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Samstag, 15. Oktober 1966 Kitzbüheler Anzeiger Seite 5 Nach nunmehr einjährigem Wirken in Mexico der beiden St.-Johanner Bild- hauerzwillinge Angelika und Barbara Müller, Absolventinnen der Akademie in Florenz (1965 mit Auszeichnung). Mitglieder der Akademie der Schönen Künste in Mexico und seit ihrer Mexicozeit begehrte Filmschauspielerin- nen und Modistinnen, Fernsehstars. Tiefseetaucherinnen und begabt und bewandert in den speziellen lateiname- rikanischen Sportarten wie Reiten, Pi- stoenschießen und im Stierkampf ist ein Zwischenbericht der Heimatzeitung von Interesse, nicht nur für die vielen Freunde und Bekannten, sondern auch für alle Landsleute, welche am Erfolg junger Menschen im Ausland ihre Freude haben. Die Eltern der Zwillinge, Hans und Ingrid Müller, nahmen heuer mit Freu- den die Einladung ihrer Töchter zu ei- nem einmonatigen Aufenthalt in Mexico entgegen und absolvierten diesen März- April auf Kosten der Töchter (ein- schJeßlich der Flugreisen). Die Eltern sollten selbst sehen und erleben, was wir geschafft haben und wie unsere Erfolge lauten, schrieben die Töchter. Und was die Eltern erlebten, war freu- denreich und wohltuend, obwohl viel- leicht nichts kritischer ist als das Auge des Vaters und das Herz der Mutter. wenn es sich um Lebenswerke der Kinder handelt. Vater und Mutter wa- ren beeindruckt und befriedigt. Nun er- schien vorige Woche die jüngere Zwil- lingstochter, Barbara, über Paris kommend, im Heimathaus und ver- weilte wenige Tage, um am 11. Oktober via Amsterdam—Montreal zur um we- nige Minuten älteren Schwester, An- gelika. n- geIika, zurückzukehren. Dar Beginn in Mexico war nicht ein- fach. Der Start begann in einem leeren Zimmer der City. Ihre Sprachkenntnisse in spanisch, Englisch und Italienisch, ihr Mut und nicht zuletzt beider Charme und die frappante Ähnlichkeit öffneten bei- den schon bald Tür und Tore - auch jene der mexikanischen Künstler- gewerkschaft, welche zu den strengsten der Welt gehören soll. Sie lernten auch die Kitzbüheler Familie Hansjörg K a- m in s k y kennen, der in Mexico als Leiter der weltbekannten Firma Agf a- Gaevert deren Interessen in ganz La- teinamerika vertritt und bei einem Be- such in Los Angeles im Hotel Hilton den St.-Johanner Georg H o c h ii 1 z e r. Sohn des Rangglerkönigs gleichen Na- mens, der es als Geschäftsführer eben- falls zu hohem Ansehen brachte. Ein. Vorteil war die Nationalität, denn in Mexico ist der deutsche Mensch ge- achtet und geschätzt und von diesen genießt der Österreicher noch den Vor- zug Kaiser Maximilian, der Bruder verbunden Erfolg zu Erfolg des österreichischen Kaisers Franz Jo- sef L, der vor hundert Jahren (1864- 1867) dem „Mexikanischen Abenteuer" zum Opfer fiel und am 19. Juni 1867 am Cerro de Campanero in Queretaro erschossen wurde, ist noch nicht ver- gessen; auch dessen Gemahlin nicht. die Kaiserin Charlotte, seit der Erschie- ßung ihres Gemahls geistesgestört. Es ist erstaunlich, wie tiefe Nachwirkun- gen Österreichs Geschichte auch in der heutigen Generation hinterläßt. Man sagt gerne, daß der heutige Mexikaner aus der Kaiserzeit Österreichs mehr weiß als der Österreicher selbst. Am Anfang standen Sport und Film Angelika und Barbara Müller wirkten schon in der Heimat in einem Film mit und zwar bei .