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Seite 16 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 22. Juli 1967 innerer und innerster Vorgänge in jene versteht sich nicht von selbst; wir müs- weltumspannende Sprache, die wir sen sie uns erschließen, wir müssen Kunst nennen, den Schlüssel finden, mit dessen Hilfe Man könnte nun fragen, wer diese „‚ Maßstäbe erstellt, die es uns gestatten, in der modernen Kunst die „Echte" von Dilletantismus zu unterscheiden. Ich glaube, daß es nur ganz wenige zu sein brauchen, die diese Sprache ver- stehen, dann ist der Beweis dafür er- bracht, daß hier eine Mitteilung statt- gefunden hat, die uns außerhalb der vokalen Sprache zu erreichen vermoch- te. Das allein ist vielleicht nicht als Be- weis für die Qualität einer vorliegenden Kunst anzusehen, sicher aber für ihre Existenz. Man weiß heute, daß es schwer möglich ist, eine „Kunst dem Volk" zu bescheren. Jede echte und große Kunst stellt Anforderungen an ihren Betrach- ter. Das gilt für eine Beethovensonate im gleichen Maße, als für ein Bild von Klee oder Schwitters. Große Kunst In diesem Sinne beglückwünsche ich di Hilde Goldschmidt und unsere Gast- v geberin Frau Reny Lohner zu ihrer hi großartigen Initiative. bi: b€ in uiee iazuiiereiiae, durchgeistigte oder von Gefühlen über- volle Welt gewährt wird. Das alles gilt auch für diese Ausstel- lung und für diese Bilder. Hier gilt es, eine Welt zu erschließen, die uns wun- derbares zu sagen hat. Hier gilt es, eine Sprache zu verstehen, deren Ver- ständnis sich vielfach lohnen wird. Denn was uns Hilde Goldschmidt in ihren Bildern zu sagen hat, ist mehr als Information oder gefälliges Geplauder, es ist die Summe eines reichen Le- bens, die hier, sichtbar wird - eines Lebens, das sicher jedem einzelnen et- was zu geben vermag. Schwaz lebten 1837 29.179 Personen, 1961 48.321, die Haushalte stiegen ge- waltig an, aber heute leben durch- schnittlich zwei Familien in einem Haus. Im Bezirk Kitzbühel lebten 1837 22.313 Menschen (10.881 männlichen und 11.432 weiblichen Geschlechts) in 4552 Haushalten. Die Häuserzahl stieg von 3574 auf 8054, aber die Zahl der Haus- halte kletterte auf 10.211. 1961 wohnten 19.228 Personen männlichen und 10.567 weiblichen Geschlechts, zusammen also 39.795 im Bezirk Kitzbühel. Von den drei Bezirken weist hinsichtlich des Verhältnisses Häuserzahl - Haushalte Kitzbühel heute die günstigste Situa- tion auf (wenn man die Bauentwick- lung als durchaus zu bejahen ansieht). Die Statistik weist weiter nach, daß e Wohnbevölkerung in Hopfgarten )fl 2363 auf 4163 anstieg, in St. Jo- inn von 2187 auf 4713 und in Kitz- ihel von 3114 (allerdings steht dane- n auch die Zahl 3001) auf 7744 Per- Ein interessanter Vergleich: Tirol 1850 und heute Zur Sommerausstellung 1967 der Tiroler Handelskammer In der Reihe der geschmackvollen und übersichtlichen Ausstellungen der Tiroler Wirtschaft in der Innsbrucker Handelskammer nehmen die Sommer- ausstellungen, die auch von vielen Aus- ländern besucht werden, einen beson- deren Platz ein. In diesem Sommer (die Schau ist bis zum 3. September täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet und frei zugänglich) wird ein notwen- diger Vergleich angestellt und aus- gestaltet: Tirol um 1850 und in der Gegenwart. Der Titel „Tirol einst und jetzt" ist irreführend und nicht in der Lage, das wesentlichste treffend aus- zusagen, denn die Ausstellung ist eine Gegenüberstellung von Tiroler Städten und Märkten in Zahl und Bild, ein Vergleich zwischen der gewerblichen und industriellen Produktion im Land und zur Bekräftigung der immensen technischen Entwicklung eine Gegen- überstellung der Verkehrs- und Kom- munikationsmittel um 1850 und in der Gegenwart. Die Ausstellung bringt da- zu anschauliche Photomontagen, die auch tatsächlich eine Vergleichsbasis darstellen, verschiedene Erzeugnisse des Gewerbes und der Industrie sowie des Verkehrswesens. Zweck