anstrengungen und die Bereitschaft, ein neues Leben zu beginnen, erwiesen sich nicht als sinnloses Streben, sondern als geschichtliches Bei- spiel dafür, wie man aus dem Chaos ein neues, blühendes Leben aufbauen kann, wenn der Glaube an die eigenen Fähigkei- ten und iier Wille zum Leben nicht fehlt. Und die haben nicht gefehlt. Wenn wir auf jedem Gebiet des Lebens, wie Wirt- schaft, Politik, Kultur usw. kurz Umschau halten, so werden wir leicht feststellen, daß der Wille und Glaube an eine bessere Zukunft, die unser Volk erfüllten und aus denen unser Wohlstand heranwuchs, nicht nur bloße Worte sind. Es war zweifellos die verfehlte Politik ambitiöser und machtgieriger Menschen, die Osterreich bis zum bitteren Ende von 1945 führte. Nun war es Aufgabe der Po- litik, das Land aus dem Trümmerhaufen von 1945 herauszuführen. Da waren Män- ner, die aus verschiedenen politischen Richtungen kamen, die sich die Hand ga- ben und entschlossen waren, aus den Trümmern ein neues und glückliches Osterreich aufzubauen. Sie waren sich einig darin, daß auch die verschiedensten Weltanschauungen ne- beneindander aufrecht erhalten werden können, wenn sie in 'den Dienst des Vater- landes gestellt werden und von dem über- parteilichen Ziel des allgemeinen Wohl- standes geführt werden. So entstand eine Koalitionsregierung, die sich als Hauptauf- gabe die Befreiung Osterreichs von frem- der Besetzung und die seelische und wirt- schaftliche Genesung des Landes stellte. Die erste Hälfte der abgelaufenen zwan- zig Jahre ist vor allem von dieser Haupt- aufgabe gekennzeichnet. Unsere verant- wortungsbewußten Politiker kämpften zäh und zielbewußt um die Befreiung von der Besatzung, was erst 1955 gelang. In diesen zehn Jahren hatten sie genügend bewiesen, daß sie eine demokratische und friedliche Politik betrieben. Nach dem Staatsvertrag ging es dann besonders rasch aufwärts. Die Wirtschaft, die ihre Arbeit in einem freien Land fort- setzen konnte und die politische Stabilität als die beste Garantie für das investierte Geld betrachtete, scheute sich nicht vor den größten Anstrengungen, um das Wirt- schaftsleben in Aufschwung zu bringen. Die Arbeiter und Angestellten, die in einer ge- sunden Wirtschaft die höchste Sicherheit für den Erfolg ihrer Arbeit sahen, taten auch ihr Bestes, um den Aufschwung der Wirtschaft zu fördern. Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die sich in manchen Län- dern als Feinde betrachten, gingen Hand in Hand und zauberten ein wahres Wirt- schaftswunder. Mag sein, daß in der Welt nur vom deutschen Wirtschaftswunder ge- sprochen wird, weil Deutschland ein großes Land mit entsprechend bedeutsamer Wirt- schaft ist, 'es ändert nichts an der Tatsache, daß sich in dem viel kleineren Osterreich auch ein seiner Größe entsprechende Wirtschaftswunder vollzogen hat. Schließ- lich lag unsere Wirtschaft und das ganze äußerliche Leben unseres Landes genauso in Trümmern wie in Deutschland und wo könnte ein Fremder, der nach Osterreich kommt, diese Trümmer heute finden? Da- gegen kann er sofort und überall einen gutfundierten Wohlstand beobachten. Was nun das geistige Leben, die Kultur betrifft, hören wir oft, daß hier noch viel zu tun wäre. Aber aus dieser Feststellung folgt, daß wir Osterreicher schon große Forderungen gegenüber unserem kultu- rellen