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Seite 10 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 4. März 1967 Hundegefährt (die Hündin Flora ist der älteren Generation noch in guter Erin- nerung) lieferte er die Kracherl in alle Kössner Gaststätten. Später, als der Sohn das Geschäft übernommen hatte. wurde ein Pferd eingestellt. Damals sagte der Vater zum Sohn, als er d'en Halbrenner, der auf den Namen „Prinz" hörte, sah: „Hannes, Großtun hat kei- nen Wert!" Unsere Jubilarin fand den „Hüttwirt" bei ihrer Einheirat ganz anders an. Ringsum noch von Ache und Kanal umflossen. Vor dem Haus stand noch der „Große Hammer" aus der geseg- neten Zeit der Verhüttung, neben dem Haus einen See; für den Fremdenver- kehr stand eine Gaststube, ein Zimmer mit zwei Betten zur Verfügung und in der Küche stand noch der uralte Herd. Im Keller die Bäckerei, die Fleischhaue- rei, die Mühle sowie der Theatersaal Theaterrequisiten und Bühnenkulissen verkündeten noch von einstiger Glanz- zeit und Fröhlichkeit. In Kössen rührten sich die ersten Hände für den internationalen Frem- denverkehr. 1893 wurde von Josef Le t- t e n b i c h 1 er der Verschönerungsverein gegründet, der die Allee von der Land- brücke zum Auwirt anlegte, aber auch schon Orientierungstafeln, Wegweiser und Ruhebänke aufstellte und die Berg- wege markierte. Lettenbichlers treuer Gefährte in diesen Jahren war Hans Schmid, der 1947 im 69. Lebensjahre all- zufrüh verschied. 1910 wurde der Al- penverein gegründet und 1912 der Ski- klub. Diesen führte Johann Lehmkul- Klient von der „Kapelle". Lehmkul beabsichtigte in diesem Jahr die Errich- tung •eines großen Elektrizitätswerkes zum Betrieb einer Portlandzement- fabrik. Dazu sollte die Großache zwi- schen der Kohlbacl-imündung und Un- terbach auf 1.50 Meter aufgestaut wer- den. Ein zwei Kilometer langer Kanal sollte zwei Kraftstationen betreiben. Das Projekt wurde von Zivilingenieur Ritter v. M ei no n g bei der Bezirks- hauptmannschaft eingereicht, wurde aber dann anscheinend schon bei der wasserrechtlichen Verhandlung zu Fall gebracht. Große Gespräche wurden damals auch wegen dem Bahnbau geführt. Hans Schmid und der Kufsteiner Ingenieur Dillesberger waren für die Kufsteiner Trasse, jedoch Ingenieur B eckler für die Trasse St. Johann. Ing. Beckler,,ver- drehte" den Kössnern die Köpfe und das Kufsteiner Projekt ging unter - und über das andere wurde nur ge- plant und debattiert, aber nicht gebaut, und aus war es mit den großen Zu- kunftsplänen. Kössen war damals mit Kufstein und auch mit St. Johann mittels einer Post- kutsche zu erreichen. Ein Sitzplatz nach St. Johann kostete drei Kronen, so daß die meisten aus Ersparnisgründen zu Fuß gingen. Vom alten Michei Grün d- 1er weiß man, daß dieser öfters zu Fuß aa einem Tag nach Kitzbühel ging 06 km hin und zurück). Um drei Uh: früh machte er sich auf den Weg und abends war er wieder zurück. Mi- chei war ein frohgemuter Mann und unter.htelt die ganze Tischrunde, so daß er überall ein gerngesehener Gast war. 19:4 bis 1918 diente Hans Schmid bei der. berittenen Tiroler Landesschüt- zen und musterte als Feldwebel, de- koriert und ausgezeichnet, ab. Nun ging es wieder ins Geschäft. Zum „Hütt- wirt' kam die erste Zentralheizung nach Kössen, sie wurde :924 von dem St. Johanner Kupferschmiecimeister An- tcn Brunnschmid eingebaut. 