Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 12. August 1967 Kitzbtiheler Anzeiger Seite 5 ßenmeisterej St. Johann und die Exeku- tive mit den freiwilligen Helfern stan- den sofort im Einsatz. Der Wolkenbruch dauerte etwa eine halbe Stunde; dieser wurde von starken Regenfällen abge- löst und erst gegen 23 Uhr trat eine Besserung ein. Im Zusammenhang mit den ersten Aufräumungsarbeiten wurden auch Notbrücken geschaffen. Die Brücke in der Leimgrube, welche zur neuen Haupt- schule führt, war hoch mit Treibholz verlegt, blieb aber glücklicherweise durch sofortiges Wegräumen der Bäu- me und Baumwurzeln erhalten. Die großen Verwüstungen wurden durch den Fleiß der Bewohner schon am Wochenende zum Großteil beseitigt, jedoch braucht es noch Wochen. bis alle Spuren des Wildwasserschadens besei- tigt sind. Mit Genugtuung wurde aber vermerkt, daß trotz des schlagartigen Wasserüberfalls kein Menschenleben, zu beklagen war. Die älteren Bewohner erinnern sich noch der Flutkatastrophe des Jahres 1912 und sagen aus, daß die damals angerichteten Schäden nicht das Ausmaß der Verwüstungen des 3. Au- gust 1967 erreichten. HOCHWASSER MAI 1912 IN FIEBERBRUNN Am Mittwoch abends (7. Mai) stie- gen die Pillersee- und Plätzerauer Ache in fast niegeshener Weise. Letzterer brach neben dem Weiler Lehmgrube einen Damm durch und gefährdete den ganzen Weiler. Die Filiale Wenzbauer stürzte auch tatsächlich zum Teil ein, ebenso das Haus des pensionierten Wachtmeisters Madlener. Beim Haus des „Schmiedfranzei" war die Gefahr des Einsturzes sehr nahe. Beim Ausräu- men dieses Hauses stürzte der 50jähri- ge Bartlmä Lackner vulgo Luchsbartl in die Ache und ertrank. Seine Leiche soll in Kössen gefunden worden sein. Beim oben erwähnten Einsturz der zwei ständig unterbindet. Di Felder sind namentlich an beiden Seiten der Ache mit ganz kurzen Unterbrechungen mit Sand und Schotter belagert, strecken- weise auch arg unterwaschen. An der Kapsermuhre sind beiderseits Grund- teile aus dem Damm weggespült wor- den und das dort befindliche Zuhäus- ehen des Herrn Pan k e r i drohte vorn gleichen Schicksal ergriffen und muß- ,e geräumt werden, doch Dank um- sichtiger Schutzarbeiten wurde es vor dem Verfall bewahrt. Der Bahnverkehr mit Fieberbrunn und mit Inns- bruck nns- bruck ist unterbrochen. Von auswärts kommen überhaupt recht traurige Nach- richten. Es sollen durch die Wasserkata- strophe die Zillertalbahn zerstört sein, ebenso die neugebaute Kundler Straße und viele andere kostspielige und wirt- schaftlich notwendige Einrichtungen und Verkehrsanlagen des Unter- und Oberinntales. Sehr arg wurden des- gleichen die Gemeinden des Brixen- rixen- Häuser ging auch ein großer Teil dei Einrichtung zugrunde. Auch eine Brief- tasche des Herrn Madlener mit 220 Kronen sowie der Schmuck der Frau Madlener sind verloren. Die Leitung des Elektrizitätswerkes ist an vielen Stellen schwer beschädigt, ebenso jene der Firma Dandler, so daß Fieberbrunn wahrscheinlich bis Mitte Juni ohne Sport- und Kinderwagen O Kinderbetten und Gehschulen in großer Auswahl WEJPPRECHT Kjtzbühel, Josef-Pirchl-Straße 38 elektrisches Licht sein wird. Die Fel- der im Tal sind fast alle beschädigt, sehr viele sind ganz zugrunde gerich- tet, ebenso die Straßen. Die Brücken wurden fast alle fortgeschwemmt. Am 21. Mai langte eine Kompagnie desi inns orucier garnlsonierenden 13. Feld- Jägerbataillons zur Hilfeleistung ein. Die Bevölkerung leistete vom Mittwoch abends bis heute geradezu übermensch- liches, um, was möglich war, zu retten. Der Schaden läßt sich noch nicht sdhät- zen; er wird in der Gemeinde Fieber- brunn viele hunderttausende von Kro- nen betragen. Zwischen Fieberbrunn und St. Johann hat es infolge des starken Regens den B E T TWA SC H E HEIMTEXTIL KUSTER KITZBU H EL Bahndamm fortgerissen und an einer anderen