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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 23. März 1968 Petzold dann im Hotel-Chalet Reisch- hof und übersiedelte 1920 in die Villa des Dr. Stephan Licht, heute Haus Alfons-Petzold-Weg 4, das vor wenigen Jahren von der Witwe Petzolds an Dr. Klaus Reisch verkauft wurde. Frau Hedwig Petzold zog zu ihrer Tochter Verene nach Oberndorf. Sie konnte an dem literarischen Abend aus gesund- heitlichen Gründen nicht teilnehmen. In Kitzbühel schuf Petzold in er- staunlicher Fruchtbarkeit weiter. Hier wuchs sein Werk auf 15 Gedichtbücher, 4 Romane und 5 Novellenbücher an. Er war weiters ständiger Mitarbeiter von fünf großen deutschen Zeitungen, ein gesuchter Vortragender der eige- nen Werke und Gewinner von Litera- turpreisen. Die Stadt Wien verlieh ihm eine Ehrenpension. Petzold wurde in Kitzbühel, zum Staunen und zur Verwunderung der Aerzte, gesund. Die Meinung, er wä- re bis an sein Lebensende ein kranker Mann gewesen, ist unrichtig. In Kitz- bühel machte er täglich Spaziergänge, durchstreifte die Wälder und absolvier- te Bergwanderungen. Sein früher Tod rührte von einer im Land Tirol wü- tenden Grippe her. Als Gemeinderat von Kitzbühel- Stadt schien Petzold erstmals im Pro- tokoll vom 6. November 1918 unter Bürgermeister Anton Werner auf. Heu- te leben noch zwei Personen, die da- mals mit Petzold im Gemeinderat sa- ßen, Oberlehrerin Maria La n e r und Bezirksrichter 1. R. Hofrat Dr. Josef Hase 1w an t er. Damals bestand ja Kitzbühel noch aus zwei Gemeinden und viele Proble- me reichten von einer Gemeinde zur anderen. Insbesondere Kirchenangele- genheiten, das Schulwesen, die Strom- und Wasserversorgung, der Fremden- verkehr, das Wohnungsproblem, Ge- werbe und Handel, Straßen und Kana- lisierung mußten von beiden Gemein- den behandelt und beschlossen werden. In beiden Gemeinden wurde mit aller Macht an die Behebung der Wohnungs- not herangegangen. Vordringliche Pro- jekte waren die Stromversorgung, die Wasserversorgung, die Errichtung der Bürgerschule und die Kanalisierung. Ein Straßen-, Parkplatz- sowie Ver- kehrsproblem gab es damals noch nicht. Dem Gemeinderat Kitzbühei - Stadt stand auch damals eine Reihe von Aus- schüssen zur Seite, welche sich in er- ster Linie aus Gemeinderäten zusam- mensetzten. Petzold hatte Sitz und Stim- me im Wohnungsausschuß, Kinoaus- schuß, Finanzausschuß, Fremdenver- kehrsausschuß, Polizeiausschuß, Ernäh- rungsausschuß und saß darüber hinaus auch im Ortsschulrat. Der Wohnungs- ausschuß wurde auf seine Anregung hin gegründet. Dieser hatte einmal wö- chentlich einen Amtstag abzuhalten, auf welchem den Parteien Rat und Aus- kunft gegeben werden mußte. Petzolds Interesse in Kitzbühel galt allen Problemen in gleichem Maße. Je- doch bei genauer Studie der Gemeinde- ratsprotokolle war nicht zu übersehen, daß ihm die Wohnungsnot, die Not der Kriegsopfer und der Kriegsinvaliden sowie die Schlichtung entgegenstehen- der Meinungen im Gemeinderat beson- ders am Herzen lag. 1920 verfaßte Petzold im Auftrag des ALFONS PETZOLD Die österr. Jugendbewegung Kitzbühel hat mit dem Gedanken an Alfons Pet- zold einen Menschen und Dichter ge- ehrt, der wie kaum ein anderer die Würdigung verdient. Wer das Werk des Dichters, vor allem den autobiographi- schen Roman „Das rauhe Leben" kennt, diese furchtbare Ankt,_-e an die da- malige Gesellschaftsordnung, steht er- schüttert vor einem Menschen, der mit unendlicher Geduld all die Leiden er- tragen, all die unverschuldete Not und das Elend, nur deshalb, weil er ver- urteilt war ein Arbeiter zu sein, meist ohne Arbeit - somit ohne Brot! Hier spiegelt sich das Los Tausender. Al- fons Petzold ist ihr Sprecher geworden: „So war es nicht gemeint, daß Millio- nen Knechte wenigen Herren dienst- bar sollen sein." Ohne Haß gedanken hat er seine Brü- der und Schwestern aufgerufen, mit den Waffen des Geistes den Kampf gegen das Unrecht anzutreten, ihn aus- zufechten für Freiheit und Menschen- würde! In Dankbarkeit und Verehrung neigen wir uns vor seinem. Werk und seiner menschlichen Größe. Und sein Lied ist nicht verklungen, schlicht, wie alles, was er tat, hat er höchstes Lob gesungen dem, der ihn begnadet hat. (Amalie-Maria Rainer) --- .- Gemeinderates ein eigenes Jugend - schutzgesetz ugend- schutzgesetz für die Stadtgemein- de Kitzbühel. Der Text dieses Gesetzes konnte leider bis heute trotz eifrigen Suchens nicht aufgefunden werden. Pet- zold erreichte bei der Landeshaupt- mannschaft eine bessere Versorgung der Stadt und des Bezirkes mit Le- bensmitteln und errichtete eine eigene Schuhreparaturwerkstätte für Minder- bemittelte. Seiner Verhandlungskunst gelang es, die damals „leidige" Kino- frage zugunsten des Invalidenverbandes zu regeln. Er stand dabei öfters im „Kreuzfeuer" der Mitglieder des Inva- lidenverbandes, der Landeshauptmann- schaft sowie der Gemeinderäte von Stadt und Land. Er führte die Verhand- lungen mit den Fleischhauern zur Re- gelung der damaligen „Fleischauflage", war im Auftrag des Gemeinderates maß- geblich an der Errichtung der Schre- bergärten beteiligt und führte in Wien und in der Schweiz erfolgreich die Vor- verhandlungen zur Erlangung eines Kredites zum Ausbau des Elektrizitäts- werkes. In den einschlägigen Gemeinde- ratsprotokollen ist auch ersichtlich, daß seinerzeit die Stadtsäge die Stadtge- meinde vor dem Bankrott errettete, da ein Stammkunde aus Rohrschach, der Schweiz, das ausschlaggebende Kapital zur Verfügung stellte. Der damalige Sä- gereferent Stadtrat Johann Tagwerker hat als Bevollmächtigter der Stadt- gemeinde die Schlußverhandlungen ge- führt. Petzold setzte sich vor seinem Tode noch dafür ein, im städtischen Moor- bad eine Kaltwasserheilanstalt, der er- sten dieser Art in Oesterreich, zu er- richten. Die gebundene Sprache war Petzolds größte Kraft. „Verse und Reime flos- sen ihm von selbst zu', schrieb der be- kannte Rezitator Dr. Erich Fortner, als er vor zehn Jahren die biographische Einführung zum ersten Petzold-Abend in Kitzbühel schrieb. Neben der Lyrik im engeren Sinn, neben den Versen, in denen er die tiefsten Regungen der eigenen Seele zum Ausdruck brachte, war es besonders die Ballade, für die Petzold eine starke Begabung hatte. In einer außerordentlichen Gemeinde- ratsitzung vorn 23. Dezember 1929 be- schloß der Gemeinderat der Stadt Kitz- bühel unter Bürgermeister LA Carl Planer, das Grab Petzolds im Marien- friedhof zu Kitzbühel zum Ehren- grab hren- grab zu erheben und eine Straße nach seinem Namen zu benennen. Die österr. Jugendbewegung legte aus Anlaß der Dichterlesung auf das Grab Petzolds ein Blumengebinde mit einer weiß-roten Schleife. Abschließend sprach Hans Wirtenberger der Familie Dipl.- Ing. Hopfensberger, dem Vortragenden Dr. Erich Schenk und dem Kolpingchor den Dank aus. Wir verabschieden uns heute von Alfons Petzold mit dem Ge- dicht, das er seiner Wahlheimat K i t z- bühel widmete: Der Atem deiner Wälder heilte mich, Du gabst mir gute Herberg, liebes Land! Der Sturm, der über deine Berge strich, Er stähite mir die Seele und die Hand. So ist es mir, als wäre ich dein Kind, Gebräunt von deiner Sonne klarem Feuer Und wie den Söhnen deiner Erde, sind Mir deine schwerbedrohten Grenzen teuer. Wie oft hab ich an deiner Brust geruht, Wund von des Lebens hartem Wie- lan dschlag. Durchströmt von deiner Quellen Silberblut Lobte ich wieder fröhlich jeden Tag. Ich lag zu Füßen deiner Felsen, wie Ein Mönche vor Gott, durchschauert Herz und Glieder, Nach deiner Wasserfälle Melodie Formte ich Klang und Rhythmus meiner Lieder.
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