Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 31. August 1968 Kitzbüheler Anzeiger Seite 13 TjjZ ER IN 5K fL Euthanasie ist der Schlaf, der Traum noch und das Versinken in das Nichts. Vom Augenblick des Einschlafens an verliert sich der Bewußtseinszustand, es gibt keine Gefühle mehr, aber auch nicht die Todesangst und kein Er- wachen. Die moderne Tiermedizin hat mit der Euthanasie eine Trumpfkarte in der Hand, um die sie die Humanmedi- zin beneiden mag. Denn wir Tierärzte sind in dieser Situation wirklich Herr über Leben und Tod. Wir können den Tod wohl genauso nicht besiegen wie die Humanmedizin, sondern nur mit lau- fend verfeinerter Wissenschaft das Le- ben verlängern. Wir können aber den Tod überspielen, ihn uns so gefügig machen, daß er nicht zum Martyrium der Kreatur wird, sondern zum sanf- ten Einschlafen. Wir Tierschützer haben die Pflicht. die Euthanasie als letzte Wohltat dem Tier zu spenden, wenn es von Siech- tum oder schmerzhaftem Todeskampf befallen wird. Das gilt besonders für unsere Hunde und Katzen. Je höher und je näher ein Tier zum Menschen steht, desto tiefer empfindet es die Todesnähe und den Todesschrnerz. Hunde ahnen bekanntlich den Tod ihres Herrn weit voraus. Wie viel tie- fer noch sitzt ihnen daher die eigene Todesangst in ihrer Seele. Die Katze verkriecht sich, wenn sie ihre Todes- stunde nahen fühlt. Wir Menschen wis- sen sehr wenig über diese psychischen Belastungen der stummen Kreatur, aber wir müssen aus den Beobachtun- gen totgeweihter Tiere schließen, daß sie zumindest Todesängste und Todes- kämpfe mitmachen wie wir Menschen. Axel Munthe, der große Arzt und Tier- freund, schreibt schon in seinem „Buch von San Michele" von dem stillen Ver- trag zwischen Herr und Hund. Der Hund erwarte, sagt Axel Munthe, von seinem Herrn und Meister, daß er ihn, wenn er altersschwach und von Siech- tum befallen wird, nicht elend krepie- ren lasse. Natürlich müssen wir Tierschützer diese Frage nach den fortschrittlichen Methoden der modernen Veterinär- medizin lösen. Und die einzig richtige Methode ist die Euthanasie. Alle ande- ren Methoden des Tötens mögen im Notfall improvisiert pardoniert werden. Im Prinzip müssen wir heute im Zeit- alter der modernen Medizin alle blu- tigen Methoden vom Erschießen bis zum Erschlagen ablehnen. Sie sind einer fortschrittlichen Kulturgesell- schaft unwürdig. Vor einigen Jahren sah ich einmal einem Wasenmeister zu, wie er einen Hund erschießen wollte. Es war eines meiner grausigsten Erlebnisse. Der Mann führte den Hund zu einer Hütte. Er fürchtete sich vor dem Hund, ob- wohl das Tier am ganzen Leibe zit- terte, das Fell steif sträubte, und vom panischen Schrecken hypnotisiert an der Leine des Wasenmeisters mitging. Dann band er den Hund an einem Pfahl in der Hütte fest. An die- sem Pfahl klebte das Blut weiß Gott wie vieler Hunde. Dann band er dem Hund erst umständlich einen Maulkorb um, an welchem ebenfalls altes Hunde- blut klebte. Diese Prozedur schien endlos. Der Hund wartete in diesen langen Minuten wahrscheinlich Stun- den der entsetzlichsten Todesangst bis auf seine Hinrichtung. Als mir diese Prozedur unerträglich wurde, nahm ich dem Wasenmeister den Bolzenschuß- apparat aus der Hand, legte ihn dem armen Teufel an und drückte ab. Hinter mir schnitt der Wasenmeister dem Hund mit einem Messer die Kehle durch. Damals schwor ich, solchen Methoden mit moderner Euthanasie zu begegnen. Und zwar auf breiter Basis. Unser Tierschutzverein hat daher bekannt- lich im Rahmen der Tierambulanz ein Sofortprogramm zur allgemeinen Ein- führung der Euthanasie beschlossen und