Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Seite 4 Kätzbtholer Anzeiger Samstag, 20. Mai 1967 Die Komponistin Maria Hofer vulgo „Glockenmoid" Wir setzen die Berichtsreihe „Kom- ponisten aus Kitzbühel" mit Maria Ho- fer fort. Frau Maria Hofer war noch zu Lebzeiten von Anton Rothbacher auf der Orgel der Stadtpfarrkirche, die damals noch nicht umgebaut war. (Re- novierung der Orgel 1942.) Sie bezeich- nete Rothbacher, der sich bei ihr gerne Rat holte, als tüchtigen Organisten. Maria Hofer wurde am 6. Juli 1894 in Amstetten geboren. Ihr Vater, Mi- chael Hofer, war Regierungsbeamter und mit Albertine geb. Lindemann ver- ehelicht. Schon in ihrer Jugend äußer- te sich ihre musikalische Begabung und so setzten ihre Eltern alles daran, ihr eine gediegene Ausbildung zu geben. Von ihrem 8. Lebensjahr an wirkte sie in Hauskonzerten sowie auf Kir- chenorgeln tapfer mit. Mit zehn Ja- ren leistete sie bereits einen selbständi- gen Orgel-Kirchendienst in Raach bei Gloggnitz, wo ihre Eltern den Som- merurlaub verbrachten. Die Grundhaltung ihrer Ausbildung war durch die Ideologien ihrer Musik- professoren E. Ludwig und H. Gräde- ner (Theorie) sehr beeinflußt. Im Jah- re 1912 konnte sie die Aufnahmsprü- fung in die damalige k. k. Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien mit vorzüglichem Erfolg ablegen. Sie ließ sich auch in dem zweijährigen Lehrerbildungskurs immatrikulieren, er- hielt aber schon nach dem ersten Jahr das Abgangszeugnis. Beim Ausbruch des 1. Weltkriegs war sie in Wien, zeitweise auch in Budapest, als Mu- siklehrerin tätig. Der Wiener Domorganist Boschetti verschaffte ihr in St. Stephan zu Wien Aushilfsdienste. Er weihte sie auch in die Geheimnisse des freien Improvi- sierens ein. In dieser Zeit begann sie Orgelmusik zu komponieren. Dom- kapellmeister Weirich führte öfters kleine Hochamtsproprien von ihr auf. Auch durfte sie hie und da Orgelvor führungen geben. Dadurch konnte sie sich einen guten Namen schaffen, der ihr bei den nachfolgenden Klavierkon- zerten sehr zum Nutzen war. 1917 wandte sie sich neuerdings dem Akademiestudium zu. Sie war ein Jahr Orgelschülerin von Prof. R. Dittrich. Bei A. Schönberg ließ sie ihre Kompo- sitionen kontrollieren sowie das Impro- visieren am Klavier. Sie unterrichtete wieder sehr intensiv und gab Vorträge und Konzerte. In den Jahren 1922 und 1923 unter- nahm sie eine ausgedehnte Konzert- reise nach Schweden, Dänemark und Norwegen. In Dänemark wurde der bekannte Komponist P. v. Kleuser auf sie aufmerksam. Er stellte die Ver- bindung mit dem Wiener Musikverlag „Universal-Edition" her. Der Gründer dieses Weltverlages engagierte Maria Hofer als Lektor für Orgelmusik und in dieser Stellung arbeitete sie mit K. v. Wöss zusammen. Die künstlerisch anregende Wirkung dieses Musikverla- ges war ihr von großem Nutzen. Maria Hofer kam in Verbindung mit Ravel, Zemli.nski, Milhaud, Bartok, Kodaly, Casella Alma Mahler, Werfel, St. Zweig, G. Rendi u. a. Durch den Verlag gefördert machte sie neuerdings ausgedehnte Auslands- reisen. Die guten Orgeln der Welt wur- den ihr ein Hort allimponierender Gei- stigkeit; sie konnte auf ihnen spielen und ihr Können vertiefen. Nebenbei hielt sie Vorträge über österreichische Musik. 1934 erhielt sie das Kapellmeister-. diplom. Professor J. Meßner, Salzburg, wurde Förderer ihrer Orgelkompositio- nen. Sie absolvierte im Salzburger Dom eine Reihe von Konzerten und wohnte bei Stefan Zweig. Dessen Gattin regte sie dazu an, der „Liga für Frieden und Freiheit" beizutreten. Diese Mitglied- schaft wurde ihr aber später zum Ver- hängnis. In dieser Zeit komponierte sie die „Friedenshymne", ein Orgelwerk, das sie auf allen folgenden Konzertreisen spielte. Im gleichen Jahr schuf sie eine „Volkssingmesse". Prof. Meßner brach- te sie im Salzburger Dom zur Urauf- führung. Friedenshymne und Volkssing- messe kamen in Druck. Maria Hofer stand am Anfang einer