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Samstag, 13. August 1966 Kitzbüheler Anzeiger Seite 5 Abschied von Altbürgermeister Ernst Reisch j Du Dich mit Erfolg für unser schönes Kitzbühel eingesetzt. Was Wunder, daß Du mit 32 Jahren der jüngste Bürger- meister in der Geschichte unserer Stadt wurdest. Dies zu einer Zeit größter wirtschaftlicher Not, in der es überall nur leere Kassen gab, zu einer Zeit höchster politischer Hochspannung, in der einer gegen den anderen stand. Aber gleich zu welchen Zeiten immer, Du kanntest nur ein Ziel, die Arbeit für Deine Heimatstadt. So bleibt Dein Name immer mit dem Aufschwung unserer Stadt verbunden. So will ich Dir auf Deinem letzten Weg durch Deine geliebte Vaterstadt aus ganzem Herzen namens der Stadt für all das danken, was Du für sie getan hast. Persönlich wie im Namen vieler Ka- meraden laß Dir für all die Freund- schaft und Kameradschaft, die Du im- mer erwiesen hast, Dank sagen, lieber Ernst, Du wirst uns immer in Erinne- rung und unvergessen bleiben! verein Kitzbühel und Trauergäste aus Stadt und Land. Selten sah Kitzbühel Kurt Beranek, Präsident des Kitzbühe- bei einem Begräbnis so viele Menschen. i 1er Skiklubs Während der Sarg durch die Vorder- „Tief erschüttert und in aufrichtiger stadt getragen wurde, spielte das Giok- Trauer stehe ich als Freund und mit kenspiel vom Turm der Katharinen- mir der Kitzbüheler Skiklub vor Dci- kirche den „Guten Kameraden", war nem Sarg, um Abschied von Dir zu doch Ernst Reisch Teilnehmer beider nehmen. Lieber Ernst Reisch! Lang- Weltkriege. Den Sarg trugen Mitglieder jähriger Präsident, Träger des Golde- des Ausschusses des Kitzbüheler Ski- nen Ehrenzeichens und Ehrenmitglied klubs. unseres Clubs. Die Stadtmusik spielte zum Abschied Abschied nehmen müssen wir heute ebenfalls das ergreifende Lied vom 1 von Deiner sterblichen Hülle. Aber Du, Guten Kameraden" und der Männer- lieber Ernst, wirst in uns allen weiter- gesangverein sang den „Bardenchor". leben, weiterleben an der Seite Deines Der starke Regen konnte die Trauer- großen Vaters, unseres Gründers Franz feierlichkeiten nicht beeinträchtigen Reisch, dessen begonnenes Werk Du und hohe Persönlichkeiten riefen dem vollendetest. Verstorbenen Dankesworte zu. Aus die- sen kann ermessen werden, wie groß die Verdienste des Verstorbenen waren und wie groß die Liebe und Freund- schaft war, die ihm entgegengebracht wurde. Vizebürgermeister Peter Sieberer Wir stehen hier, um von einem ed- len Menschen, einem Idealisten, ja von einem Stück Kitzbühel Abschied zu nehmen. Wir sind zutiefst ergriffen und können es nicht fassen, daß Ernst Reisch nicht mehr lebt. Ich bitte die Angehörigen, das aufrichtigste Beileid des Gemeinderates der Stadt entgegen- zunehmen. Lieber Ernst! Nach dem Ersten Weltkrieg hast Du 1 Altnationalrat Max Werner das Vermächtnis Deines Vaters fort- 1 gesetzt. Du hast alles getan, um Frem- 1 Als Obmann des Fremdenverkehrs- denverkehr und Wintersport Deiner verbandes Kitzbühel verabschiede ich Vaterstadt wieder in die Höhe zu brin- mich in meinem als auch im Namen gen. Als aktiver Rennsportler Ju Bob- 1 des Ausschusses von unserem lang- fahren und Skispringen warst über- jährigen Ausschuß- und Ehrenmitglied all bekannt. Bei jeder Gelegenheit hast Herrn Ernst',Reisch in dankbarer Er- innerung all seiner Tätigkeit im Dienst für die Heimat. Gar früh schon mußte der junge Reisch mithelfen im öffentlichen Dien- ste. Kaum 14jährig war er, als der erste Weltkrieg herankam. Da gab es keine Altersgrenze. Der noch nicht 15- jährige war bei der Feuerwehr, bei der gleichen Leiter 1 wie ich ein- geteilt. Zusammen waren wir mit dem Handwagen der Rettungsabteilung gar manches Mal am