‚Verliebt in Tirol" der Benesch-Filmproduktion. Damals wurden Aufnahmen aus der Gegend von St. Johann, Oberndorf und Kössen gemacht. Die erste Hauptrolle erhielt Barbara, die heute den Künstlernamen Barbara Angely führt, im Groß- film „Liebe in Wolken" in englisch und spanisch, dann im Film „Verbrecher geht an Bord" und nun im Filmwerk „Chanoc". In den ersten Rollen wurde die Sprache synchronisiert; im Film- werk „Chanoc" jedoch spricht Barbara frei spanisch. Dieser Umstand gibt Zeugnis von ihrem ungeheuren Fleiß im Erlernen einer Sprache und in der Kunst, diese wie Einheimische zu ge- brauchen. In ihrer Filmarbeit besitzen die Zwillinge, die in der Heimat lange Kniend: Angelika im Modei,Miram', Wolle, Stehend: Barbara im Model ‚Acapulco', Leinen Photo: Arnold Brehme, Mexiko den Namen „Müller-Babies" führten - heute sind sie dem Babyalter wohl entwachsen - in Lonka Becker, ei- ner geborenen Wienerin, eine interna- tional bekannte Managerin; Schauspiel- unterricht erteilte ihnen ein japani- scher Professor. Der Weg zum Großfilm führte eigent- lich über den Unterwassersport. Als Lehrer in der Tiefseetaucherei fanden die erfolgreichen Zwillinge keine Ge- ringeren als den mexikanischen Olympiaschwimmer Ramon B r a w 0 und den international bekannten Tief- seetaucher Alf•onso Arnold, einen Me- xikaner deutscher Herkunft, deren Re- korde bis zu 70 Meter und bis zu 120 Sekunden gehen. Barbara und Angelika bringen es schon auf 60 Sekunden und eine Tiefe von 20 Meter ohne Atem- gerät und nur mit Flossen, Brille und Gewichten ausgestattet. Der Golf von Mexiko ist neben dem Roten Meer das Paradies der Tiefseetaucher der Welt. Mit Ramon und Arnold wurden in der karibischen See versunkene Schiffe an- getaucht und auch eine Kirche, was das Aufsehen der Wissenschaftler und Historiker erregte. Den Tiefseetaucher fasziniert die Be- gegnung mit dem Hai, das ist in der ganzen Welt so. Daß aber diese Begeg- nung auch von jungen Mädchen ge- sucht und überstanden wird, ist eine Seltenheit. Im Album der Eltern in St. Johann befindet sich eine Photo- graphie, auf welcher Angelika mit ei- nem ausgewachsenen Hai zu sehen ist, photographiert von Barbara. Angelika hält den Haifisch an der Kiemenspalte. während das riesige aufgerissene Maul in die Linse des Photoapparates schaut. „Der Hai ist sehr sensibel, man kann ihn unter Wasser durch Schreien ver- jagen; er frißt in der Regel nur bei Nacht und bei Tag ist das Spiel mit dem Riesenfisch die Krone des Tief- seetauchers", erzählte Barbara. Man sagt dem Hai nach, daß er den Men- schen schon aus einer Entfernung von 3000 Meter annimmt. Gefährlich ist er jedoch nur bei Nacht sowie für Schwim- mer, die den Kopf über Wasser halten. Der Tiefseetaucher also verjagt den Hai oder er harpuniert ihn; letzteres ist wie die Gamsjagd im Gebirge, bringt Freude und Genugtuung, ist aber si- cherlich nicht jedermanns Sache. In den bereits gedrehten Filmen kommen auch Szenen mit Haifischen vor, Kampf der Mädchen mit jungen Stieren, Reiten und Schießen. Wer nicht reiten und nicht schießen kann, ist in Mexico nicht gesellschaftsfähig. Seit einiger Zeit gibt es in Mexico die Modefirma .‚Barbara-Angely", In- haber dieses Geschäftes sind unsere Zwillinge und als Chefschneider wirkt ein langjähriger Mitarbeiter von Dior. Malen, Zeichnen und Modellieren führte die Zwillinge zur Modekunst und auch hier mit Erfolg. Als Barbara auf den kurzen Europatrip nach Paris zu Trotz Ruhm und Erfolg der Heimat treu Angelika und Barbara Müller, St. Johann, in Mexiko von
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