Streben stellen. Große Forderungen werden nur gestellt, wenn die breite Masse der Bevölkerung bereits auf einem ent- sprechenden Niveau - hier dem kulturel- len Niveau - steht. Woher wären unsere kulturellen Leistungen, hätten wir nicht die Möglichkeit gehabt, uns auch auf die- sem Sektor zu bilden. Und wir haben die Möglichkeit gehabt, denn neben den wirt- schaftlichen Einrichtungen Hand in Hand wurden Kirchen, Schulen und Theater wieder aufgebaut oder neu errichtet. Das beste Beispiel für die Entwicklung unseres Kulturlebens ist die große Zahl von Men- Samstag, 17. Juli 1965 scheu aus aller Welt, die jährlich zu uns strömen, um sich auf unseren Hochschulen auszubilden, in unseren Spitälern heilen zu lassen und sich in unseren Theatern oder bei anderen künstlerischen Darbie- tungen zu erfreuen und zu unterhalten. Nicht ohne Stolz können wir feststcIlen daß die vergangenen zwanzig Jahre, die verhältnismäßig kurze Vergangenheit der zweiten Republik, auf jedem Gebiet des menschlichen Lebens einen bis daher noch beispiellosen Fortschritt aufweisen. Diese Errungenschaften sind dem Fleiß, dem unbeugsamen Wollen, der politischen Reife und der kulturellen Höhe unseres Volkes zu verdanken. Gebe Gott, daß diese auf den Tatsachen beruhende Erkenntnis auch unserer Jugend die feste Uberzeu- gung verleihen wird, daß der von ihren Eltern beschrittene Weg der richtige ist, auf dem wir ruhig und bewußt in eine toch schönere Zukunft schreiten kön]en. Die Entwicklung des Kitzbüheler Fremdenverkehrs seit 1945 Fräulein Martha Vargha wählte als Wahlthema ein äußerst interessantes Ka- pitel der Entwicklung der Wirtschaft in den zwei Jahrzehnten der zweiten Re- publik, die Aufbau- und Ausbauleistungen des Fremdenverkehrs in der Stadt Kit2bü- hei. Sie zeigte damit in groben Strichen ein Stück wertvollster Arbeit unserer Stadt für die gesamte österreichische Volkswirt- schaft auf. Dem Kurzreferat lag authen- tisches Zahlenmaterial des Fremdenver- kehrsverbandes zugrunde. 1945 waren 15 Hotels für Wohnungs- zwecke oder durch die BesatzungsmLcht für ihre Verwendung beschlagnahmt. Das war der Ausgangspunkt des Wirtschafts- zweiges, dem Kitzbühel trotz der ungün- stigen Einflüsse der Zwischenkriegszeit seine relativ günstige Situation verdankt hatte. Im Fremdenverkehrsjahr 1946 standen 300, im kommenden Jahr 800 Betten zur Verfügung. Die Ubernachtungen im Win- ter 1946/47 waren mit 45.189, im Som- mer 1947 mit 42.686 relativ günstig. Im Winter 1947/48 standen 950 Betten für die Zwecke des Fremdenverkehrs bereit, im Jahr danach waren die meisten Hotels geräumt. Ein ganz wesentlicher Faktor war die Errichtung der ersten Liftanlagen, womit eine neue Attraktion und Hilfe ge- boten war. Die Ubernachtunguzahl im Winter 1948/49 stieg auf 54.270 an. Die llunderttausendergrenze wurde bereits im Winter 1950/51 überschritten, innerhalb von zwei Jahren hatte sich somit die Zif- fer auf beinahe das Doppelte erhöht. Ein Vergleich mit den besten Saisonen der Zwischenkriegszeit: die besten Sommer waren 1930 mit 137.450 und 1940 mit 141.500 Übernachtungen, die Höcbstzahjen im Winter wurden 1934/35 mit 114.642, 1938/39 mit 171.554 und im letzten Ab- schnitt vor dem Zusammenbruch des ohne- dies nur mehr aus deutschem Freizeit-
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