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Samstag, 17. September 1966 Kitzbüheler Anzeiger Seite 3 Baron Corl Menshengen 40 Jahre Kitzbüheler Wintersport und Fremdenverkehr Baron Carl Menshengen, der im kommenden Jänner sein 70. Lebensjahr erreicht, hat sein ganzes Leben dem Kitzbüheler Sportgeschehen und in noch größerem Maß dem Kitzbüheler Frem- denverkehr gedient. Baron Menshengen kam 1926 nach Kitzbühel, nachdem er schon viele Jah- re seinen Urlaub in unserem Städtchen verbrachte. Mit Kitzbühel verbanden Lin auch verwandtschaftliche Fäden: seine Eltern, Lothar Freiherr von Mens- hengen und Gräfin Cornelia Brunetti, wurden 1895 in der Schloßkapelle zu Kaps getraut. Das Geschlecht der Freiherrn von Menshengen kam zur Zeit der großen Türkenkriege (1683-1699) unter Kaiser Leopold I. aus der Kurpfalz nach Öster- reich. Das Stammhaus der Menshengen in Österreich wurde Schloß Ternberg bei Ternitz in Niederösterreich. Nach der Verehelichung der Eltern in der Kapser Schioßkapelle wurde der Vater zum 3. Kaiserjägerregiment nach Rovereto versetzt, wo Baron Karl Menshengen am 2. Jänner 1897 geboren wurde. Seine Großmutter Gräfin Bru- netti wie auch die Großmutter des Gra- fen Dr. Karl Lamberg waren Schwe- stern. Vor 40 Jahren rief ihn der Gründer und geschäftsführende Präsident des „Kitzbüheler Sport Klub" (auch Spor- ting Club genannt) Franz Graf Schlick in unsere Stadt und übertrug ihm orga- nisatorische Aufgaben des Klubs. Mens- hengen gab seinen bisherigen Beruf als Bankbeamter in Wien auf und verlegte seinen ständigen Wohnsitz nach Kitz- bühel. Kitzbühel wurde ihm die Wahl- heimat im ureigensten Sinne des Wor- tes. Seine Tätigkeit in Kitzbühel war schon von Anfang an vielseitig. Der damalige Kitzbüheler Sport Club war en Gäste Club und alle Vorhaben und Einrichtungen dienten der Betreuung dar Gäste, die überwiegend englischer Nationalität waren. Außer dem Touren- skilaaf, für den die bekannten Skifüh- rer Josef Friedensbacher, Sepp Filzer und Ferdl Maier gewonnen werden konnten, wurde noch Eislaufen, Eis- hckey und das in der angelsächsischen Welt beliebte „Curling" gepflegt. Der Club besaß im Thalerhaus (dem heuti- gen Kaminskyhaus) die erste Bar in Kitzbühel. Dem Club standen auch die. Eislauf- und Tennisplätze sowie die Sortgaststätte bei Schloß Kaps zur Verfügung. Die erste Aufgabe Menshengens war de Herausgabe und Redigierung eines umfangreichen Wintersportprospektes in englischer Sprache, für den auch Bil- der und Texte der vor dem ersten Welt- krieg durch Bürgermeister Franz Reisch herausgegebenen Kitzbüheler Werbe- broschüre Verwendung fanden. Mens- hengen betreute auch die Sportgast- stätte und im Sommer die Tennis- plätze bei Schloß Kaps, veranstaltete Turniere und organisierte mit zwei klei- nen Omnibussen, einem AFN - Zehn- sitzer und einem „Benz" mit 16 Sitzen. Rundfahrten. Im Jahre 1927 gründete der kürzlich verstorbene Alt - Bürgermeister Ernst Reisch die Skischule Kitzbühel und zog ebenfalls Baron Menshengen zu orga- nisatorischen Arbeiten heran. Konzes- sionsträger der Skischule waren damals Sepp Hellensteiner, Sepp Ritzer, Sieg- fried Faller und Jack Lackner. Später.: nach der „ersehnten" Fusion mit der Skischule Monitzer, kam noch Rudi Monitzer dazu. Es bildete sich mit Oberst a. D. Kahrer, dem damaligen Sekretär des Verkehrsvereins, dem Se- kretär des Wintersportvereins Haupt- mann a. D. Leopold Pischl und Baron Menshengen ein organisatorisches Dreigestirn, das sich in allen Belangen glänzend ergänzte. Zog Ernst Reisch unseren Jubilar zu Arbeiten in der Skischule heran, sa übte das gleiche der damals zum Ob- mann des Verkehrsvereins gewählte Rechtsanwalt Dr. Camillo. v. Buschman. Menshengen wurde die englische Kor- respondenz des Verkehrsvereins über- tragen, weiters die Ausarbeitung voi Prospekten und die Betreuung von Fresse- und Bildreportern. 