Kitzbüheler Anzeiger

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Photo Henni Anger--r, Kitzbühel Das berühmte Kupfer schmieddenkmal in Kitzbiihel Ein Kunstdenkmal ohne Beispiel in Nord- und Südtirol 1909 von der Außenseite der Pfarrkirche in das Innere übertragen. Sonderdruck Kitzbüheler Anzeiger: „75 Jahre Raiffeisen-Ekzirkkasse Kitzbih1" Samstag, 10. Dezember :96€ Seite 21 Kreditgeber zufiel. So waren auch hocheinträgliche Gülten sehr begehrt. Welches Geschäft Matthäus Kupfer- schmied als Bürger betrieb, daß er immer so bei flüssigem Geld stand, könnte vielleicht in einer oder der an- deren Urkunde zu erheben sein. Ein Störschneidermeister oder Schuster war er sicher nicht. Möglich immerhin, daß er anfänglich nur ein Kupferschmied war und Kupfergeschirr damals bei dem vielen vorhandenen Kupfer bei den besser situierten Leuten gute Nach- frage fand und auch Kupferhandel gu- ten Gewinn gab. Weiter stand ihm eine tüchtige Hausfrau, namens Martha geborene S a u r i n, zur Seite. Einer der späteren Kupferschmied scheint in einer Kirchpropstrechnung als Gerbereihausherr auf. Auch von den alten Gerbermeistern stiegen ei- nige zu relativem Reichtum auf, sofern sie vom Glück, Geschicklichkeit, Fleiß und mitunter rücksichtsloser geschäft- licher Routine begünstigt waren. Ist doch von einem Kaiser Rudolf be- kannt, daß ihm einmal ein schlichter Gerbermeister mit vergoldetem Ge- schirr Aufwartung machte, wo der Kaiser mit Staunen sagte: „Wahrlich, dies Handwerk mag einen goldenen Boden haben." So zirka stand damals die Lage für einen Bürger, um unter besonders allseitig günstigen Umstän- den zu einem rasch ansteigenden Reichtum zu gelangen, wie wir bei den Fuggern und Behaim in Augsburg noch viel glänzendere Beispiele haben. Nun sehen wir zu, wie Matthäus Kup- ferschmied weiter arbeitet. Am 17. Februar 1511, an montag nach sand Julientag der hl. Jungfrauen macht er einen Tausch mit Jakob L a c k n e r, der ihm gegen einem Fünftel des Gutes Ober lehen in Reith die Gülten auf dem Gut Hinter 1 eng-, au gibt. Siegler war wiederum Schaf- lüczel. Sicher mag nur ein Bruchteil seiner Handelschaften und Urkunden in das Stadtarchiv gelangt sein, alle übrigen Verzeichnisse gingen verloren. Im Jahre 1512 trat ein anderes von ihm noch entfernt erachtetes Ereignis ein, er stirbt eines jähen wenig vor- bereiteten Todes. Jung mag er gerade nicht mehr gewesen sein. Die lebende Nachkommenschaft bestand in einem Sohn Wolfgang, den Kindern eines schon verheirateten zweiten Sohnes Primus, der schon vor seinem Vater gestorben war, und der Witwe, Martha. Testament hatte Matthäus Kupfer- schmied nicht gemacht, Verfügungen über alle seine Besitzungen zu tref- fen, das hätte ihm auf seinem schwe- ren Krankenlager wohl zu viel Kopf- arbeit gegeben. Das, einzige, was er an- ordnete resp. auftrug, war die Stiftung einer täglichen Messe in der Andreas- kirche mit einem eigenen hiezu bestell- ten Benefiziatpriester, dessen Spezial- aufgabe in vielfältigem Gebiete zur Hilfe für seine Seele bestand. Unbedingt zu erwähnen ist der Dirch- schnittscharakter der Menschen jener Zeit, um gegenüber diesem :oten Kup- ferschmied zu keinem ungerechten ein-, seitigen Urteil zu geangen. Frcmm in einer einseitigen Form, besonders in ernster Tiefgläubigkeit, waren sie un- bedingt, setzten sie doch zu jedem Da- tum ihrer schriftlichen Verträge den Kalenderheiligen bei. Sie hatten schon viele Kenntnisse und Geschickhchkei- ten, im übrigen eine geringe Welt- und Menscheinsich:. Waren sie weniger ego- istisch, habsüchtig und unredbch? Pul- sierte in ihren Herzen mehr Nächsten- liebe und Barmherzigkeit als be ihren derzeitigen Sandesverwandtea? Nicht nur durchschnittLch, sondern bereits allgemein waren ihr Egoismus, ihre Habsucht noch weit größer als dese Eigenschaften heute vorliegen. Höch- stens in der Redlichkeit Iriochten sie in einigen 3elangen üaer sec. Mit- nichten, da etwa diese bösen Eigen- schaften mi: ihrer religiösen Auffas- sung zusammenhingen und etwa Schein- frömmigkeit vorlag. Dieselben gingen vielmehr, ja ausschiießlich aus ihrem noch näheren Naturzustand hervor. In seinem Naturzustand ist der Mensch ein vollständig rücksichtsioses Geschöpf gegen seine Jmwel;, nur die Mut-.er- liebe und der Famifiensinn machen da eine Ausnahme. Daher kennt der ri- mitive Naturmensch Nächstenliebe und Barmherzigkeit schon gar nicht er wird von manch edlem Tier übertroffen. übereinstimmend geben die Missionäre dieses Zeugnis über wide Völker ab. Welch brutale Formen kamen bis auf unsere Zeit bei der Abschlachtung der Tiere vor, keine Empfindung für die Leiden derselben. Sie waren grausam gegen einander im Krieg aus Prinzip, dazu stand eine grauenhaf:e Justiz- ordnung in Kraft und die blutigsten Marterbilder fanden kein inneres Ab- wenden. Das einzige wirksame Hemmnis um diese Eigenschaften mindestens halb- wegs zu bändigen war, diese Menschen immer auf das Sterben auf den Todes- kampf und das Jenseits hinzuweisen. Immer hing damals bei den ins Chri- stentum und in eine höhere Kultur einge:retenen Völkern dieses Faktum als eine eindringliche Mahnung an den Lebensabschluß vor dem geistigen Au- ge des reifer und verständiger gewor- denen Menschen. Und an sich war un- ser deutschsprechendes Volk immer- hin mit einem bedeutenden Quantum Germanenblut ausgestattet, das die Keime zu einer höheren Menschlich- keit, wenn auch noch schlummernd, in sich :rug. So hielten seion lange Hun- derte und Tausende ncch zu leidlich rüstiger Lebzeit eine forschende Ein- kehr bei sich selbst, ob sie all ihren zusammengerafften Besitz nur dem Glück, dem Zufall und eigenen guten Fähigkeiten verdanken, oder ob sich hiebe-' dunkle Partien einschoben, die mit dem Christentum hres Glaubens nicht harmonierten. En allen Fällen, allerdings weit mehr 1 im Letzteren, muß- ten sie es geraten finden, da sich von all ciiesen Gütern nichts mitnehmen läßt, schon bei Lebzeiten wenigstens einen Teil derselben christlichen Sinn- zwecken zu widmen. So entstanden Klöster, Kirchen, Spitäler, Schulen und die hiemit verbundene Armenpflege in einem zunehmend wei:er umschließen- den Maß. Und Arme ohne irgend einen sonstigen Anhalt im Leben, das waren schon im ganzen Mittelalter, wenn es auch keine Übervölkerung gab, reich- lich genig vorhanden. Der Begüterte, dem liese Einkehr in
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