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Seite 6 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 6. April 1968 rate und Sandsteine innerhalb der Kitz- büheler Grauwackenzone im Hahnen- kammgebiet. Hier tritt der Sandstein in zwei durch einen mächtigen Brec- cienzug getrennten Streifen auf. Der längere und breitere südlich reicht vom Rettenbach im Spertental über die Och- senalm, Obere Fleckaim und den Hah- nenkamm bis zur Wendelinkapelle am Ehrenbach. Der viel kürzere nörd- liche Zug verläuft von der Seidlaim und Unteren Streifalm über den Schatt- berg und das Wasserschloß gleichfalls fast bis an den Ehrenbach. In der Kitzbüheler-Horn-Gruppe sind dagegen nur mehr bescheidene Reste von Breccien, Konglomeraten, Sand- steinen und roten Tonschiefern erhalten geblieben, so am Wilden Hag, am Pfei- ferkogel, im Bereich des Stuckkogels und besonders bei der Lämmerbühel- grundalm. Die Kalkalpen: Vor allem interes- siert das imposante Kaisergebirge. Über der markanten weit nach Osten vor- springenden, oberseits bewaldeten und almtragenden Felsflucht des Nieder- kaisers folgt dann gleichsam als höhe- res Stockwerk das Hochgebirge des Wilden Kaisers, bestehend aus Trias vom Muschelkalk aufwärts bis ein- schließlich des Juras (140 bis 185 Mil- lionen Jahre). Im Blick aus der Ferne, etwa von den Kitzbüheler Aussichts- bergen, fällt hauptsächlich der bleiche mitteltriadische Wettersteinkalk auf, der die Wandfluchten und den langen, reichgegliederten, vielzackigen Kamm- verlauf bildet, den die Elimauer Halt (2344 m) nur wenig überragt. Im ruhigen Wasser des Schwarzsees kann man die prächtige Kulisse des Kaisergebirges als Spiegelbild sehen. Der Gebirgsbau der Kitzbüheler Al- pen ist komplizierter, als es den An- schein hat. Das lernte man schon vor Jahrhunderten in den Kitzbüheler Kup- ferbergwerken kennen. Das Ausrichten der Erzgänge stellte die dafür verant- wortlichen Bergleute bis in die neue Zeit vor große Probleme und folgen- schwere Entscheidungen. Aus der Eiszeitgeschichte: Das letz- te große Ereignis in der Erdgeschichte war auch im Kitzbüheler Raum das Eiszeitalter. Weite Teile Tirols lagen unter den Eismassen begraben. Die Ho- he Salve (1829m) und der Gaisberg (1769m) blieben weit darunter. Vom Inntal bei Schwaz bis zum Kitzbühe- ler Horn (1996 m) und von hier bis zum Kaisergebirge lag eine geschlossene Eis- fläche. Ueber dem Brixental vereinig- te sich ein breiter östlicher Arm des mächtigen „Inngletschers", des größten und längsten ostalpinen Eiszeit - Glet- schers, iszeit - Glet- schers, mit den von Süden aus dem oberen Pinzgau über die Kammsenken der Kitzbüheler Alpen sich vorschie- benden Eismassen des „Salzach-Glet- schers". Dabei kam es zu gegenseitiger Behinderung der einzelnen Ströme, die nicht ungestört abfließen konnten, und zur Aufstauung der Eismassen. Diese reichten infolgedessen noch höher und wurden breiter, als es bei unbehinder- tem Abzug der Fall gewesen wäre. - Ueber der Gegend von Kitzbühel reich- te das Eis auf rund 1900 m Höhe, so daß der Hahnenkamm und auch die Ehren- bachhöhe (1802 m) schon ziemlich tief unter das Eis zu liegen kamen, das Kitzbüheler Horn hingegen gerade noch wie eine Insel aus dem Eisstrom ragte. Hin und wieder trifft man ortsfrem- de Blöcke, meist „Findlinge" genannt. Einer der größten in der Umgebung von Kitzbühel, an einer Wegkreuzung gelegen und deshalb leicht zu finden, trägt nahe südlich der Höfe Vordererb und Hintererb das E r b e rk re u z. Der sichtbare und meßbare Umfang dieses fiachgelagerten Fremdlings beträgt 12 BOUTIQUE TYROL DIRN DLPARAD!ES Mieder-Dirndl mit Bluse und Schurze ab $ 300.