198 kaufte Hans Schmid den gesam- ten Kcm]ex ‚.Hütte". Es handel; sich um die sogenannten Böcklerschen Besitzungen in Kössen und Schwendt, die 1912 auf dem Ver- steinerungswege von dem Berliner Hans Wal emar Herwarth von 3ittenfeld er- worben wurden: fünf Häuser in der Lieeen chaft Hütte um 11.930 Kronen, dann in Schwendt den Hcf Stelzer um 25.000 Krcnen, das Gut Straubenbichl um :o.:oo, d:e Gabichiwiese (Torflager) um 25:0 ---nd den Hof Eberhochstätt um 20.500 Kronen. Oane es zu wissen „kaufte' Schmid mit der „Hütte" auch die Dienstbarkeit der Neuwirtsbrü:ke. Er mußte die Brücke neu bauen und der Straße akc'nkurrenz noch dazu 3000 Schilling zahlen, um das Brücenservitut abwälzen zu können. 193 wurde der Speisesaal gebaut und das Haus aufgestockt. Der Brückenbau und die osten für den Umbau ver- anlaiten Schmid, die Liegenschaften der „F:üfte" wieder zu verkaufen. 1952 wun- de vom Sciwiegersohn Zimraermeister Josef' K ö c k ein Anbau ausgeführt; jetzt verfügt der Hüttwirt ü'--,er 40 Bet- ten in einem modern eingerichteten Haus. Jas Haus wird durchwegs von Stammgästen belegt, ein weiteres Zei- chen der guten Tradition und der ech- ten Gastlichkeit. Vorige Woche traf das Haus jedoch ein schwerer Schlag. Eine große Wiener Familie, die schon 28 Jah- re, Sommer und Winter, zum Hüttwirt kommt, verunglückte auf der Fahrt mit dem Auto: zwei Personen tot, drei Personen im Linzer Krankenhaus. Treue Gäste gehören wie zur Familie, darnach auch die Trauer im Hause. Hans Schmid war ein rühriger Mann. Er gehörte dem „Wasserbau" und spä- ter der Großachengenossenschaft an, dem Gemeinderat, war Obmann und Ehrenmitglied des Krieger- und Vete- ranenvereins und in Kössen ein bedeu- tender Mann. Den Hüttwirt-Speisesaal schmücken großflächige Fresken von Kunstmaler Raphael Thaler, der auch das Kuppel- gemälde der Antoniuskirche zu St. Jo- hann schuf. Bei der Installation des elektrischen Lichts 1912 in der Alten Post (heute Erzherzog Rainer) und beim Hüttwirt passierte folgendes: Der Ingenieur hielt eine zündende Anspra- che und schloß diese mit den Worten „Es werde Licht" und drehte daraufhin den Schalter. Aber es kam kein Licht und erst nach Tagen konnte der Kon, taktfehler gefunden werden. Die Köss- ner Bauern machten sich einen Jux daraus, zündeten eine alte Stallaterne an und suchten mit dieser unter den Tischen und Bänken „das Licht". Burgi Schmid hatte an der Seite ih- res Gatten ein arbeitsreiches Leben Zwei Kriege, zwei Nachkriegszeiten, aber immer wieder wurde mit frischem Mut geplant und gearbeitet. 1927 wurde das Stiegl-Bierdepot eröffnet und 1928 die erste Tankstelle von Kössen errich- tet; zuerst mit einer Faßpumpe und 1935 wurde der erste Shell-Tank ver- legt. Die Landwirtschaft wird heute noch betrieben. 1928 wirkte unsere Jubilarin als Fah- nenpatin des Krieger- und Veteranen- vereins, der 1877 unter dem Namen „Sr. k. k. Hoheit Erzherzog Heinrich Militär -Veteranen- Verein" gegründet wurde und nach dem zweiten Welt- krieg zum zweiten Male. Von der Ge- neralversammlung vom 29. Februar 1956 wurde Burgi Schmid in die Ehrenliste des Kriegervereins eingetragen. Bei den Veteranen fühlt sich die Wirtin immer wohl, war ja auch ihr Mann diesem Verein mit ganzem Herzen verschrie- ben. Die Freude über die Ehrung durch die Oeffentlichkeit des Dorfes traf alle Anwesenden. Auch der Vorstand der Unterberg-Liftgesellschaft, an deren Gründung Burgi Schmid beteiligt war, Dr. Bronius Medzikauskas, stellte sich mit den besten Wünschen und mit Blu- men ein. Obwohl unsere Jubilarin nun ins 82. Lebensjahr gegangen ist, steht sie jeden Tag im Betrieb und wird dort insbesondere von den Stammgästen
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