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k 4 &Ü DIE NEUE MODE Sie bringt uns ein wahres Feuerwerk von neuen Ideen, sie bringt uns Farben wie von der Palette. Wir zeigen Neuheiten von internationalem Chic. Modisch führend Ihr Seite 4 kitzbüheler Anzeiger Samstag, 25. März 1967 Vergangenheit durch seine Hauptstadt. Zu diesem großen Ereignis waren auch Weischtiroler aus dem heutigen Tren- tino geladen. Ich hatte die Ehre, die 250 Männer, Frauen, Burschen und Mädchen aus allen Tälern und Orten Weischtirols zu betreuen. Am Vorabend des 13. September ver- sammelten wir uns am Bergisel. Die erste Tat, die diese Welsehtiroler setz- ten. war: Trentiner Heimaterde auf das Ehrengrab der Tiroler Kaiserjäger zu streuen. Danach begaben wir uns zum Denkmal Andreas Hofers. Und was mußte ich da erleben? Die Weischtiroler Freunde knieten sich nie- der und küßten den Sockel des Denk- mals. Niemand machte eine Ausnahme, auch die Burschen und Mädchen nicht. Manchen von uns wird diese Geste vielleicht lächerlich vorkommen. Aber da gab es nichts zu lachen und zu lätheln. Zu tief war der Ernst, der in dieser Geste stand. Danach versammelten wir uns in der Kapelle Unserer Hohen Frau von Tirol, in diesem weihevollen Raum im Ge- bäude des Kaiserjägermuseums, der die Heldenbücher der gefallenen Söhne Tirols birgt. Und was sich da nun er- eignet, ist kaum zu beschreiben, wer es nicht selbst erlebt hat. Nach einem schönen italienischen Marienlied be- gann ein Schluchzen und Weinen, das sich immer mehr steigerte, beson- ders dann, als ich die Heldenbücher der Gemeinden Welsehtirols aufschla- gen ließ, die die Namen ihrer Ge- fallenen des Ersten Weltkrieges ent- halten. Ich gestehe es freimütig, ich mußte selbst mit den Tränen kämpfen. so packte es einen. Es war so, als ob alle alten Er- innerungen an unsere Lieben, die schon längst nicht mehr unter uns wei- len, wieder lebendig werden. Ich spür- te, wie die gemeinsame Geschichte. die wir im alten Tirol miteinander er- lebt haben, die schon vernarbt geglaub- ten Wunden wieder aufriß. Da wurde mir in einer Weise bewußt, was Ge- schichte und Vergangenheit bedeutet. welche Kraft in ihnen wohnt, was es bedeutet, ein gemeinsames Vater- haus, das man sich in den vielen Jahr- hunderten eingerichtet hatte, zu verlie- ren. Niemand kann seiner Geschichte entrinnen, sie packt ihn und zerrt ihn. Wir müssen ihr folgen, ob wir wollen oder nicht. Mit stählernen Ketten sind wir an sie gefesselt. Ein großer Lorbeerkranz mit einer Schleife, auf der in italienischer und deutscher Sprache die Worte standen „In jahrhundertelanger Verbunden- heit", niedergelegt am Grabmal Andreas Hofers in der Hofkirche zu Innsbruck, war das äußere Zeichen dafür und gleichzeitig der innere Ausdruck einer geschichtsbewußten Haltung. Ausdruck solch tiefer inneren Hal- tung ist auch folgende Begebenheit, die sich in den grauen, trostlosen Novem- bertagen des Jahres 1919 ereignete. Die im Felde ungeschlagenen österreichi- schen Soldaten kehrten heim in ein geschlagenes, zerstückeltes Vaterland oder wanderten in die traurige Gefan- genschaft. Auf den Meeren, die einst die stolze kaiserliche Kriegsmarinne durchkreuzten, wurde die ruhmreiche österreichische Kriegsflagge eingeholt, bevor die Schiffe dem Feinde über- geben werden mußten. Ein junger Matrose konnte sich von der Flagge seines Schiffes nicht trennen. So wickelte er sich das geliebte Tuch um seinen bloßen Körper und ging so von Bord. Wohl gebrochenen Herzens, aber im hehren Gefühl, die Fahne