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Seite 2 Kitzbüheler Anzeiger Snstag, 25. März 1967 •• 1 gezollt Die Festansprache von Dr Wid- Die Jungbürger fe ier in Kitzbu "o hel moser und die Worte des Jungbürgers Am Sonntag, 19. März 1967 fand, wie bereits berichtet, in der mit Fahnen geschmückten „Tenne" Guido Reisch die Jungbürgerfeier für die Jahrgänge 1945 und 1946 statt. Von den 153 Jungbürgerinnen nah- men 50 und von den 132 Jungbürgern 68 an der Feier teil. Die teilnehmenden jungen Mitbürger brauchten ihr Kom- men nicht zu bereuen. Es war sehr feierlich und die Mitwirkung der Stadt- musik unter Stadtkapellmeister Sepp Gast ei g er gab dem Tag die ge- wünschte Note. Bürgermeister Her- mann Reis c h konnte als Ehrengäste Bezirkshauptmann Hofrat Dr. Hans v. Trentinaglia, Träger des Goldenen Ehrenringes der Stadt Kitzbühel, wei- ters Landesoberarchivar Dr. Eduard Widmoser als Festredner, Bezirks- schulinspektor Walter B o dn er und sämtliche Direktoren der Kitzbüheler Schulen begrüßen. Vom Gemeinderat nahmen Vizebürgermeister Gebhart Härting und Peter Sieberer, Stadt- rat Christian E g g er und die Ge- meinderäte Hans Brettauer, Lud- wig Pfurtscheller, Karl Grill- mann, Josef Foidl, Josef Ober- hauser und Hans Egger teil. Auch eine Reihe von Eltern waren anwesend und folgten dem Festgeschehen mit großem Interesse. Der besondere Gruß des Bürgermeisters galt den anwesen- den Jungbürgerinnen und Jungbürgern sowie der Stadtmusik. In einer kurzen Ansprache erinnerte der Bürgermeister die jungen Mitbürger, daß sie nun voll- berechtigte Bürger geworden sind, daß sie nun mitmischen können in der Poli- tik des Landes und der Gemeinde. Sie sollen sich dieser Aufgabe voll bewußt AUTO-PLETZER GOING TEL. 05358/28101 - sein, denn an den jungen Menschen liegt es, die Zukunkt zu gestalten. Nach dem alten Sprichwort: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott" soll die Selbst- hilfe nicht zu kurz kommen und im guten Sinne für die Allgemeinheit ein- gesetzt werden. Die Pflicht, bereit zu sein, für die Allgemeinheit etwas zu tun, soll niemand versäumen, um im Alter sagen zu können, auch etwas für die Heimatstadt geleistet zu haben. Die Stadtmusik leitete die Feier mit dem „Präludium" von Sepp Tanzer ein. Der Höhepunkt der musikalischen Aufführungen war dann die „Berg- Isel-Fanfare" vom gleichen Komponi- sten. Musikalisch wurde die Feier mit der Intonierung der Landeshymne und der Bundeshymne geschlossen. Aufmerksam wurde die Festrede von Dr. Widmoser aufgenommen. Nicht nur die Jungbürger, auch die Ehrengäste, die Eltern und auch die Mitglieder der Stadtmusik waren von den machtvollen Worten dieses Mannes, der durch die Uebertragung der Schriftleitung über dia Kitzbüheler Stadtbücher zur Sie- benhundertjahrfeier unserer Stadt im Jahre 1971 noch großes zu leisten hat und leisten wird. Die Worte des Jungbürgers sprach stud. jur. Stefan V a r g h a, der dem ersten Maturajahrgang des Bundes- gymnasiums in St. Johann angehört und seinem Jahrgang als Klassenspre- cher vorstand. Auch ihm wurde Beifall Sehr geehrter Herr Bezirkshaupt- mann, sehr geehrter Herr Bürgermei- ster, sehr geehrte Frauen und Männer, liebe junge Freunde! Oft schon habe ich mir Gedanken ge- macht, was junge Menschen, die zur Jungbürgerfeier geladen werden, sich dabei denken und vorstellen. Ein glücklicher Umstand befriedigte meine Neugierde. Ich konnte eine Gruppe junger Men- schen belauschen, die gerade auf dem Wege zu einer Jungbürgerfeier waren. Was bekam ich da zu hören? Was werden die uns für einen Zauber vor- machen, hörte ich den einen. Heute sind wir wer, heute sind