Stelle wurde der Bahndamm von der Piilerseeache gegen 70 Zenti- meter breit fortgerissen. Für die Bahn- dammarbeiten wurden schon am 9. Mai drei Offiziere und 75 Mann des 13. Feld- jägerbataillons aus Innsbruck zur 1-lilfe- leistung eingesetzt. tales, tales, dann jene von St. Johann abwärts nach Kössen bis an die dor- tige Landesgrenze mitgenommen. Zur Bewältigung der Schutzmaßnahmen ist am 10. Mai eine Kompagnie Tiroler Kaiserjäger entsendet worden; 20 Mann dieser Kompagnie arbeiten in Aurach, 55 Mann in Fieberbrunn. Vermißt. Der hier allseits beliebte Bäckermeister F 1 s eh 1 e eh n er ist seit 9. Mai abgängig. Derselbe kam zur gewohnten Zeit gegen 9 Uhr abends nach Hause und ging mit dem Bemer- ken, daß er wegen des Hochwassers noch nachsehen wolle, zum Haus hin- aus und kam seitdem nicht mehr zum Vorschein. Man vermutet, daß Herr Fischlechner ins Wasser gestürzt und ertrunken ist. Tatsächlich ereilte Jo- hann Fischlechner das Schicksal, daß er in den reißenden Gänsbach stürzte, der ihn den wilden hochgehenden Flu- ten der Kitzbüheler Ache zuführte. Der Chronist berichtete sodann weiter: Die Mitteilung vom Leichenfund des Luchsbartl in Kössen erwies sich als unrichtig. Ein Zeitgenosse berichtete folgendes: „Am 17. Mai 1912 (neun Ta- ge nach der Katastrophe) fand ein Sohn des Wachtmeisters Madleiner die Lei- che des Bartlmä Lackner. Diese wurde von zwei Soldaten geborgen. Dieselbe lag etwa einen Kilometer unterhalb der Unfalissteile auf Reisig und Schutt gebettet." Weiters berichtete der Zeitgenosse: „In Fieberbrunn befinden sich jetzt eine Kompanie Kaiserjäger, eine Kompanie Feldjäger und eine Kompanie Pioniere unter der Leitung von mehreren Offi- zieren. Besichtigt wurden hier die Hoch- wasserschäden bisher von dem Reichs- ratsabgeordneten Stumpf, dem Land- tagsabgeordneten K i e n p0 in tner und von Beamten der Stadthalterei sowie wiederholt von Statthalter Markus Frei- herr von Spiegelfeld und von Be- zirkshauptmann von L iii. Zum ersten Bericht ist noch nachzutragen, daß das Haus zur Schmelz im Pletzaugraben teilweise einstürzte sowie das Haus zum Trixl durch Unterwaschung des. Raines und der darauffolgenden Erd- rutschung in Gefahr kam. Die Plätz- auer Ache wurde vom Militär und von Einheimischen sowie von Straßenbau- arbeitern wieder provisorisch in ihr altes Bett geleitet. Auch beim Elektri- zitätswerk wird ein Provisorium ge- schaffen werden." Statthalter Markus Freiherr von Spie- gelfeld stand von 1888 bis 1891 bei der, Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel in Verwendung und setzte sich sehr für die Schadensgutmachung ein. Im ersten Weltkrieg stand er im Dienst des Ro- ten Kreuzes, wurde in den Grafen- stand erhoben und starb am 6. Mai 1943 in Innsbruck im Alter von 85 Jahren. Seine Tochter, eine Diplomrestaurato- rin, restaurierte die historische Kitzbü- heier Schützenfahne. Zur teilweisen Beruhigung der schmerz- erfüllten Familie des Verunglückten konnte seine Leiche, die in Kirch- dorf irch- dorf angeschwemmt wurde, geborgen und nun am 16. Mai 1912 auf dem hie- sigen Friedhof zur geweihten Erde be- stattet werden. Welch aufrichtige An- teilnahme die ganze Bevölkerung Kitz- bühels an dem herben Leide und dem schweren Schicksalsschlage hatte, der die Familie Fischlechner traf, bewies wohl am besten die so großartige Be- teiligung aller Stände aus den Kreisen der Bewohnerschaft an der Beerdigung. U. a. beteiligten sich auch korporativ der Veteranenverein und die Freiwilli- ge Feuerwehr. Herr Fischlechner war aber auch ein Mann, der aller Acht- barkeit und Wertschätzung würdig war, freundlich und zuvorkommend im Ver- kehr mit seinen Nebenmenschen, fried- liebend, pünktlich und reel als Ge- schäftsmann und namentlich ein lie- bevoller Gatte und Vater, ein wahr-
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