— Meter, die festgestellte Höhe 1,30 Meter. Es ist ein heller und ziemlich frischer, unverschieferter Granit, wie er erst 23 km weiter südlich in der Venediger- gruppe vorkommt. Unter Berücksichti- gung der Strömungslinien des Eises stammt der Koloß eher aus den öst- lichen Zillertaler Alpen. Der Raum- inhalt dürfte 15 cbm betragen. Ein Ku- bikmeter dieses Gesteins wiegt 2,7 t. Der Block müßte demnach annähernd 40t wiegen. Eigenartig ist die tisch- ähnliche, in manchen Einzelheiten ge- radezu symmetrische Form des Blocks, die den Verdacht auf künstliche Be- arbeitung in einer schon lange zurück- liegenden Zeit aufkommen ließ. Der Stein trägt schon seit Menschengeden- ken ein Kreuz und wurde wahrschein- lich aus diesem Grund geschützt, wie- wohl man aus ihm durch Abkeilen oder durch Sprengung viel Baumate- rial hätte gewinnen können. Möglicher- weise war hier eine alte Kultstätte. Die notwendigen Erhebungen zur Klärung dieser Frage sind noch nicht abgeschlos- sen. Früher soll unter dem Block Was- ser ausgeflossen sein. Deshalb wurde diesem in gewissem Sinn heiligen Stein eine besondere Bedeutung beigemessen. Jedenfalls verdient dieses eiszeitliche Denkmal unter Schutz gestellt zu wer- den. - Die Mühlauer Gletschermühle: In den vom Gletscher überschliffenen Gebie- ten kam es örtlich zu tieferen Aus- kalkungen der Felsunterlage. Von der Oberfläche des Eises durch Spalten oder Schächte in die Tiefe stürzendes Schmelzwasser erzeugte an der Auf- prallstelle Hohlformen, die durch mit- gewirbelte Gesteinsstücke und Blöcke allmählich vertieft und verbreitert wur- den. So entstanden kesselartige Formen, die „Gletschertöpfe". Die Reib- und Mahlsteine nahmen beinahe Kugelfor- men an und blieben nach Beendigung ihrer rotierenden und abschleifenden Tätigkeit liegen. Darüber abgelagerter Gletscherschutt konservierte die Ver- tiefungen samt den Blöcken. Solche nicht ganz zutreffend Gletschermüh- len genannte Felskessel wurden im Jahre 1911 in der Mühlau nördlich des Bahnhofes Kitzbühel am Abhang ei- nes Wiesenhügels entdeckt. Bei Gra- bungsarbeiten zwecks Vorbereitung ei- nes Steinbruchs kamen nach dem Ent- fernen der Humusschicht und des Mo- ränenschuttes in dem geglätteten felsi- gen Kern des Hügels guterhaltene Glet- scherschliffe und eine Gruppe von zehn Gletschertöpfen verschiedener Grö- ßen und Entwicklungsstufen samt den Mahlsteinen zum Vorschein. Der größ- te Kessel mit einem Durchmesser von 4 m war 10 m tief. Auf seinem Grunde lag ein Rollstein von schätzungsweise 10 t Gewicht. Leider blieb dieses in Bildern festgehaltene einzigartige eis- zeitliche Naturdenkmal, das für Kitz- bühel eine Sehenswürdigkeit geboten hätte, nicht bestehen. Die wenigen Stim- men der Heimat- und Naturschützer, die für die Erhaltung und Ausgestaltung nach Art des bekannten Gletscher- gartens in Luzern eintraten, konnten sich nicht durchsetzen. Bereits wenige Wochen nach Freilegung des ersten Gletschertopfes begann man mit dem Sprengen des Gesteins zur Schotter- gewinnung. Für Kitzbühel ging damit ein interessantes Eiszeitdenkmal unwie- derbringlich verloren. Der Verschöne- rungsverein ließ zur Erinnerung aus den gefundenen kleineren Rollsteinen im Stadtpark eine Pyramide errichten. Heutzutage würde man für einen sol- chen seltenen Zufallsfund mehr Ver- ständnis zeigen und veranlassen, daß er als Naturdenkmal geschützt wird. Es kann noch lange dauern, bis wieder etwas Gleichwertiges gefunden wird. In den warmen Zwischeneiszeiten wa- ren die Täler wieder eisfrei geworden. Ein Teil des abgelagerten Moränen- materials wurde vom Wasser abgespült, umgelagert und entfernt oder durch Anschüttungen verdeckt und begraben. Die jetzt an der Oberfläche liegenden Grundmoränen gehören wohl aus- schließlich der letzten großen Verglet- scherung, der Würmzeit (bis 600.000 Jahre) an. Nur in wenigen Fällen sind innerhalb des Alpenraumes ältere eis- zeitliche oder zwischeneiszeitliche Ab- lagerungen erhalten und zugänglich ge- blieben. Ein solcher Fall ist tatsächlich bei Kitzbühel gegeben. Am Fuß des Schattbergs südlich der Stadt wurde im Kupferbergbau Schattberg durch den Josefi-Erbstollen ein interessantes und für die Eiszeitgeschichte von Kitz- bühel wichtig gewordenes Schichten-
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