Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 22 Samstag, 10. Dezember 1966 Sonderdruck Kitzbüheler Anzeiger: „75 Jahre Raiffeisen-Bezirkskasse Kitzbühel" der Zeit noch einiger eigener Schaf- fenskraft noch nicht gelang, wurde dann in übereilten Todesängsten unter Fieberschauern mehr oder weniger verfehlter Abschnitte seiner Lebens- tätigkeit gewahr, die nun umso dring- licher einen Ausgleich erforderten. Es galt nun, Versäumtes in letzter Stunde nachzuholen. So mochte es mit dem sterbenden Matthäus Kupferschmied gestanden sein. Obgleich die Zahl der Erben nach den Urkundenauszügen klein war, die Kinder des Sohnes Wolf- gang, wenn solche, wie sich aus der Denkmalerstellung schließen läßt, vor- handen waren, konnten wegen ihrer Jugend noch nichts dreinreden, der an- dere Sohn, Primus, lebte nicht mehr, für seine Kinder treten die bestellten Vormunde (Gerhaben genannt) auf, Tochter ist auszüglich keine erwähnt, nur die Witwe, Martha, scheint auch als maßgebend auf, scheinen doch schon schwere Differenzen infolge des Verhaltens der Frau, Martha, und des Sohnes Wolfgang vorgelegen zu sein. Die egoistische Tendenz des Vaters mag auch auf den Sohn übergegangen sein, umso mehr, als auch die Mutter derselben nicht fernstand. Als Hinterlassenschaft lagen auch mehrere Häuser im Burgfrieden Kitz- bühel vor. Erweislich ein paar größere Häuser in dern Ehrnbachgasse, eines im unteren Winkel der hinteren Zeile, das Doktor-Kaaserer-Haus oder Franz- Jenewein-Haus, weiters das Haus ne- ben der Spitaibrücke (Bäckerei Vittur). Als Gerhaben für die Kinder des ver- storbenen Primus waren die Bürger Hans T r o j e r und Sebastian G ö t sch, der nun wahrscheinlich auch Propst der Bamberger Abtei war, eingetreten. (Die ältesten Besitzungen des Bamber- ger Stiftes um Kitzbühel herum dürf- ten wohl nahe auf die Zeit des deut- schen Kaisers Heinrich Il. der Bayer zurückgehen, der um 1050 herum das Bistum Bamberg stiftete, waren um diese spätere Zeit herum aber nurmehr abgabenpflichtig.) Ob Wilhelm S all er in diesem Jahr 1513, als nun die Erb- schaftsverhandlung stattfand, noch Bür- germeister war, ist ungewiß, wenigstens scheint nichts auf, daß sich der Bür- germeister und Rat in diesen kompli- zierten Streit eingemengt hätten. Kleine Nachlaßabhandlungen wurden hingegen öfters beim Bürgermeisteramt berich- tigt. Aber auch der hiesige Stadt- und Landrichter wagte es nicht, hier eine Entscheidung oder einen Richterspruch zu treffen. Zur Erbschaftsabhandlung, die am mittichen vor sand Sebastiani- tag (19. Jänner) dieses Jahres zur Fer- tigung gelangte, wurden beigezogen: Zum Vorsitzenden der kaiserliche Rat Hans W a 1 c h, als verordneter kaiser- licher Kommissarius (Zeit Kaiser Ma- ximilian 1.), als Beisitzer Ruprecht Tr 1- g 1 e r, Landrichter zu Saalfelden, Hans Eichner, Landrichter zu Mittersill, Bartlmä Angst, Stadt- und Landrich- ter zu Rattenberg. Als weiterer Beisit- zer und Sachverständiger ein gewisser Sebastian U n g k n er aus Mittersill und die zwei Gerhaben. Trotzdem wurde noch die oberösterreichische Regierung (Länder ob der Enns) benötigt, am Ui- richstag des heiligen Bischof (12.April) hernach eine Schiußentscheidung zu treffen. Hierauf begannen die Zueignungen an die gesonderten Erben. So eignet und freit unter anderen, datiert aus Vorchtenegkh am 6. Juli 1513 Sigmund von Layming, den Kindern des Pri- mus die bisher lehnbare Gülte auf dem Gut Unterrettenbach (Kirchberg) und am 8. August dem Wolfgang Kupferschmied die Gült auf dem Senghofergut zu Lau- terbach. Am 22. Juli 1515 (an Finz- tag sang Maria Magdalenstag) verkauf- ten die Gerhaben im Namen ihrer Mün- del das angeführte Haus neben der Spitaibrücke, worauf dann etwas spä- ter an die 200 Jahre die Pfnittbäck- bürger saßen und das zitierte Haus im untern Hinterwinkel der Stadt. Im Jahre 1516 scheinen Christian und Mar- greth Kupferschmied in einem in der Ehrenbachgasse gelegenen Hausbesitz auf, unsicher, ob Kinder der zitierten Brüder oder einer nahen Vetternschaft. Am 26. April 1518 ereierien (stiften) die Gerhaben Hans Trojer und Se- bast Götsch, der wenigstens seit dem Vorjahr die