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Samstag, 30. Jänner 1965 Kitzbüheler Anzeiger Seite 5 der Siegerehrung unsere Skistadt zu ver- lassen. Die freundliche Geste der Bundes- bahndirektion wurde in Kitzbühel mit Ge- nugtuung aufgenommen. - Die Brillantenwerferin! Am Vortag des Riesentorlaufes vergnügten sich Gäste und auch Einheimische, weil angeregt, in der Vorderstadt mit „Schneebalischmei- ßen". In diese lustige Schlacht griff auch eine junge Australierin ein. Mit dem Schneeball warf sie aber auch ihren Bril- lantring fort - ein Familienstück von ho- hem Wert; der Ring war das Glanzstück aller ihrer Pretiosen. Die „Schlacht" wur- de sofort unterbrochen und es begann ein Suchen nach dem Ring im Straßenmatsch. Man sollte es nicht glauben, aber nach etwa 20 Minuten wurde der Ring gefun- den. Wer war der Finder? Einer von den Stadtwerken! Man muß sich nur wundern, daß der Ring bei der Schar der Sucher nicht zertreten wurde. Ja, „findig" sind die E-\Verkler. Erinnern wir uns an das Glanzstück des „Wieser-Trupps" unserer Stadtfeuerwehr, welcher vor einigen Som- mer einem Schweizer Gast die Zähne aus dem Schwarzsee fischte. In Kitzbühel gibt es auch „neben den Pisten" Virtuosen. - Der Schwedenkoffer. Als die schwe- dische Nationalmannschaft am Montag mit ihrem Mannschaftskapitän Stig Ove Gu- stafsson am Kitzbüheler Hauptbahnhof an- kam, warteten die tüchtigen Träger auf den Einsatzbefehl. Ohne Aufforderung dürfen sie nämlich kein Gepäckstück an- rühren. Die Koffer und Skier häuften sich zwischen den Geleisen; ein Koffer kam ins Rutschen und gerade im Augenblick not und vor den zweiffen stund, sol der bruederschaft verfallen sein ain halb phundt wachs zu der kerzen unserer frauen und 12 kreuzer." Die Zunft kommt alle Vierteljahr an den Quatembersonn tagen zusammen, aber auch dann, wenn der Zunftmeister eine Versammlung einberuft. Alle Zunftgenos- sen müssen erscheinen. Wer unentschul- digt fernbleibt, muß eine Buße in der Höhe eines halben Pfundes Wachs für die Kerze zu Ehren der Muttergottes und dazu noch 12 Kreuzer zahlen. Entschuldigt ist er nur dann, wenn er krank ist oder vor dem Stadtrat, hier die Zwölf genannt, erscheinen muß. „Zu dritten haben sie erdacht und er- funden, ob daz wär und also khäm, es wär ain maister oder ain gsell und zu Kitzpuchl wolt beleihen und wolt da ar- beitten unb'enent und vergon.t, mag am jeder acht tag da arbeiten, dann daz er gibt in die puchsen Ii fierer, ob er maister ist. Ist er aber knecht, geit er ain fierer. Und ist damit ledig. Darnach mag er hin- geen, wo er will. Will er dann da lenger pleiben, so schreibt man in ein in die bruederschafft und geit nit mer zu anfang dann sechs kreuzer und darnach al sontag II fierer, ob er ain maister ist. Ist er aber knecht, so gibt er zu anfang drei kreuzer und den gsellen ain maß wein der Zugsabfahrt. Der Koffer wurde von jedem Wagen gestreift, aber der vorletzte nahm ihn doch mit und warf ihn erst weit draußen beim Wechsel von sich. Der Kofferbesitzer lief Zug und Koffer nach und kehrte glücklich zurück, denn der schöne Lederkoffer erlitt bei seiner un- freiwilligen Schwarzfahrt nur einen leich- ten Kratzer. Der Inhalt war unbeschädigt. - Das Wunderbiifctt. In .‚Alt Wien" waren am Sonntag, zwischen Slalom und Siegerehrung, die Aktiven und die Offi- ziellen Gäste des Herrn Dubonnet aus Paris. Hotelier Guido Reisch setzte seinen Ehrgeiz hinein, dem Gastgeber ein Büfett zu bieten, wie es Kitzbühel noch nie ge- sehen hatte. Eine ganze Woche waren Hotelköche aus München in Kitzbühel an der Arbeit, um das Werk zu vollenden. „Das Werk lobte den Meister." Selbst Fachleute gaben das Urteil ab, daß diese Leckerbissen in einer Ausstellung eine Me- daille erobert hätten. - Die erste Streifabfahrt. Unser Hah- nenkamm wurde früher oft auch Flau- kampl genannt, gleich wie der Schwarzsee Kitzbüheler See. Den ersten Mannschafts- Abfahrtslauf sah der Halikampl am 5. März 1911. 