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Samstag, 19. November 1966 K1t.bL4Wer Aiei1.r S.it S Zweiter Redewettbewerb der öJ8 in Kitzbu"hel In der letzten Ausgabe des „KA" druck- ten wir die Reden des Sechst- (Horst Wendung, 262 Punkte), des Fünft- (Ni- kolaus Christandl, 265 Punkte) und des Zweitplazierten (Peter Adler, 278 Punkte) ab. Die Reden wurden am Montag, 7. No- vember 1966 in der Kitzbüheler Handels- Österreich liegt im Herzen Europas und ist der Brückenkopf zwischen Ost und West. Im Osten hinter dem eiser- nen Vorhang liegen die kommunisti- schen Staaten unter dem Einfluß der Union der sozialistischen Sowjet-Repu- bliken, - im Westen liegen Staaten mit einem kapitalistischen Wirtschafts- system. Früher war Oesterreich eine Groß- macht; unter dem Regime der Habs- burger gehörten auch zahlreiche Völ- ker fremder Nationalität dazu. Darun- ter auch Staaten, die heute hinter dem „Eisernen Vorhang" liegen und dem Kommunismus russischer Prägung an- gehören - wie z. B. Ungarn und die Tschechoslowakei. Selbst ein Teil von Polen gehörte bis 1918 zur österreii- chisch-ungarischen Monarchie. - Die schönsten Bauten dieser Länder zeugen heute noch von der Kultur Oesterreichs. ach dem ersten Weltkrieg zerfiel dieses große Reich; Verluste, Hunger und das Unabhängigkeitsstreben der ni:htdeutschen Nationen führten 1918 zum Zusammenbruch. - Und mit diesem Zusammenbruch begann Oester- reichs Kampf um die Behauptung als selbständiger Staat, obzwar es vorerst wegen der großen Gebietsverluste nicht für lebensfähig gehalten wurde. Die provisorische Nationalversamm- lung vom Jahre 1918 erklärte Deutsch- Oesterreich zur Demokratischen Repu- bllk im Verband der deutschen Repu- blik, ein Plan, der durch die ableh- nende Haltung der Westmächte zum Scheitern verurteilt wurde. Im Frieden vcn Samt Germain mußte Österreich sehr demütigende Bedingungen annehmen. so die Gebietsverluste anerkennen, wo- bei der schmerzlichste Verlust für uns jener von Südtirol ist. Deutschösterreich wurde verpflichtet, sich unter dem Na- men Oesterreich als selbständiger Staat einzurichten und gab sich in der „Er- sten Republik" eine bundesstaatliche Verfassung. Die Selbständigkeit Österreichs dauer- te vorläufig nur rund zwanzig Jahre. Am 10. April 1938 wurde es von deutschen Truppen besetzt und dem Verband des Großdeutschen Reiches" einverleibt. Begünstigt wurde die Eingliederung in das Nationalsozialistische Reich durch die beträchtlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die für unser Land kammer vor einer zahlreichen OeVP- Prominenz gehalten. Heute veröffentlichen wir die drei rest- lichen Reden. (Die angegebenen Wer- tungspunkte wurden von den Kandidaten von 300 möglichen erreicht.) mit der Umstellung vom großräumi- gen Wirtschaftsgebiet der alten Mon- archie auf einen so kleinen Bundes- staat verbunden waren. Auch die Welt- wirtschaftskrise jener Jahre hat mit- gewirkt. Die. Zugehörigkeit zum „DrittenReich" dauerte aber nicht lange. Nach dem Sieg der Alliierten im 2. Weltkrieg konnte sich Oesterreich wieder selb- ständig machen und unternahm alles zu seiner politischen und wirtschaft- lichen Selbstbehauptung. Aus der kurz geschilderten Geschich- te Oesterreichs und seiner geographi- schen Lage erklärt sich seine Bestim- mung als Bindeglied zwischen Ost und West. Es suchte einen Weg, um dieser Rolle gerecht werden zu können, ohne seine Selbständigkeit zu verlieren. Die Lösung dieses Problems war die Neu- tralitätserklärung im Staatsvertrag am 15. Mai 1955, womit gleichzeitig die Besetzung des Landes durch die vier Siegermächte ihr lang herbeigesehntes Ende fand. Durch diese immerwährende Neutralität soll auch die Freiheit Öster- reichs garantiert werden. Mit Mühen und Opfern hat sich un- ser Land auf