großen Ka- riere. Ihre Orgelkonzerte in der Schu- bertkirche in Lichtenthal erfreuten sich großen Ansehens und ihre Orgelkom- positionen eröffneten damals „Neuland" auf dem Gebiet „neuer" Orgelmusik. Bis zu ihrer im Jahre 1937 erfolgten Uebersiedlung nach Kitzbühel konzer- tierte sie in Wien und auch im Ausland. Die Machtübernahme unterbrach 1938 ihre Laufbahn. Sie wurde als „Pazifi- stin" und als Judenfreundin abgeschrie- ben. „ihr" Verlag Universal-Edition wurde als Judenverlag auf den Index gestellt. In der ersten „Kitzbüheler Zeit" schrieb sie zwei Akte der „Andreas- Hofer-Oper". - Stadtpfarrer Joseph Schmid ließ sie auf der Pfarrkirchen- orgel üben. Am 9. Juli 1941 wurde sie verhaftet und in das Gefangenenhaus nach Innsbruck eingeliefert. In ihrer Abwesenheit verschwanden alle ihre Manuskripte und der Briefverkehr mit Werfel, Zweig, Schönberg, Mahler u. a. Nach viermonatiger Haft wurde sie auf Fürsprache der Gattin des Mini- sters Hueber (der Schwester Görings) enthaftet und konnte zu ihrer Arbeit nach Kitzbühel zurückkehren. Mit be- merkenswerter Zivilcourage nahm sich damals Frau Sagerer ihrer an. Sie stell- te ihr in ihrer Pension ein Zimmer zur Verfügung, so daß sie, ausgerüstet mit ihrem Blüthner Flügel (dem nichts ge- schehen war) an die Arbeit gehen konnte. 1943 wurden im Salzburger Dom wieder ihre Orgelwerke gespielt. Ebenso brachte von ihr der Reichs- rundfunk München am 7. April dieses Jahres Orgelkompositionen. 1944 hielt sie unter W. v. Hoogstraten im Mozarteum Vorträge für Dirigenten, Konzerte und solche im Dom folgten.In Kitzbühel spiel- te sie laufend die Kirchenorgel, ebenso auch in Kirchberg. Ihre Kunst des Improvisierens wurde - wie Professor Schmidt sagte - ein „Begriff". Auch Wien erinnerte sich wieder ihrer und der Name Maria Hofer gewann wieder an Bedeutung. 1945, nach dem Umbruch, erhielt sie vom österr. Amt für Kultur und Wis- senschaft den ehrenvollen Auftrag, in Kitzbühel ein Konzert zu geben. Sie gab diesem den Namen „Pro Austria mortuis" und komponierte für dieses Konzert vier Lieder und widmete die- se ihrer neuen Heimatstadt Kitzbühel. In diesem Jahr folgte sie auch dem Er- suchen von Major Marincovich und komponierte Kerkerlieder. Die Urauf- führung dieser Lieder erfolgte in Kitz- bühel. Am 5. Jänner 1946 verunglückte sie in Innsbruck. Professor Breitner und der heutige Primar des Krankenhauses unserer Stadt Univ.-Doz. Dr. Hermann Berger retteten ihr, wie sie immer wie- der beteuert, das Leben. In den Festspielsommern 1947 und 1948 gab sie wieder Orgelkonzerte im Salzburger Dom; in der Aula erfolgte die Uraufführung der Kantate: Canta- bilia Spiritualia; Text von Kanonikus Joseph Trigler. Im Herbst 1948 kom- ponierte sie die Musik zum Theater- stück von Alma Holgerson „Wir könn- ten gerettet werden". Uraufführung im Landestheater im Oktober 1949 in Inns- bruck. Im Jänner 1950 begannen ihre Reisen nach Wien in der Angelegenheit des Glockenspiels in Kitzbühel. In diesem Jahr komponierte sie auch eine Messe für das „Heilige Jahr". Sie bekam da- für den „päpstlichen Segen". Am 8. Oktober 1950 wurde von Weih- bischof Dr. Johannes Filzer das Glok- kenspiel auf dem Turm der St.-Ka- tharinen-Kirche eingeweiht. Für dieses Glockenspiel komponierte Maria Ho- fer den „Glockenspielmarsch", ebenso eine Anzahl von Glockenspielmelodien in Form von Liedern, Spielstücken. Tonstücken etc. - In der Broschüre „Klang an die Welt" von Prof. DDDr. Matthias Mayer schrieb dieser u. a.: Die Initiative für das Kitzbüheler Glockenspiel ging von der heimischen Komponistin Maria Hofer aus. Sie „gehört", um das Urteil eines Mu- sikschriftstellers anzuführen, „zu den wenigen komponierenden Frauen, die über einen kleinen Kreis hinaus all- gemeine Anerkennung finden", de- ren-„Werke große Originalität, selte- nes Gefühl und bedeutende rhythmi-
< Page 3 | Page 5 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen