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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 4. März 1967 Abschied von der Volksbüffine St. Johann Auszeichnung für Spielleiter Peter Thaler St. Johann: Im Frühjahr 1966 kün- digte der Pächter des Gasthofs „Zum Bären" Hansjörg M o s e r dem Theater- verein den Saal, um diesen in eine Attraktion für den Fremdenverkehr umzubauen, weshalb die Baukasten- bühne des Vereins entfernt und Thea- terveranstaltungen eingestellt werden mußten. Die erfolgreiche Tätigkeit des Vereins in den 25 Jahren im Gasthof Post, den 15 Jahren im Gasthof Mauth und den sieben Jahren im Gasthof Bären läßt auf eine 47jährige Pflege des Tiroler Volksspielwesens zurückblicken und bewies theatralisch, gesanglich und mu- sikalisch den großen Idealismus begab- ter Spielkräfte unter der bewährten Führung ihres Spielleiters Peter Tha - ler, ha- 1er, welcher 1919 den Verein gründete und 47 Jahre hindurch als Spielleiter, Maskenbildner und Bühnenmaler tätig war. Als Autor mehrerer historischer und volkstümlicher Werke, die mit Er- folg zur Aufführung kamen, wirkte Thaler auch persönlich über ein halbes Jahrhundert in vielen Hauptrollen als Volksschauspieler bei der Volksbühne St. Johann und der von 1910-1914 be- standenen „Fellerbühne" (benannt nach dem rührigen Schuhmachermeister An- ton Feller, der 1914 nach Kufstein über- siedelte)) mit und trat auch als Gast- spieler auf Bühnen in Tirol und dem benachbarten Bayern auf. Der Theater- verein ernannte ihn zum Dank zum Eh- renmitglied. Das große Interesse seitens der hei- mischen Bevölkerung und der Frem- dengäste für das Volksschauspiel hat sich durch häufige Massenbesuche mit stürmischem Beifall und viel Lob in den Zeitungen bewiesen und in der Leistungsbilanz einer Laienbühne kann (1. Fortsetzung und Schluß) Der Krieger wäre kein Germane ge- wesen, wenn er nicht auch das edlei Waidwerk und einen männlichen Um- trunk geliebt hätte, wie ein Jagdspieß und ein zünftiger Sturzbecher bewie- sen, welch letzterer den durstigen Ze- cher zwang, immer wieder „ex" zu trinken, weil das Gefäß einen gerunde- ten Boden hatte und sich nicht hin- stellen ließ. Der Mann war sicher schon getauft, auf seinem kostbaren Helm (solche Spangenhelme werden von Ex- perten als die Urbilder der deutschen Kaiserkrone angesehen), auf der prunk- vollen Gürtelschnalle und auf der Schildfessel prangten jedoch mystische Zeichen des nordischen Götterglaubens. Sie hatten den Träger vor der Bös- artigkeit und Tücke überirdischer die St. Johanner Volksbühne 94 einstu- dierte Theaterstücke mit rund tausend Aufführungen in Theaterorten der Be- zirke Kitzbühel und Kufstein und in bayerischen Orten verzeichnen. Das Brauchtum, die Volksmusik, das Volkslied und der Volkstanz sowie die Trachtenerhaltung wurden weiters in unzähligen Einaktern gepflegt und ge- fördert. Von diesen Abteilungen stam- men die heute hoch aktiven Brauch- tumsgruppen Gantschnigg und Hauser. Bei der 40jährigen Bestandsfeier der Volksbühne St. Johann überreichte der Spielleiter an vier Mitglieder eine Eh- renurkunde: an Franz Schmalnauer, Alois Riedl, Hans Kuttner und Traudl Land e g g e r geb. Mayer. Peter Thaler in der Rolle des Glockengießer- meisters vom Volderer Wald. Photo Carla Hahn, 1925. Mächte zu bewahren. Gegen seine lie- ben Mitmenschen half er sich wohl