wir der Mittelpunkt, heute werden wir gefeiert, vernahm ich den anderen. Die werden uns wieder schöne Reden halten, so von unseren großen Pflichten, wenn's gut geht, auch ein wenig von unseren Rechten, sagte wieder ein anderer. Und noch einige solche und ähnliche Aeuße- rungen, es waren auch wenig schmei- chelhafte darunter, könnte ich an- führen. Ehrlich gestanden, ich war darüber nicht gerade erbaut und ich war auch schon bald geneigt, das bekannte Urteil abzugeben: „So ist die heutige Jugend!" Doch da hörte ich das einzige Mäd- chen in dieser Gruppe sagen: „Was redet ihr für ein dummes Zeug zu- sammen, ich müßte mich geradezu schämen, wenn uns jemand zuhörte. Was mich anbelangt, so muß ich sa- gen, daß ich mich auf die Jungbürger- feier freue, weil wir gewissermaßen staatlich gefirmt werden." Wie ich nicht erbaut war, was ich zuerst zu hören bekam, so war ich jetzt auf die Worte des Mädchens hin nun mehr als erstaunt. Noch erstaunter war ich, als ich sah, daß die Burschen darauf nicht das bekannte mitleidige Lächeln aufsetzten und dumme Witze mach- ten, sondern zunächst schwiegen und dann ihre Zustimmung auf diese oder ululgeiL wir an weser Steile voinnnan- lich. Mit Handschlag nahm der Bürger- meister das Gelöbnis der Jungbürge- rinnen und Jungbürger entgegen und händigte jedem Anwesenden das schö- ne Tiroler Jungbürgerbuch aus und schloß die offizielle Feier mit einer Einladung zum Frühschoppen. Er sprach auch seinem Bruder Herrn Ho- telier Guido Reisch den Dank aus für die Ueberlassung der „Tenne", wodurch es einem größeren Kreis möglich wur- de, an dieser schönen Feier teilnehmen zu können. jene Form zum Ausdruck brachten. Je länger ich über diese Worte nach- dachte, um so mehr verflog mein Urteil über die heutige Jugend, das sich in meinen Kopf bald eingenistet hätte. Dafür machte ein anderes Urteil Platz, das lautet: „Unsere heutige Jugend ist in Ordnung"! Denn die Aussage des Mädchens - wir werden gewisser- maßen staatlich gefirmt - traf und trifft den Sinn und Zweck der Jung- bürgerfeier haargenau auf den Kopf. In der Tat ist die Jungbürgerfeier der Ritterschlag für die Gemeinschaft, für die Gemeinde, für das Land, für den Staat. Besser ausgedrückt: Sie ist der Ritterschlag für Kitzbühel, Tirol und Oesterreich! Ihr, meine lieben jungen Freunde, die ihr nun mündig und vollwertige und vollberechtigte und vollverpflichtete Bürger eurer Vaterstadt Kitzbühel, eures Heimat- landes Tirol, eures Vaterlandes Oester- reich geworden seid, sollt nun Ritter ohne Furcht und Tadel sein im Dienste der Gemeinschaft, in die ihr hineinge- boren seid. Ihr werdet euch nun denken, was soll dieser Vergleich, der mehr als hinkt. In der heutigen Zeit haben doch solche Vergleiche keinen Sinn und Wert mehr. Ist dieser Vergleich mit dem Rittertum wirklich so abwegig? Ich glaube nicht, denn was zeichnete im Mittelalter den Ritter aus? Er war edel, hilfreich und gut. Er war ein Kämpfer für die gute und gerechte Sache. Er beschirmte den Schwachen und schützte den Armen. Er war treu und aufrecht, sittsam und fromm. Er war der Hüter der heiligsten Güter der Religion und der Heimat. Sind diese Tugenden heute unmo- dern, nicht mehr gefragt? Ich wage es zu behaupten, daß sie gerade heute in unserer modernen Zeit noch nötiger sind. Ich getraue mich, weiter zu be- haupten. daß der Großteil unserer Ju- gend, von den unrühmlichen Ausnah- men wollen wir gar nicht sprechen, In eurer Hand ist Kitzbühel, ist Tirol, ist Österreich Festansprache von Landesoberarchivar Dr. Eduard Widmoser bei der Jungbürgerfeier in Kitzbühel
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