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Seite 2 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 22. Jänner 1966 Der Welt schnellste Skiläuferin stammt auch aus Kitzbiihel Unsere Christi Haus siegte wieder souvern im Grindeiweilder Abfahrtslauf Kitzbühel möchte sie auch wieder starten sehen Ein Rückblick, eine Würdigung und Anregung von Utto Eichhorn Wir gratulieren unserer Christi Haas zu ihrem überlegenen Sieg imAbfahrts- rennen in Grindelwald, Schweiz, am Freitag, 14. Jänner 1966. Sie verbesserte ihren eigenen Streckenrekord und saus- te bei 16 Grad Kälte mit durchschnitt- lich 63 Kilometern Stundengeschwin- digkeit fehlerlos, präzise und bomben- sicher durch die 33 Tore der fast zwei- einhalb Kilometer langen schwierigen Rennstrecke, die eher ein Riesentorlauf zu sein schien, als eine Abfahrt. Und das, obwohl sie, wie wir bestürzt er- leben mußten, zwei Tage zuvor mit voller Wucht beim dichtesten Nebel in einem niedrigen Nadelgehölz gelandet war - bei jenem unglückselig ausge- steckten, verflixten Tor 37, das auch vielen ihrer Gefährtinnen, darunter den besten, zum Verhängnis geworden war. (Ob Tore bei solcher Witterung so hals- brecherisch gesteckt sein müssen, sol- len, dürfen?) Aber auch dies Mißge- schick hat sie mit ihrem unverwüstli- chen Humor und ihrer unerhörten Zähigkeit überwunden - mit einem lachenden und einem tränenden Auge! Natürlich hat sie gewaltig auf die Zähne beißen müssen -‚ das ist sie gewohnt von so manchem Beinbruch! - und so war der Sieg erst recht eine enorme Leistung. Tapferes Mädl - Kitzbühel ist stolz auf dich und St. Johann - der ganze Bezirk! Das ist echter olympi- scher, sportlicher Geist in härtester Bewährung! Zimmermann (2,09,10) und gar 3,11 Se- kunden vor Traudl Hecher (2,11 ,01), die ja beide mit Christi in engster Tuch- fühlung als Weltelite der rasantesten jungen Damen stehen. Das war ja auch das Dreigestirn der Olympiade in Inns- bruck, wo Christi Haas außerdem den Ruhm des größten Zeitvorsprungs aller alpinen Skirennen auf sich lud. Nun, sie wird darunter nicht zusammen- brechen! Diesmal gab es dennoch eine Überraschung: aus dem sieggewohnten, weltberühmten olympischen Trio wurde ein österreichisches vierblättriges Klee- blatt: an die dritte Stelle hatte sich die 17jährige Kärntnerin Erika Schinegger aus St. Urban bei Feldkirchen mit 2.10,96 eingeschoben - ein weiterer Lichtblick für Österreich! Dann erst kam, als fünfte, die Schweizerin The- res Obrecht (2.11,04), danach die be- rühmten Französinnen Marielle Goit- schel (2.11,79) und Teraillon (2.11,87). Schon vier Jahre weltbeste Abfahrts- läuferin. läufig die abfahrtsschnellsten, rasante- sten Skiläufer ihres Geschlechts auf diesem rlaneten! Das Gegenteil wäre zu beweisen - siehe oben unter „Stati- stiken" - aber sonst Abfahrts-Saison- beste waren eben: Molterer und Schranz je zweimal und je einmal Pravda, Duvillard, Perillat, Zimmermann II. Bartels und Ludwig Leitner. Be' den Damen: je zweimal Berthod (1955/56), Marchelli (1957/58), Hecher (1960/61) und je einmal Mahringer (1954) und Netzer (1959) aber v i e r m a 1 Christi Haas. überragende Erscheinung . . ." So wird von Dr. Sepp Sulzberger Christi Haas als „überragende Erschei- nung" bestätigt (neben Manche Goit- schel im Riesenslalom und Slalom). Ähnliche Siege in Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften heftete 1948 bis 1952 nur Trude Jochurn-Beiser an Österreichs Fahnen. Und seit Hnter- seer und Hias Leitner 1960 in Squaw Valley hält Christi Haas allein auf weiter Flur an vorderster Spitze den Namen der Gamsstadt Kitzbühe vor aller Weit hoch (Chamonix 1962, Inns- bruck 1964). Heimat Leukental Wenn sie auch seit 1965 in St. Johann ihr Sportgeschäft hat und für den Skiklub St. Johann startet - was tuts? Das bleibt sich gleich - Kitzbühel und St. Johann