selbst. Mit dem Erstarken der kirchlichen Organisation und der Durchdringung des Christentums im bayuwarischen Volk zwischen 720 und 740 n. Ch. hörte der alte Brauch der Reihengräberfried- höfe mit beigabenreichen Bestattungen völlig auf. Die kirchlichen Vorschriften erlaubten nunmehr Begräbnisse nur in den um die neuen Gotteshäuser herum angelegten Friedhöfen und verboten die Beigabe von Besitztümern der Ver- storbenen ins Grab. Während man we- nige Jahre oder Jahrzehnte vorher die heidnischen Sitten im Interesse einer erfolgreichen Mission noch duldete und den Grabraub sogar ausdrücklich unter Strafe stellte, wurden also jetzt di Peter Thaler wurde durch den Ob- mann des Landesverbandes der Tiroler Volksbühnen Toni Bichler als Gründer und Leiter mit dem „Goldenen Lorbeer- kranz mit Diplom" ausgezeichnet. Sein verdienstvolles Wirken um das Tiroler Volksspielwesen fand damit die Krö- nung. In der langjährigen Theatergeschichte bewährte sich als zugkräftigstes Stück „Die Räuber vom Glockenhof" schon wegen der blutigen Enthauptung des Glockengieflermeisters (um dieses Ent- hauptungs-Geheinmis interessierte sich sogar Direktor Ferdinand Exi), da der auffallend muskulös gebaute Henker mit dem scharfgeschliffenen Beil ne- ben dem Hackstock nicht nur dem Glockengießer (siehe Bild), sondern auch dem Publikum Furcht und Schrek- ken einjagte. In der Jahreshauptversammlung des Theatervereins am 12. Februar 1967 im Beisein von Vizebürgermeister Stefan D a g, Gemeindevorstandsmitglied Mi- chael R i t s c h und Schützenhauptmann Georg Wagner verwies der Gründer des Vereins Peter Thaler auf den frei- willigen Verzicht seiner beiden Funk- tionen als Obmann und Spielleiter und kündete seinen Rücktritt an, wobei er noch erwähnte, daß eine weitere Ent- wicklung des Volkstheaters in St. Jo- hann solange gehemmt bleiben wird, bis ein akustisch geeigneter Saal mit zirka 400 bis 500 Personen Fassungs- raum und eine fachmännisch eingerich- tete Bühne mit mehreren Bühnenbil- dern ausgestattet in Erscheinung tritt, damit auch so wie früher geistig er- zieherische Werke von Ganghofer, An- zengruber, Morre, Schönherr u. a. ge- spielt werden können. Um dem Wunsch der zahlreichen Theaterfreunde zu ent- sprechen, vertraten in der Versamm- lung die Herren Dag, Ritsch und Wag- ner mit den Theatermitgliedern den Standpunkt, die schon fast ein halbes Zügel straff angezogen. Sogenannte ‚Stolgebühren" an die Kirche für die Begräbnisse lösten die Beigaben ab. Man darf aber keinesfalls annehmen, daß mit dem Uebertritt zum neuen Glauben etwa die alten Götter und die den Wald, das Wasser und die Berge belebenden Mächte aus dem Denken der Masse des Volkes verschwunden wären. Bauernglaube wurzelt tief und darum lebten heidnische und christ- liche Vorstellungen noch lange neben- einander her. Die alten Anschauungen ließen sich eben nicht durch die Taufe abwaschen und fortschwemmen wie haftende Erde von der Gewalt des Wassers. Das Alte blieb teilweise le- bendig und verband sich mit dem sieg- reichen Neuen zu einem Ganzen selt- samer und schöner Art. Im Lied und Spiel, Brauch und Sprache lebte es ver- borgen von Jahrhundert zu Jahrhun- dert bis auf unsere Tage weiter. Im Bezirk Kitzbühel und in der nä- Totenbretter und Reihengrüber Von Dr. Herbert Sandner, Innsbruck
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