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Samstag, 16. November 1968 Kltzbüheler Azeger Seite 9 1. Fortsetzung Zu den großen Gönnern des Kolping- hauses gehörte, wie uns Michael Bur- ger mitteilte, die Kaufmannstochter Mitzi Hirtl. Der Grabstein der Familie Hirtl steht an der Kirchenmauer, rechts von der großen Kirchenstiege. In ver- blaßter Schrift ist noch zu lesen: Josef Hirtl 1827-1890, Martha Hirtl 1844- 1916, Maria Hirtl 1876-1953. Die Mutter unserer Mitzi Hirtl hatte kurz nach der Bauzeit des Kolping- hauses im Sinn, sich ein eigenes Wohn- haus zu errichten. Auf Bitten von Ko- oper etor Maximilian Ringelgschwendt- ner und dem Vorstand des Gesellen- vere:ns verzichtete Martha Hirtl auf den Bau und übergab das Baukapital dem Gesellenverein. Dafür wurde der Tochter Mitzi das Recht eingeräumt, :m ersten Stock des Kolpinghauses auf Lebenszeit wohnen zu können. Von der Stadtgemeinde Kitzbühel wurde das Kolpinghaus, insbesondere in den letzten Jahrzehnten, mit beson- deren Hilfen bedacht. Als 1938 das Haus vom Reichsstatthalter beschlag- nahmt und der DAF übereignet wurde, kaufte es 1942 der damalige Bürger- meister Erwin Müller zur Uck und schenkte es den dortigen Vereinen und zwar dem Gesellenverein, dem Arbei- terverein und dem Meisterverein. Die Kaufsumme betrug, soweit sich Altbür- germeister Müller noch erinnern konn- te, 45.000 Mark. Im Gemeinderat wurde dem Kolpingverein schon vor zehn Jah- ren die Verzinsung eines Baudarlehens, zum Umbau und Ausbau des Hauses, angeboten, falls dieser im Sinne eines modernen Veranstaltungssaales durch- geführt wird. Bei der Generalversammlung der Kol- pingfamilie Kitzbühel am 1. Oktober 1966 gaben die bisherigen Besitzvereine und zwar der Gesellenverein (gegrün- det 1883), der Meisterverein (gegründet 1804) und der Arbeiterverein (gegrün- det 1905) offiziell bekannt, daß sie auf ihre Rechte am Eigentum des Hauses zugunsten der neu gegründeten Kol- pirgfamiie verzichtet hatten. Dem Ver- zieht ging die freiwillige Selbstauflö- sung dieser alten Vereine voraus und, seither ist die Kolpingfamilie, als deren Präses mit Dekret von Herrn Erzbischof DDDr. Andreas Rohracher der Vikar Hans M o i s e s ernannt wurde, für das Haus verantwortlich und konnte be- rets mehrere Verschönerungen und Verbesserungen vornehmen. Indirekt kcmmen alle diese Verbesserungen auch der Heimatbühne zugute. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Theaterspiel von der Gesellenver- einsbühne am Stefanitag 1918 mit dem Stück „Der Paragraphenschuster" wie- der aufgenommen. Es folgte das Stück „Der Weiberfeind" vorn Kitzbüheier Dramatiker und Spielleiter Sebastian Praxmair. Das Jahr 1919 war ein reiches Theaterjahr. Es wurden außer dem „Weiberfeind" noch folgende Stük- ke aufgeführt: „Die Buschliesl", „Die Wildkatz vom Hollergrund", .,Ahnen- Photo Herta Wakh, Kitzbühel Unser Jubilar Franz L a m p 1 m a y r wurde am 10. Juli 1911 in Itter geboren. Er kam am 30. Juli 1922 von Rinn nach Kitzbühel und erlernte hier das Maler- handwerk. Zum Theater kam er im Jahre 1928, und es wurden ihm ernste und auch heitere Rollen übertragen. Er ist seit Jahrzehnten einer der großen Spieler. Von ihm und seinem Theaterfreund Ludwig Obermoser sagte bei der Aufführung