angeführte Propststelle nicht mehr bekleidet, da auf diesem Posten Matthias Kamt z 1 e r aufscheint, die von Matthäus Kupferschmied und seiner Ehegesponsin Martha angeord- nete tägliche Messe beim Anna-Altar der Andreaskirche. Dieser Stiftungs- urkunde wurden fünf Siegel beigesetzt. erstens die zwei Gerhaben, dann Dok- tor Erl b a c h, weiters lig Fr o n h e y- m e r von Malching, damals Pfleger in Kitzbühel und Antoni Stoß. Tags dar- auf verpflichteten sich der Bürgermei- ster und Rat im Namen der Stadt für die getreuliche Inhaltung der Stiftung. Und am 6. August verkauft Gre- gor Salier, kaiserlicher Münzschreiber zu Hall (etwa wohl ein Bruder, Sohn oder Brudersohn vom ehemaligen Bür- germeister, der die Barbara T r o j e- rin zur Frau genommen), den zitier- ten Gerhaben sein Haus in der mittle- ren Zeile zur Wohnung für den Bene- fiziaten der Kupferschmiedstiftung. (Heute Restaurant „Glockenspiel" des Max Werner jun.) Da das kleine Haus hinter der Katharinenkirche resp. ne- ben dem Finanzamtsgebäude frühzeitig einmal der Katharinenkirche zugewie- sen erscheint und hiezu doch etwa ein kleineres in Betracht kommen möchte. so könnte etwa wohl auch beim Schnei- dermeister G r a ß m an n oder vis-a-vis bei Goldschmied B e r an e k zu suchen sein. Diese letztere Hauskaufurkunde siegelten der Verkäufer Gregor 5 al- 1 e r und Christof St o c k er, Bürger zu Hall. Zwei Jahre darauf (1520) scheint auch das Grabdenkmal fertiggestellt worden zu sein. Ob zu demselben nur die Erben dieses Matthäus beigetragen haben oder auch übrige Verwandte, dies bedürfte noch weiterer Klärung, ebenso ob mit den dargestellten Personen nur die Zahl dieser Erben inbegriffen ist. Die Kosten des Erbausgleichs, der Stiftung und des. Grabdenkmals mögen groß gewesen sein, doch brachten die Gerhaben noch soviel Bargeld zusammen, um für die Kinder des Primus Kupferschmied am Montag vor Urbani (21. Mai) 1520 aber- mals auf der Hirschlmühle eine Gülte zu kaufen. Diese Mühle stand auf dem Platz der heutigen Tief enbrunnermühle. Ums Jahr 1460 wird auf diesem Sitz urkundlich ein Heinrich H jr c h 1 an- geführt, der eben gestorben war, wel- cher auch das alte anbeistehende Haus inne hatte, das aber die Gerhaben ver- kaufen mußten wegen der vielen vor- handenen Kinder. An die 250 Jahre her- nach wurde sie immer noch „Hirschl- mühle" benannt. Ebenfalls ein Beweis für das Alter der Mühle im Gries. Bald hernach, als die Gerhaben zu- rücktraten und die Kinder beider Brü- der selbständig wurden, trat eher das umgekehrte Verhältnis ein. Schon im Jahre 1532 veräußert ein junger Mat- thäus Kupferschmied dem Bäcker ne- ben dem Spital Wolfgang P u c h er eine Gülte, sichert sich aber für sich und seine Nachkommen das ewige Wieder- losungsrecht, wohl in der Hoffnung auf bessere Zeiten. Somit war er bereits selbst in Tributpflichtigkeitsgefahr. An- sonst, besonders bei der Bauernschaft. wurde dieses Recht selten zugesagt. Da mußte Last vielmehr Last bleiben für ewig. Auch stellte man sich das Wort für die kommende Zeit allzu leicht vor. Die hintenliegende Arbeit ergab so ge- ringe Änderungen an Geldwert, außer in Mißjahren und ebenso langsam än- derten sich die Besitzformen, daß man mit einem ewigen Weiterbestand des Vorliegenden rechnete. Man übersah auch in bürgerlichen Kreisen, daß eben Amerika entdeckt wurde und eine neue Periode der kapitalisti- schen Wirtschaftsform in Anmarsch stand. Zwar wurden die nächsten Jah- re nach dieser Erbschaftsverhandlung alsbald äußerst stürmisch. Gute Han- delsgeschäfte waren weit weniger zu erlangen, es kam viel Tätigkeit zum Stillstand. Da kamen furchtbare Bau- ernaufstände und im gleichen wurden weit umher die Bergarbeiter rebellisch. Neben dem Adeligen standen auch die Bürger den Bauern und Knappen ge- genüber. Schon im Jahre 1420 verbanden sich in Oberbayern, zu dem auch die Herr- schaft Kitzbühel zuzählte, Grafen, Rit- ter, Freie und deren Knechte, Städte und Märkte zum Schutz ihrer Rechte einerseits gegen die tYbergewalt der Kaiser und Herzoge, noch mehr aber gegen das Bauernvolk, das bereits sehr
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