Österreichs, die Farben rot-weiß-rot aus der Ge- schichte in die neue Zukunft gerettet zu haben. Das Bild dieses Matrosen eures Al- ters, meine lieben jungen Freunde, scheint mir so recht das Sinnbild zu sein für eure Aufgabe, eure Pflicht. Ihr müßt die geschichtsträchtige Vergan- genheit hinüberretten in die Zukunft, damit der Faden, gesponnen aus den Werken eurer Väter, Großväter, Ur- großvater und Ahnen, nicht abreißt. Ihr seid die Bannerträger Geschichte gewordener Formen in neuem Gewan- de. Und eure Leitlinie und Leitschiene ist all das, was ihr mit euren Augen schaut und mit eurem Herzen erfühlt an Edlem und Schönem dieser unserer Heimat. Jeder Stein unserer Vaterstadt und unseres Heimatlandes spricht eine deutliche Sprache, gibt das Signal, wenn wir Gefahr laufen, in die Irre zu gehen. Jedes Haus in dieser Stadt und jeder Bauernhof in dieser unserer Gemeinde sind ein Stück eigenerlebter Geschichte, jede Kirche, jede Kapelle, jeder Bildstock, jedes Kreuz sprechen Worte der Mahnung. Jeder Acker, jede Wiese, jeder Wald, jeder Baum, jeder Hain, jede Blume sind ein hohes Lied und ein Preisgesang der Arbeit der Vergangenheit. Das Land und das gan- ze Volk sind eine Persönlichkeit, die geformt wurde und gewachsen ist in den Tagen des Sonnenscheines und des Sturmes im Wellengang der Ge- schichte. Unsere Sprache, unser Lied, unsere Musik, unsere Tracht, un- ser Brauchtum schöpfen aus dem tie- fen Brunnen, der Glaube, Heimat, Volk heißt und der niemals versiegen darf und versiegen wird, wenn ihr, meine lieben jungen Freunde, die Quellen nicht vergrämt, die diesen Brunnen stets mit frischem Bergwasser füllen. Und dieses klare Wasser müßt ihr hüten wie euer Auge, damit nicht ein Bild im grauen Nebel zerfließt. Dieses Bild heißt Heilige Nacht in Kitzbühel. Weiß schimmert Berg und Tal und es glitzern die Sterne am dunklen Firmament. Du stehst drüben am Sonn- berg und blickst hin zum Städt- lein, das da liegt wie der Berg einer Tiroler Krippe. Du schaust und lauschst. Stille umfängt dich und die Geister der Vergangenheit ziehen an dir vorbei und über die weißen Dächer der Stadt. Zeitlos wirst du, Vergangenheit, Ge- genwart und Zukunft fließen in einen Punkt zusammen. Deine Gedanken sind es, die alles Zeitliche auflösen, die Gedanken, die immer mehr in das trau- liche, heimelige Bild der milden Lich- ter, die aus den Häusern schimmern, versinken. Deine Augen wandern zum Friedhof, wo hunderte von Lichtern auf den Gräbern unserer Toten flak- kern und deren Seelen rufen. Dir wird so eigenartig warm ums Herz, obwohl die Kälte an deinem Körper zehrt. Und dann fangen auf einmal die Glocken zu • schwingen an und bald darauf tönt ihr herrlicher, majestäti- scher Klang hinein in die Stadt und hinaus aufs Land. Und deine Seele schwingt mit und dein Sehnen und Wollen, dein ganzes Sein und Dasein vermischt sich mit den Tönen, die ihre Wellen über unser Städtlein schik- ken. Da jubelt dein Herz auf, alles Schwere fälltvon dir ab und du möch- test die ganze Stadt, das ganze Land um ihr, die Heimat und all die Men- schen darin in dein Ich umschließen, mit 'deinen Armen umfangen und nicht mehr loslassen. So wunderschön, so herrlich, so heilig ist dieses kleine Fleckchen Erde, das uns der Schöpfer wie seinen Sohn in dieser Heiligen Nacht geschenkt. Und du betest: „Herr- gott, segne und schütze die Stadt, da- mit es immer Heilige Nacht in Kitz- bühel bleibe. Dieses von unserer Ge- schichte gezeichnete Bild niemals ver- gehe!
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