des „Alois" in Kufstein Dr. Haider, daß um diese zwei Spieler jedes Berufstheater froh sein müßte. Franz Lamplmayr wurde bei der Gründung des Landesverbandes der Tiroler Volksbühnen in den Aus- schuß gewählt. Als sichtbares Zeichen des Dankes und der Anerkennung wurde auch er mit dem Goldenen Ehrenzei- chen des Landesverbandes ausgezeich- net. Die ehrenvolle Stelle als Vertre- ter des Bezirks Kitzbühel beim Landes- verband hat er im Vorjahr „freund- licherweise" seinem Kollegen und Lehrmeister Ludwig Obermoser über- lassen. Am Sonntag, 17. November sehen 'wir wiederum Franz Lamplmayr als Rieger- bauer und Ludwig Obermoser als Brunnerbauer bei der Fernseh-General- probe des „Alois, wo warst du heute Nacht?" im Kolpinghaus um 20.30 Uhr. ruhe", „Der Meineidbauer". „Jägerblut", ‚Der Herrgottschnitzer von Ammer- gau", „Die Junggesellensteuer" und „Ein Sonnenschein im Sonnenhof" - ein Werk von Sebastian Praxmair. Dieses Stück wurde viermal aufgeführt und ging sehr gut über die Bühne. Es folg- ten „Die Schatzgräber", „Der Müller und sein Kind", „Der Protzenbauer" und in der Woche von Weihnachten bis Neujahr das Stück „Stadt und Land". Außer den bisher angegebenen Stük- ken von Sebastian Praxmair verfaßte dieser, wie wir aus der von Ludwig Obermoser verwahrten Chronik „1919- 1932" entnehmen können, noch folgende Stücke: „S' Waldvogerl", „Die Tochter des Wilderers", „Die Dora vom Wie- senhof". Es dürfte dies sein letztes Stück gewesen sein. Es wurde erst nach seinem Tode am 19. Februar 1922 (Se- bastian Praxmair starb 1921) unter der Spielleitung von Drechslermeister Karl Schnepf aufgeführt. Karl Schnepf leitete die Gesellenver- einshühne bis zu seinem Tode. Er starb am 4. Juni 1926 und in seiner Zeit fan- den jährlich an die vierzig Auffüh- rungen statt; mit Ausnahme 1924, als im Sommer die Jedermannsspiele aufgeführt wurden, die bekanntlich vom damaligen Gemeinderat unter Bürger- meister Hans Hirn sberger zu Wohl- tätigkeitszwecken veranstaltet wurden. Wenn man in den Zeitungsberichten der zwanziger Jahre nach Theater- quellen sucht, dann findet man eine Vielzahl von Namen. So,z .B.: Katholisches Vereinshaustheater Theatergesellschaft im kath. Vereins- haus Gesellenvereinsbühne Dilletantentheater Schauspielgemeinschaft Stadtsaalbühne Bauerntheater Volks- und Bauerntheater Theatergesellschaft Kitzbühel Schauspielgemeinde Kitzbühel und Stadtbühne Kitzbühel. Einige Klarheit bringt ein Protokoll in der genannten Chronik vom 23. April 1928. Gründungsversammlung der Theater- gesellschaft im katholischen Vereins- haus. Anwesend 21 Personen. Einberufer Toni Praxmair begrüßt alle Spielerinnen und Spieler, er be- gründet den Zweck 'der heutigen Ver- sammlung, dem Theaterwesen ein fe- steres Gefüge zu geben durch die Gründung einer Gesellschaft, wel- che durch das Auftreten mehrerer Gesellschaften in Kitzbühel notwendig erscheint. Nach kurzer Aussprache wurde einstimmig die Gründung der Gesell- schaft beschlossen. Die Wahlen brach- ten folgendes Ergebnis: Obmann: Pfarr-Chorregent Anton Rothbacher Spielleiter: Toni P r a x mai r Kitzböheler Thenterchronik der neueren Zeit Gewidmet den Theaterjubilaren Franz Lamplmayr und Ludwig Obermoser
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