gehören zusammen seit Jahrhunderten, wie Rathaus und Pfarrhaus, wie Bauer und Bäuerin, wenn sie auch mal einan- der „sekkieren". Es sind die beiden schicksalsverbundenen Angelpunkte, die Pole der uralten Talschaft Leukental zwischen Jochberg und Kössen. Sie leihen sich mal die Lehrer aus, mal die Bürgermeister, mal die Skiweltmei- ster. Und das ist gut so - des einen Stärke ist zugleich des anderen Vorteil. Gehört ihnen doch auch zusammen das Kitzbüheler Horn - es könnte gerade so gut Seinihonser Horn heißen! Kitzbühel möchte sie auch einmal starten sehen. Wir gratulieren der Christi - aber nie dürfen wir sie in Kitzbühel starten und durchs Ziel jagen sehen in ihrer einmalig perfekt ausgebildeten Focke, der Abfahrtshaltung, die nur den Aller- besten in schwierigstem Gelände vor- behalten bleibt (Prof. Franz Hoppich- 1er). Überhaupt kann man seit Jahren keinen Kitzbüheler aus der Wetelite mehr im Hahnenkammrennen sehen. keinen blonden und keinen schwarzen Blitz aus Kitz: keinen Pravda, keinen Sailer, keinen Molterer, keinen Hinter- seer, keinen Hias Leitner, keinen Fritz Huber. Was wäre der Welt Skilauf ohne sie? Könnte nicht endlich die FIS über ihren eigenen Schatten springen? Kann man sie ausschließen, wenn sie sich ganz dem Skilauf verschreiben? Ist denn das eine Sünde? Heute noch, wo Toleranz auf ganz anderen Gebieten Christi führt Österreichs siegreiches Kleeblatt an. Spaß beiseite - unter allen alpinen. ja unter allen Skilaufdisziplinen gilt die Abfahrt als die Krone, als die schwie- rigste, anstrengendste und wichtigste. Und da ist unsere Christi Haas aus der Gamsstadt die unbestrittene Königin. So war sie diesmal mit 2,07,09 Min. wieder einmal wie gewohnt souverän die Erste mit 1.2 Sekunden vor Edith Genug der Zahlen! Vor mir liegen ohnehin Weltranglisten und Bilanzen von der vergangenen Saison, den letz- ten 12 Jahren und seit 1931, offizielle und halboffizielle, vom Österr. Skiver- band, von Dr. Sulzberger und aus Salz- burg. Ich wollte wissen, schwarz auf weiß, welchen Rang nimmt Christi Haas in der Weltelite und im Kitzbühe- 1er‚.Weitmeisterklub" eigentlich ein? Statistiken beweisen bekanntlich alles Die schnelle Garns aus Kitz und obendrein jeweils das Gegenteil In ihrer originell bilderreichen Sprache davon. Aber wenn nicht alles trügt, würden die alten Griechen Dich etwa erreicht die sympathische, herzhaft la- genannt haben, „die hahnenkammgebo- chende Tirolerin Traudl Hecher seit rene", die Indianer vielleicht „die gern- 1960 „nach Punkten" Weltspitze und sensehnelle". Das hasenartige Haken- weist auch im Abfahrtslauf besten schlagen, die Stärke von Meister Lampe, Durchschnitt und höchste Saisonwer- dieses listige oder instinktiv - hilflose tung (für 1961) punktegleich mit Christl slalommäßige Zickzack Deines Namens- Haas (für 1965) auf, die aber nun schon vetters, das ist Dir offenbar nicht auf vier Jahre (1962 bis 1965) den ersten den Leib geschrieben! Das ist ja auch Platz im Abfahrtslauf innehat und da- nicht jedermanns Sache und in der Tat mit die bisher weltbeste Abfahrtsläufe- gekünstelt, gesucht, erdacht. Wie es die rin ist! konstruktioissüchtigen Bleichgesichter -. des 20. Jahrhunderts nun mal so gerne Wo rangiert Christi Haas in der haben - haben müssen. Das macht Weltelite? aber nichts Das hat ihr noch niemand vor- und noch niemand nachgemacht. Ihr großer Landsmann Toni Sauer, der das Zeug zum Weltbesten überhaupt in sich hat. der siebenfache Weltmeister und drei- fache Olympiasieger aus Kitzbühel, der leider aufgehört hat oder besser: auf- gehört wurde, aktiv zu sein, war drei- mal Abfahrts-Rangerster (1956 bis 198), während er in der Punkteliste an 10. Stelle geführt wird, Christi Haas an 7. Stelle. Damit wären die beiden Ski- Größen aus Kitzbühel zumindest vor-
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