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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 27. August 1960 Ein Flugtag wie ein Volksfest Alpenflugplatz St. Johann hat sich bewährt. Fast 10.000 auf dem Flugplatzfest Hervorragendes Programm unfallfrei abgewickelt. Hunderte von Passagierf lügen Just als St. Johann die Sommergäste- zahl von 3500 erstmals überschritten und damit eine Belegung von 102 Pro- zent und einen neuen Höchststand er- reicht hatte, da legte es den Beweis ab. daß es nicht nur zu Wintersportveran- staltungen großen Stils fähig ist, son- dern auch zu sommerlichen Groß-, ja Massenveranstaltungen, die sportliche Ereignisse darstellen, die Anziehungs- kraft haben, auf Tausende und Aber- tausende - und auf Könner erster Ranges. Beim kombinierten Flugplatzfest und Flugtag am Mariä-Himmelfahrts-Tag sind alle auf ihre Kosten gekommen. die Flugfreudigen wie die Schaulusti- gen, die Pioniere wie die Skeptiker und sogar der noch kaum aus der Taufe gehobene neue „Albus - Flug- dienst" St. Johann. Am Sonntag, 14. Au- gust dürften nach vorsichtigen Schät- zungen zeitweise an die 3000 die Ver- anstaltung besucht haben und am nicht mehr badefreundlichen Himmelfahrts- tag doppelt so viele; man zählte an die 500 Autos. 130 Starts von einmotorigen Sport- maschinen (12 Typen) verliefen unfall- frei und 15 Fallschirmabsprünge und 10 Segelfliegerstarts und die tollkühnen Kunstflüge von Gert Müller, dem be- rühmten schwäbischen Luftakrobaten, der siebenmal an den Start ging, einmal sogar mit einer jungen Dame aus dem Publikum, die nach den tollsten Kaprio- len fröhlich lächelnd aus der Kabine stieg. Dekan Ritters 'erster Flug Ein nicht minder mutiges Gegenstück lieferte Ehrendomherr Dekan Josef Ritter, der würdige, greise, aber noch rüstige Ehrenbürger von St. Johann, nach der Weihe des neuen Hoch- leistungsseglers „Blacky" vom Typ Ka 8. cer Flugzeughalle und dem Flugleitungs- gebäude. Er absolvierte mit seinen 82 Jahren den ersten Flug seines Lebens in einer Albus-Rundflugmaschine und entstieg ihr voll des Lobes über diese so unerwartet sanfte erschütterungs- freie Art der Fortbewegung. Die zwei Ehrenrunden über seinem Elternhaus Stallehen in Reith haben ihn besonders gefreut. Attraktion eines Kurgastes Sechsmal schlug Herr Erich Mül - ler, ü1- 1er, Köln, derzeit Kurgast in St. Jo- hann, mit seinem „Cerberus" tausende in Bann: sie ließen das Bier im Glas stehen, wenn dieser kleine „Höhen- hund" himmelwärts knatterte. Dieses Modelflugzeug mit 1,60 Meter Spann- weite, das zehnte in seiner Entwick- lungsreihe, tat es eigentlich in allen Figuren dem uralt-bewährten (seit den dreißiger Jahren) Bäcker-Jungmann mit dem großen Namensvetter an Bord gleich - ja sogar 200 Meter Rücken- flug in nur ein Meter Höhe über der Grasnarbe vollbrachte er exakt und selbstverständlich. Stets belohnte ihn auch begeisterter Beifall. Flugbahnhof St. Johann Im geräumigen modernen Fluggäste- raum der Albus drängten sich ständig die Anwärter für einen Rundflug zu 100 Schilling die Viertelstunde. So hat die erste St. Johanner Stewardeß rund 200 Passagiere in diesen zwei Tagen zum Flugzeug geleitet und alle kamen begeistert zurück. Wer es einmal aus- probiert hat, kommt zwangsläufig zum einhelligen Urteil der Experten und der Laien: die 650-Meter-Landebahn ist her- vorragend in Stand und praktisch er- schütterungsfrei. Charakteristisch für diese wendigen und sicheren Sport- und Reise - Kleinflugzeuge: lärmbelästigend werden sie nicht empfunden. Fallschirmsport in Tirol Großartiges leisteten die Fallschirm- springer: wiederholt ließen sie sich 500 bis 1000 Meter wie ein Stein aus dem Himmel fallen, um erst für die letzten paar hundert Meter den. Schirm zu öff- nen.. Bei ihnen geht es noch zu wie in den Pionierzeiten des Motorfluges: eine verschworene Kameradschaft; sie he- gen, pflegen und flicken ihr Fluggerät. an dem ihr Leben hängt, gewissenhaft und behutsam. Die stillen mutigen Män- ner von der Salzburger Rettungsflug- wache, Einsatzkameraden der alpinen Bergrettung, die da abseits im Gras hantierten, haben einen tiefen starken Eindruck hinterlassen. Sie haben im Juni mit ihrer Zweigstelle St. Johann erstmals den Fallschirmspringersport nach Tirol getragen und den Grund- stein zum ersten Tiroler Fallschirm- springerklub gelegt. Flugrettung und Bergrettung Leider brachte der sonst erfolgreiche und glanzvolle Flugtag dieses Problem seiner Lösung nicht näher, obwohl bal- digst die 'Fallschirmspringerschulung weitergeführt werden soll. Das ist sehr bedauerlich - auch im Interesse einer modernen Bergrettung, die ja in Kitz- bühel beispielgebend für den Alpen- raum ist. Ein Erfordernis übrigens für das führende alpine Wintersportzentrum! Noch weiter als die Salzburger Fall- schirmspringer ging der neugegründete St. Johanner Flugdienst, ebenfalls ein Salzburger Ableger: er hat St. Johann zum Heimathafen erkoren. Er liegt nicht nur günstig, sondern ist für Schlechtwettersituationen besonders ge- eignet und lebenswichtig für die Klein- flugzeuge. Damit erfüllt St. Johann eine wesentliche Funktion. Blacky war da! Es war offenbar eine allgemein emp- fundene kleine liebenswerte Sensation, als ein helles Wiehern vom Achen-' damm herüber ertönte. Blacky ist wie- der da! Das rabenschwarze inteh1igente Islandpony hatte schon im Ort die Seinihonser begrüßt und ließ sich ver- ständig von der Taufpatin zum neuer. leuchtend gelben Segelflugzeug führen. sah auf dessen Rumpfspitze sein Eben- bild und beschnupperte es interessiert und kameradschaftlich. Blacky wieherte stolz auf und stellte sich photogen den surrenden Kameras. Die alte Verbun- denheit zwischen dem Reitstahl Hans G r ü m m e r und dem Flugplatz St. Johann, die beide um die gleiche Zeit mit hart geprüftem Idealismus und Op- timismus den Start gewagt hatten, war originell dokumentiert. Es war auch eine liebenswerte Geste, als der würdi- ge Herr Dekan und die Taufpatin von einem schmucken Haflingergespann des Reitstahls mitten durch die Flugzeug- reihen zum Mikrophon geführt wur- den. Das Pferd hat unseren h&hstent-. wickelten Motoren den Maßstab der Leistungen gegeben. Und nie wird es überflüssig sein. 17 goldene Ehrenzeichen Die Ehrungen im Rahmen des Flug- tages zeigten die Verbundenheit der St. Johanner Flieger mit der Allgemein- heit. Das goldene Ehrenzeichen des Flie- gerklubs St. Johann erhielten der um den St. Johanner Flugsport verdiente Bürgermeister Georg 0 b e r 1 e i t n e r und seine Gattin An n a, die im vorigen Jahr Flugzeugtaufpatin war, der Ob- mann des Fremdenverkehrsverbandes Felix M ad 1, ein alter Flugpionier der dreißiger Jahre und ebenfalls unermüd- licher Förderer des Flugplatzes, Pfarrer Franz S c h 1 e f e r, Waidring, der 1961 den ersten finanziellen Grundstein leg- te, der Salzburger Fallschirmspringer- klub und Klaus H o t t e r, Rattenberg. der bekannte erfolgreiche Fallschirm- springer, Heinz M ü 11 e r, Vizepräsident des bayrischen Aeroclubs, die drei Pi- loten der Burdastaffel und ihr Boden- wart, Hans H e t z e n a u e r, Fluglehrer in Innsbruck, Erich M ü 11 e r, Köln, Mo- dellbauer, Kaspar R e lt e r, Eichenhof- bauer, Hans G r u b a u e r, Gemeinde- polier, Ernst L e e b, Zell am See, Vize- präsident des österr. Aeroclubs, Hans W o 1 f, Präsident des Salzburger Lan- desverbandes, und Ing. Helmut K a t- z e n b e r g e r, Präsident des Tiroler Landesverbandes. Ein verschworenes Team Die Leistungsfähigkeit, Organisations- tüchtigkeit und Zuverlässigkeit des St. Johanner Teams zeigte die vorbildliche
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