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Seite 14 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 22. Juli 1967 wird der Herr sagen: „Du guter und getreuer Knecht, geh ein in die Freu- den Deines Herrn!" Vikar Moises erinnerte an zwei Aus- sprüche des totkranken Bürgermeisters. Auf den tröstenden Hinweis, daß er zu früh weggehe, antwortete er schlicht: „Es wird schon noch einen andern ge- ben!" Eine Art Testament sollte allen das Wort sein: „Deats mer afs Hoamat schaugn. Mir ham a scheans, a guats Hoam. Alls is nit guat, aber alls is nin- gascht guat!" Wie der sorgende Haus- vater war Johann Jöchl bis zur letzten Lebensstunde für die ihm Anvertrau- ten da. Klar und mutig hat er seit Mo- naten dem Tod ins Auge geschaut und seine Rechnung für diese Welt mit Gott gemacht. Wenn einer, so sagte Vikar Moises, den Titel „Gemeindevater" ver- diene, dann Bürgermeister Jöchl. Er hat auf dieser Welt für die Reither ge- sorgt, er wird auch in der Ewigkeit ein Fürbitter für seine geliebte Heimat werden. Anstelle von Kranz- und Blumen- spenden wurden nach einer in Reith alten Uebung Gottesdienste ausgezahlt. Für Bürgermeister Johann Jöchl wur- den 15 Aemter und 23 Messen bezahlt, der dafür eingezahlte Betrag von 2920 Schilling kommt zur Gänze dem heimi- schen Gotteshaus zugute. Nach dem feierlichen Requiem fand die Einsegnung durch Dekan Josef Rit- ter, it- ter, einem geborenen Reither, statt. Der Kirchenchor sang ein Abschieds- lied und die Bundesmusikkapelle Reith spielte zu anderen Trauerweisen das Lied: „Ich hatt' einen Kameraden". In ehrlichen und dankbaren Worten, überwältigt von der Persönlichkeit des Verstorbenen und von dem großen Mit- gefühl und der großen Teilnahme der Gemeindeangehörigen und der Nach- barschaft hielten im Namen des Ge- meinderates Bürgermeisterstellvertrete_ Alois Ritter, im Namen der Tiroler Landesregierung und auch im Namen des Gemeindereferenten Landesrat A. Troppmair Hofrat Dr. 5 c h um a c h e r, im Namen der Bezirksverwaltung und auch der Kriegerkameradschaften Be- zirkshauptmann Hofrat Dr. Hans von Trentinaglia, im Namen der Bau- ernschaft und als treuer Mitstreiter Präsident Komm.-Rat Johann 0 b er - m os e r, im Namen der Raiffeisenkasse Obmannstellvertreter Martin B r a n d- s t ä t t e r, im Namen des Tiroler Ge- meindeverbandes Bürgermeister Ing. Herbert Pa u f 1 er und im Namen der Molkerei Kitzbühel Bürgermeister Her- mann R e i s c h tiefempfundene Anspra- chen am offenen Grabe. Eine Mikro- phonanlage der Stadtwerke Kitzbühel ermöglichte die Uebertragung der Grab- reden an die etwa zweitausend an- wesenden Trauergäste. Bürgermeister Hans Jöchl wurde am 1. Dezember 1892 als Sohn des Jo- hann Jöchl und der Elisabeth geb. Reh- bichler auf dem Hof Oberhaus in Reith geboren. Seine erste öffentliche Tätig- keit wurde ihm 1913 mit der Schrift- führerstelle bei der Raiffeisenkasse übertragen. Nach seiner Rückkehr aus dem I. Weltkrieg wurde er schon 1919 in den Gemeinderat gewählt. Das Amt eines Bürgermeisters bekleidete Johann Jöchl von 1931 bis zum Herbst 1938 und von 1946 bis an sein Lebensende. Neben der Arbeit in der Gemeinde widmete er sich mit viel Freude und Geschick der Raiffeisenkasse, dessen Vorstand er über 50 Jahre angehörte und die er als Obmann durch Jahr- zehnte leitete. Seine Arbeit galt auch dem Fremdenverkehrsverband, den Zuchtgenossenschaften und der Bauern- schaft. Daneben waren Schule und Kirche keine unwesentlichen Arbeits- gebiete. Unter seiner Leitung wurden 1952 die neuen Kirchenglocken an- geschafft. Er ganz allein sammelte un- ter der Bevölkerung die erforderlichen 100.000 Schilling und in keinem Hause, in keiner Familie wurde ihm ein Nein gesagt. Weil er, der Bürgermeister, selbst sammelte, gaben auch Arbeiter, Bauernknechte, Bauernmägde, ja so- gar Schulkinder ihr Schärflein. Die Glockenweihe wurde zu einem unver- geßlichen Dorffest. 1953 und 1954 er- folgte die Endelektrifizierung durch die TIWAG und 1956 wurde der Straßen- bau in Angriff genommen, und in die- sem Jahr fuhr das erste Postauto durch Reith. Die Freiwillige Feuerwehr er- hielt unter Hans Jöchl eine neue Spritze und ein neues Feuerwehrzeug- haus und die Musikkapelle eine Tracht sowie neue Instrumente in der Normal- stimmung. Mit dem Plattenweg wurden 1960 die Hofzufahrten und Güterwege in Angriff genommen und im gleichen Jahr wurde mit der Vollregulierung der Reither Ache begonnen. Dieses Werk ist von einem unschätzbaren Wert Was Bürgermeister Hans Jöchl sei- nen Mitbürgern, seinen Freunden aus nah und fern durch seine individuellen Ansprachen gab, war ebenfalls un- schätzbar. Mit wenigen Worten und in kurzen Sätzen traf er stets ins Schwarze, und immer wieder über- raschte er, auch die Intellektuellen, Joharni-JöchlGedäditrisstiftung Einzahlungen auf das Konto 2040 der Raiffeisenkasse Reith Stand vom 13. Juli 1967 800 Neue Spender: Walter Reisch, Kitzbühel 300 Hotel Alpenhaus, Kitzb. Horn Professor Heinrich Harrer 100 Kitzbühel Doktor Hans Ertl 120 Schweinfurt Fam. Franz Manesch 150 Reith Stand vom 19. Juli 1967 1.470 durch seine hohe Intelligenz. Mit Jöchl ging ein Mann aus dem Leben, der im wahrsten Sinne des Wortes un- ersetzlich ist. Es hat einen Hans Jöchl, einen „Hauserdat", wie ihn alle in der Gemeinde nannten, gegeben - und jetzt gibt es keinen mehr. An die 40 hl. Ämter und hl. Messen wurden auf seine Meinung gestiftet; weitere hl. Messen werden folgen und so gibt es in Reith in diesem Jahr nur ein Ge- bet, ein Gebet für den „Hauser-Dat". Die Leute sagen: „Es ist ohne Hans Jöchl nicht mehr schön bei uns, Reith ist leer ohne ihn." Gleich wer, ob alte Krieger, ob Bauersleute, eine Mutter oder sonstwer: jedem werden die Au- gen naß und niemand schämt sich der Zähren. Er hat die Ehrungen für alte Leute eingeführt, er war zu jeder Hoch- zeit, zu jeder Taufe geladen, bei jedem Jubiläum und wo in irgend einem Stall ein schönes Kalb, ein Füllen, wo die Sau besonders schöne Ferkel brachte, auch da mußte der Hauserdat her und schauen und reden und loben. Die Kin- der knicksten vor ihm wie vor einem Bischof, er war zu allen der „Dat" und Andersgesinnte ließen ihn auch leben, weil es an ihm nichts auszusetzen gab und es sich so gut leben ließ. Ihm zu Ehren und auf sein immerwährendes Gedenken wurde die „Johann-Jöchl-Ge- dächtnisstiftung" gegründet zum Zweck der Renovierung der Friedhofskapelle. Seine Nachbarin setzte wohlgeformte Verse, welche die trauernde Familie auf die Sterbbildln drucken ließ. „Ganz Reith vergißt Dich nie", so schließt die Dichterin und wir mit ihr. Dem treuen Verstorbenen zum Gedächtnis Der Herr beendete Dein Leiden Und rief Dich in die Ewigkeit - Du mußtest von all Deinen Lieben scheiden Und Abschied nehmen von Deinem „Reith"! Dein gutes Herz für alle, Für jung und alt in unserm Ort, Vermißt ein jeder voller Wehmut Und tiefer Trauer nun hinfort Die Heimat „Reith" war das Höchste Neben den Deinen Dir, Du dientest voll Sorge und Treue Mit wertvollen Taten ihr! Für alle großen Nöte, Für kleinste Dinge warst Du da, Deshalb geht auch Dein Scheiden Einer jeden Seele so nah! Dein Lebensweg war reich erfüllt, Von großen Erfolgen gekrönt Und die Liebe der ganzen Gemeinde Hat ihn Dir freudig verschönt! Alles, was Du geleistet hast Für die Heimat Dein, Wird in den Herzen für alle Zeiten Das würdigste Denkmal Dir sein! Drum ruhe nun in Frieden Aus von der Erdenmüh, Ein jeder Deiner Lieben - Ganz „Reith" vergißt Dich nie!
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