der Aus- stellung scheint es zu sein, die Wand- lung innerhalb der angegebenen Zeit aufzuzeigen. Es könnte eingewendet werden, daß man sich eine recht gün- stige Zeitspanne ausgesucht hat, um die Leistungen der Gegenwart in ein gleißendes Licht zu stellen. Es ist ein besonderes Verdienst der Ausstellung, daß der Vergleich sehr nüchtern und in vielem ernüchternd ausfällt. Es gibt in Tirol seit altersher wirtschaftliche Ballungsräume, die sich nur unwesent- lich verschieben. Es gibt daraus eine Haltung der Bevölkerung, kraft einer gewissen Spitzenstellung auf andere herabzusehen. Die Ausstellung zeigt eindringlich, daß sich nicht nur die In- dustriezone Unterinntal und die Haupt- fremdenverkehrsgebiete enorm entwik- kelt haben. Gar mancher müßte zu- geben, daß die Entwicklung auch bei den anderen sichtbar ist und vielleicht der langsamere Aufbau viele Vorteile hatte. 1837 wohnten im Bereich des heu- tigen Bundeslandes Tirol 237.236 Men- schen, 1961 waren es 462.899. Der An- teil der Selbständigen stieg von 4,8 auf 5,3 Prozent, der Anteil der Selb- ständigen in der Land- und Forst- wirtschaft fiel von 20,5 auf 9,9 Prozent. Ein rapides Ansteigen hatte dagegen die Zahl der Unselbständigen, die von 16,4 auf 28,7 Prozent anstiegen. Die Ausweitung der Verwaltung und Voll- ziehung zeigt sich im Anstieg der öf- fentlich Bediensteten: 1,2 auf 2,6 Pro- zent. Die gesamte Arbeitsbevölkerung Tirols betrug 1837 102.000, heute steht sie bei 215.992. Wenn man nur die Ar- beitsbevölkerung nimmt, so ist die Rate der Selbständigen ziemlich unverän- dert geblieben, bei den Bauern fiel sie von 47,7 auf 21,6 Prozent - also von fast der Hälfte auf rund ein Fünftel der Arbeitsbevölkerung -‚ während heute 61,5 Prozent der im Erwerbs- leben Stehenden Unselbständige sind, waren es 1837 nur 38,3 Prozent. Die Entwicklung der Wohnbevölke- rung wird nach den einzelnen Bezir- ken aufgeschlüsselt. Von den Unterlän- der Bezirken hat Kufstein die rapideste Entwicklung genommen, die Wohn- bevölkerung stieg in 125 Jahren von 26.647 auf 60.022, die Zahl der Haus- halte hat sich verdreifacht, aber die der Wohnhäuser nur verdoppelt. In sonen. Wollen wir uns nicht in Zahlenspiele- reien ergehen. Die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung Tirols, wie sie Prof. Dr. Atzl von der höheren technischen Lehr- und Versuchs- anstalt Innsbruck aufgezeigt hat, wird zum Erlebnis, wenn man sich Mühe nimmt, die Vergleichsobjekte ein we- nig zu studieren. Nebeneinander sieht man etwa ein Bild Kitzbühels von Th. Mayerhofer, das das Gebiet zwi- schen Kapuzinerkloster und Gries zeigt, und eine ebenfalls an der Mün- dung des Ehrenbaches aufgenommene Photographie von 1967. Ein verträum- tes Städtchen war Kitzbühel einmal! Eindringliche Bilder, die Bauentwick- lung, Bausünden und auch die Eleganz und Schlichtheit von Zweckbauten der Gegenwart aufzeigen. Von der Postkutsche bis zum Auto- bus, vom Telephon um die Jahrhun- dertwende bis zur Sprechanlage, von der Dampflokomotive für die vor hun- dert Jahren eröffnete Bren.nerbahn bis zur modernsten E-Lok spannt sich die Bilder- und Modellschau, die das un- komplizierte und einfache Leben unse- rer Urgroßväter und das nüchterne und versachlichte Leben der Gegenwart einprägsam verdeutlicht. Nicht zu über- sehen ist freilich - etwa in den kunst- handwerklichen Schaustücken - die Eleganz und Schlichtheit der Form der Gegenwart. Erfreulicherweise wurden auch Trachten aufgenommen - die Trachtenpaare aus Kitzbühel und See- feld stehen den modernen Dirndimodel- len der Tiroler Wirtschaft der Gegen- wart gegenüber. Hier zeigt sich, daß trotz der Fortentwicklung auf wirt- schaftlichem und technischem Gebiet in Tirol doch manches, was zum Fun- dament gehört, unverändert geblieben ist und daß sich der Tiroler nicht vom Fortschrittsglauben ersticken läßt. Viel- leicht hätte dies für die ausländischen
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