12 Mannschaften zu je drei Mann nahmen daran teil. Sieger wurde die Mannschaft des Wintersportvereins Ehrwald in der Zeit von 18 Minuten und 52 Sekunden vor der Mannschaft des Ski- klub St. Johann (20.44) und jener vom Skiklub Zell am See (21.19). Die Mann- schaften mußten geschlossen ins Ziel fah- ren. Altmeister Sepp Heilensteiner, der älteste aktive Skilehrer Tirols, fuhr in und zwen fierer einzeschreiben. Darnach all sontag geit er ain fierer all weil er zu Kitzpuchl ist. Wolt er daz aber nit thuen,, es wär ain maister oder ain knecht, so sol kain maister oder kein knecht mit im zu schaffen haben, weder mit arbeiten noch geschäfften, noch gesellschafften, mit helffen noch rathen in kainerlei dingen, noch essen, noch trinken. Alsbald airi neuer eingeschrieben wird, so sol der der pruederschafft gehorsamb sein und sein aufgelegtes gelt williglich geben auf die zeit. Wer das fit thuet, so geit er auf den nagsten suntag darnach ain halb pfundt wax, es ei maister oder knecht. Und wer in die hrued.erscha fft geschrieben wirdt, der sol darauf nit geschrieben werden, er sei dann velendtig oder weil der bruederschafft nit gehorsamb sein un- geverlieh und gab sein gelt nit in acht tagen, so er an haim ist, sol man abthuen. Und wer aus oder ein die pruederschafft wirdt geschrieben, sol geschehen mit der merer thail der bruederschafft willen und wissen." Dieser Punkt der Zunftordnung regelt eine Reihe von Fragen. Zuerst einmal die Frage, was zu geschehen hat, wenn ein Meister oder Geselle von auswärts nach Kitzbühel kommt und hier arbeiten will. Ohne besondere Formalitäten kann er 8 Tage in Kitbühel arbeiten, wenn er in die der St.-Johanner Mannschaft. Der Höhen- unterschied der Rennstrecke betrug sei- nerzeit 600 Meter (heute zirka 860 m). Der Start müßte demnach beim Steilhang erfolgt sein. Die durchschnittliche Zeit der Rennläufer der Siegermannschaft be- trug 6.17.33. Diese Zeit muß damals als phantastisch gegolten haben. - 14 Sekunden nahm der Kitzbüheler Jungmanne Thäus Schwabl beim Hahnen- kammrennen 1937 dem späteren Sieger Willy Wal-eh im Abfahrtslauf über die Streif ab. Schwabl hatte damals bereits den Streckenrekord zu verteidigen, den er bei der Juniorenmeisterschaft des OSV im gleichen Winter mit 4.56 Minuten auf- stellte. Bei dieser Jungmannenmeister- schaft gab es lauter Kitzbüheler Siege. Den Spezialabfahrtslauf gewannen Sepp \Vcixlbaumer und Rudi Bodenseer (Jugendklasse Ii) und den Kombinations- abfahrtslauf Thäus Schwabl und Franz Patscheider (Jugendklasse Ii). Beim zu- erst angeführten Hahnenkammrennen am 20. März 1937 wurde dann der Strecken- rekord gleich zweiundzwanzigmal un- terboten. Schwabl benötigte 3.53.1 und im- terbot seinen eigenen Rekord um über eine Minute; Zweiter wurde damals der Schweizer Willy Bernath mit 6.3 Sekun- den Rückstand auf Schwabl. Bei diesem Abfahrtslauf wurde die Mausf alle und erst- mals der Steilhang im Schuß gefahren; der damalige Abfahrtsleiter Hansjörg Schlechter steckte die Fähnchen. - Die Dekorationen für die offiziellen Empfänge für das Jubiläumshahnenkamm- rennen wurden von der Gärtnerinnung Zunftkasse einen bestimmten Betrag zahlt. Möchte er aber länger als 8 Tage in Kitzbühel arbeiten, muß er in die Zunft eintreten, eine entsprechende Aufnahme- gebühr leisten und jeden Sonntag einen bestimmten Betrag zahlen, solange er in Kitzbühel ist. Falls er jedoch sich diesen Bestimmungen nicht unterwerfen will, dann darf er in Kitzbühel nicht arbeiten und niemand darf ihn unterstützen. Damit ist er gezwungen, so schnell wie möglich wie- der Kitzbühel zu verlassen. Wir sehen, daß ohne die Zunft kein Fremder in Kitzbühel eine Arbeit annehmen konnte. Dadurch schützten sich die Kitzbüheler Handwerker vor der fremden Konkurrenz. Die andere Frage war die Aufnahme eines neuen Meisters oder Gesellen von Kitzbühel in die Zunft. Darüber entschied die Mehrheit der Zunftgenossen. Sie ent- schieden somit über die Aufnahme oder Nichtaufnahme, die auch von der Leistung der festgesetzten Aufnahmegebühr abhing. Wer diese nicht zahlen und auch nicht die Zunft ordnung anerkennen wollte, durfte nicht aufgenommen werden. Dann war es ihm aber auch verboten, sein Ge- werbe oder sein Handwerk auszuüben. „Zum vierden sollen die brueder au sandt Blasitag zusammen khumben und ir notturft bedrachten und ain lobamt voll unser frauen singen lassen den liehen
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