eine selbständige Wirt- schaft innerhalb seines kleinen Staates eingestellt, nimmt aber trotzdem an den europäischen Integrationsbestre- bungen der letzten Jahre teil. So ist es der „EFTA" beigetreten und bemüht sich, einen Weg in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zu finden. Die Aufnahme in die „EWG" birgt aber die ernstzunehmende Gefahr des Selb- ständigkeitverlustes, weil die EWG auch auf einen politischen Zusammenschluß hinzielt, der sich möglicherweise mit der österr. Neutralität nicht verträgt. Es ist zu hoffen, daß Oesterreich einen seiner Stellung in Europa und seiner Neutralität entsprechenden Weg finden wird. Dieser Weg soll es auch ermög- lichen, den mühsam angebahnten Han- del mit den Ostblockländern fortzuset- zen und auszubauen. Oesterreich beherbergt etwas mehr als 1 Prozent der Bevölkerung und nimmt etwas weniger als 1 Prozent der Oberfläche Europas ein. Als Macht- faktor wird es also nie in Betracht. kommen. Seine Bedeutung liegt in der Funktion als Kulturträger und auf dem Gebiet der Völkerverständigung, wozu es schon seiner Lage nach bestimmt ist. Oesterreich hat ein großes kulturel- les Erbe weiterzugeben. Auf dem Ge- biet der Musik ist es in den Salzbur- ger Festspielen zu internationalem An- sehen gelangt; ähnliches gilt von der Hauptstadt Wien auch auf den Gebie- ten des Theaters und der Wissenschaf- ten, insbesondere der Medizin. Dieser Funktion könnte Wien in noch weite- rem Maß gerecht werden, wenn die Absichten, es zur internationalen Kon- greßstadt auszubauen, möglichst bald verwirklicht werden könnten. Dabei ist Oesterreich in der Lage, beinahe auf allen kulturellen und wissenschaftlichen Gebieten nicht nur eine passive Gast- geberrolle zu spielen, sondern sich auch durch Mitarbeit seiner prominenten Staatsbürger aktiv an der Lösung aller aktuellen Fragen zu beteiligen. Es ist jedoch nötig, auch die Nachwuchsförde- rung an allen Schulen, insbesondere an Universitäten und Akademien, zu in- tensivieren. Denn auf den Schulternder jetzt studierenden Jugend wird die künftige Weltgeltung Oesterreichs ru- hen! - Oesterreich hat also als Kul- turvermittler auch in Zukunft eine be- deutsame Aufgabe zu erfüllen und wird diese Aufgabe nur lösen können, wenn es seine Unabhängigkeit und Selbstän- digkeit behält und sich die Initiative beim Ausbau aller Einrichtungen zu diesem Zweck nicht aus der Hand nehmen läßt! Osterreichs Zukunft in Europa Von Grete Rohn, Kitzböhel, Bundesgymnasium St. Johann (268 Punkte) Bildung hat Vorrang Von Hans Danzl, Hochfilzen, Bundesgymnasium St. Johann (270 Punkte) An den Anfang meines Referates dung muß gepaart sein mit dem guten möchte ich die Frage nach dem Wesen Charakter. Bildung soll das Ziel jeder der Bildung stellen. Der Satz „Bildung jAusbildung sein. Die Ausbildung ent- hat Vorrang" darf nicht gleichgestellt faltet im Menschen ein gewisses Kön- werden dem oft zitierten Slogan „Wis- nen, das ihn instandsetzt, bestimmte sen ist Macht". Bildung ist mehr als Funktionen in der Gesellschaft zu er- Wissen und Vielwisserei ein Feind der füllen. Wir unterscheiden zwischen der echten Bildung. Bloße Wissensanreiche- materialen Ausbildung, die konkretes rung nach soviel Können, alle Mei- Wissen und nur das vermittelt, und der sterung der Welt machen für sich allein formalen, von der wir verlangen, daß noch keine Bildung aus. Der Gebildete . sie Grundkraft um Menschen, Verstand. muß von seinem Wissen in seinen Wilogisches Denken, Urteilsfähigkeit und LN Grundbeziehungen, in seinem Grund- lständnis Geschmacksempfinden, technisches Ver- verhältnis zu Gott, Welt und Natur und sittliches Wollen so ent- geprägt worden sein. Echte, wahre Bil- "wickelt, daß sie Situationen, besonders
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