Weg. Noch nicht 18jährig rückte er zu den Tiroler Kai- serjägern, 1. Regiment, ein. So jung kam er an die Front, und in kurzer Zeit hatte er für Bewährung vor dem Feind Charge und Auszeichnung. Nach dem Kriege waren durch den plötzlichen Tod seines für Kitzbühels Wintersport so verdienstvollen Vaters der von diesem 20 Jahre vorher ins Leben gerufene Verkehrs- und der Wintersportverein ohne Obmann. Der junge Ernst Reisch war der Trommler. der uns aufforderte, mit ihm mitzuar- beiten, diese für den Kitzbüheler Frem- denverkehr so wichtigen Organisa- tionen wieder aufzustellen. Er war der Motor, der uns mitgerissen hat, Frem- denverkehr und Wintersport im Sinne des Erbes von Franz Reisch auch nach den Kriegsjahren wieder Geltung zu verschaffen. Es ist deshalb nicht we- nig das Verdienst von Ernst Reisch. daß Kitzbühel heute den Namen der Skistadt hat. Über 44 Jahre war Ernst Reisch im Verkehrsverein und Frem- denverkehrsverband zweimal als Ob- mann und mit wenig Unterbrechung als Ausschußrn.itglied tätig. Nun seit 10 Jahren war er Obmann des Unter- ausschusses für Werbung. Wie ernst und gewissenhaft er diese Tätigkeit ausführte, geht wohl daraus hervor- 2 Tage vor seinem Hinscheiden war er noch beratend in unserer Mitte bei einer mehr als dreistündigen Sitzung. Ein Trost für seine Familie in Trauer: Ernst Reisch wird in seiner Heimat- stadt, die er so liebte, nicht so bald vergessen. Wir können nur dankbar an seine weitschauende Tätigkeit im- mer wieder uns erinnern. Ernst Reisch war es auch, der im Jahre 1925 den Kitzbüheler Jahrmarkt beantragte. Einige Bevölkerungsschich- ten waren damals Gegner der Fremden- gäste, weil dadurch die Lebenskosten teurer werden. (Wie kleinlich; was hat inzwischen schon alles nur von dem gelebt.) Da machte Ernst Reisch den Vorschlag, zugunsten der Stadtarmen eine Wohltätigkeitsveranstaltung durch- zuführen. Daraus entstand diese Nacht- belustigung unter der Patronanz der Stadt. Die Organisation übernahmen Verkehrsverein, Gewerbebund und Feuerwehr. Der Erfolg war so, daß es eine bleibende Einrichtung geblie- ben ist. Eine solche Fülle der Belustigungen wie das erstemal wurde nicht wieder erreicht. Eine sehr warme Sommer- Am 4. August 1966 fand in Kitzbühel die Verabsehiedung des am 1. August im Alter von 67 Jahren verstorbenen Altbürgermeisters Ernst R e i s c h, Be- sitzer des Hotels Sporthotel-Hinterbräu,. statt. Von der städtischen Aufbahrungs- halle bei der Klosterkirche zog der große Trauerzug zum Jochberger Tor und durch die Vorderstadt zum Rathaus- tor. Der Trauerakt fand gegenüber dem Spirthotel, auf eigenem Grund und Boden des Verstorbenen, unter dem schönen Ahornbaum statt. Den Trauerzug eröffnete die Stadt- musik Kitzbühel, dieser schlossen sich der Skiklub mit der Standarte und der Turnverein mit der Fahne an. Un- ter den Trauergästen befand sich der gesamte Gemeinderat der Stadt Kitz- bühel sowie der Ausschuß des Frem- denverkehrsverbandes; weiters die Ho- teliere und Gastwirte aus Stadt und Land, viele Bürgermeister aus den Be- i 1r'z c1rn ii, rIn ir Mrnir crn oi— Ich bin heute außerstande, all Deine Taten und Verdienste aufzuzählen, die Du Dir im Laufe von Jahrzehnten um die Entwicklung und Förderung des österreichischen Skisports und des Kitzbüheler Skiklubs erworben hast. Es sind derer so viele. Wir alle kennen und schätzen sie und werden diese nie vergessen. Unsere Freundschaft, verbunden mit Deiner großen Erfahrung. war für mich ein unerschöpflicher Brunnen, aus dem ich immer nehmen könnte, zum Wohle des Kitzbüheler Skiklubs und ganz Kitzbühels! Nun ist dieser Brunnen versiegt! Lebe wohl, lieber Ernst und ruhe im Frieden!"
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