1929 erfolgte durch den Verkehrs- verein der Bau der Burgstallschanze. Die damalige Situation im österr. Ski- verband, dem der Wintersportverein Kitzbühel (heute Kitzbüheler Skiklub) angehörte, stellte jedoch wegen des „Arierparagraphen" einen internationa- len Sportbetrieb auf dieser prächtigen Schanze in Frage. Im Verein mit an- deren Sportsmännern wurde als Ergän- zung zum „Oesterr. Skiverband" der „Allgemeine Oesterr. Skiverband" aus der Taufe gehoben. Im Verband des „Kitzbüheler Sportklubs" mit Präsident Graf Franz Schlick wurde eine eigene „Wintersportsektion" gegründet. Ob- mann des Wintersportvereins war Ernst Reisch und zum Obmann der neuen Wintersportsektion wurde der heutige Bürgermeister Hermann Reisch gewählt. Dieser verblieb beim „OeSV" und jener trat dem „AOeSV" bei. Ueber beide Verbände wurde ein Dachverband ge-v setzt, der dann den berüchtigten Na- men „Daches" erhielt, und der interna- tionale Sportbetrieb war gerettet. Wie „ungut" die damaligen Verbandsverhält- nisse waren, die aber von Kitzbühel aus noch gemeistert wurden, tritt in der Tatsache hervor, daß der Skiklub Arl- berg aus dem OeSV austrat und sich dem Deutschen Skiverband anschloß. Im Jahr 1930 legte Franz Graf Schlick seine Stelle als geschäftsführender Prä- sident des „Kitzbüheler Sport Clubs" nieder und übergab Baron Menshengen die Sportplätze und die Sportgaststät- te. Dieser Club hatte insbesondere wäh- rend des Sekretariats durch Baron Menshengen erfolgreiche propagandisti- sche Ideen verwirklicht, die heute noch in der älteren Generation der eng- lischen Sportler zugunsten des Kitz- büheler Winterfremdenverkehrs spür- bar sind. Auf den weisen Rat von Ernst Reisch und im Einvernehmen mit allen Stamm- skilehrern wurde Baron Menshengen die organisatorische Leitung der Ski- schule „Hellensteiner" übertragen. Mens- hengen gelang es, insbesondere durch seine eng gewordene Verbindung zu den britischen Wintersportgästen Kitz- bühels (welche er in den Jahren seiner Tätigkeit im „Sport Club Graf Schlick" gepflegt und weiter ausgebaut hatte), die damals an sich nicht sehr ski - schulfreudigen Engländer zum Großteil der Kitzbüheler Skischule als Kursteilnehmer zuzuführen und deren Frequenz von einem Jahr auf das an- dere um das Doppelte zu steigern. Also hatte das Wirken im damaligen Kitz- büheler Sports Club, seiner Gründer und des so erfolgreich für den Frem- denverkehr schaffenden Sekretärs Ba- ron Menshengen, die Tatsache mitschaf- fen geholfen, daß der Kitzbüheler Frem- denverkehr durch die „Tausendmark- Sperre" nicht zusammenbrach, sondern durch den englischen Gast einen wei- teren Aufschwung erlebte. Die will- kommene „Internationalisierung" des Kitzbüheler Winter - Fremdenverkehrs machte es erforderlich, entsprechend viele englisch und französisch spre- chende bzw. unterrichtende Skilehrer und Skiführer zur Verfügung zu haben. Unter den Skilehrern wurden Sprach- kurse abgehalten und darüber hinaus einige ortsfremde, aber sprachenkundi- ge Skilehrer herangezogen. Wenn heute jeder Kitzbüheler Skilehrer mindestens eine Fremdsprache beherrscht, andere Sogar zwei, drei vier Fremdsprachen, damals in den dreißiger Jahren wurde unter der organisatorischen Leitung von Baron Menshengen der Grundstein da- zu gelegt. Das Jahr 1935 brachte in zweifacher Hinsicht Marksteine. Den Besuch des Prinzen of Wale und den Zusammen- schluß der beiden Skischulen. Das er- folgreiche Wirken der Skischule Rudi Monitzer im Grandhotel bildete für die Skischule Kitzbühel eine starke Konkurrenz, welcher Umstand zu ei- ner sehr begrüßenswerten Leistungs- steigerung führte. Die einmal erwach- ten Einigungsbestrebungen schliefen je-
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