praktiziert. Ich glaube aus der jahrelangen Erfahrung sagen zu kön- nen, daß allein diese Institution unse- res Tierschutzvereines zum Segen der Kreatur wurde. Bei uns wird auf An- trag jedes Tier kostenlos eingeschlä- fert. Wir bringen die Tiere auch ebenso kostenlos zur Verbrennung. Was nützt der großen und breiten Tierschutzidee in der Praxis ein Tierasyl um einige Millionen Schilling, wenn draußen in der Provinz wegen einiger hundert Schilling Aufwand im Jahr die treuesten unserer Tiere nicht euthana- siert, sondern regelrecht umgebracht werden? Wir sind heute in unserem Tierschutzverein stolz darauf, daß wir immer mehr zur praktischen Anwen- dung der Euthanasie beitragen konnten und immer progressiver wirken. Wir euthanasieren auch solche Tiere ko- stenlos, deren Besitzer das Tierarzt- honorar nicht ausgeben wollen. Und zwar nicht deshalb, weil sie so arm sind, sondern weil sie zu geizig dazu sind. Uns geht es darum, den Tieren die Todesqualen zu ersparen, und nicht etwa darum ‚ einem Mitbürger das Honorar eines solch letzten, an sich selbstverständlich erscheinenden Dien- stes zu ersparen. Wir schläfern jeden Hund und jede Katze mit derselben Sorgfalt und mit den besten modern- sten Medikamenten ein. Bei uns gilt nur das Tier! Wir haben auch manche Methoden der Einschläferungen durch bessere und fortschrittlichere ersetzt. Etwa lehnen wir an der Tierambulanz Einschläferungen mit Äther prinzipiell ab. Auch die kleinsten Welpen, Tau- ben und Nestfaller werden mit an sich wertvollen Injektionen reaktionslos eingeschläfert. Als Tierschutzorgani- sation sind wir uns bewußt, daß wir mit dem besten Beispiel Zeugnis-davon geben müssen, welche wohltätigen Dienste man den Tieren tun kann, wenn man nur will. Es ist aber nicht schon jedes in- jizierte Gift eine Einschläferung, eine Euthanasie. Es scheint auch Laien zu geben, welche Hunden derartige In- jektionen verabreichen. Leider werden uns solche Gerüchte nur vertraulich zugetragen, und die Informanten leh- nen die Zeugenschaft ab. Auch mit anonymen Zuschriften über derart qualvolle Vorkommnisse ist uns und den Tieren nicht gedient. Wir möch- ten daher ausdrücklichst betonen, daß nur eine tierärztliche Euthanasie mit intravenöser Injektion (und das kann kein Laie) einer richtigen schmerzlosen Einschläferung entspricht. In den Expertenkonferenzen der Tierschutzorganisationen sind wir uns natürlich bewußt, daß die Euthanasie der Hunde und Katzen, wie geschil- dert, nur der Beginn einer Idee, einer Gesinnung zur Humanisierung des Tiersterbens ist. So hat einmal ein Delegierter die berechtigte Frage ge- stellt, warum denn nicht die bereits ausgereiften und in Verwendung ste- henden Betäubungsluftdruckgewehre, wie sie bei der Bekämpfung der Gernsenräude Verwendung finden, allgemein in die moderne Jagd ein- geführt werden? Oder wir wissen ge- nau, daß zumindest in Großschlacht- häusern durch Gasbetäubung der Schlachttiere eine ganz wesentliche Humanisierung der Schlachtungen be- reits geschehen könnte. Und dgl. mehr. Es soll gerade dieser Artikel mög- lichst ohne polemische Note bleben. Trotzdem ist es die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, daß viel Leid und Elend den Tieren erspart werden könnte, und außerdem dem Gewerbe eine ruhigere, gefahrlosere und schö- nere Arbeit eröffnet würde. Es fehlt zu solchen Entwicklungen nicht nur an gutem Willen, sondern an Geld, vor allem aber an Vorbildern. In un- serer materialistischen Welt haben solche Ideen kaum Platz. Daß es aber Euthanasie der Tiere von Dr. Oskar Ganstar
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