Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Seite 24 Kitzbttheler Anzeiger Samstag, 7. Dezember 1968 Diese begeisterten Worte über Kitz-- bühels Umgebung schrieb zu Anfang unseres Jahrhunderts Kaspar Schwarz, der langjährige verdienstvolle Kustos des Museums Ferdinandeum. Im Laufe der Jahrzehnte seither ist dies alles ganz anders geworden. Auch Schloß Münichau hat am Aufschwung der, Fremdenverkehrsmetropole an der Großache teilgenommen. Wer heute am Strandbad des Schwarzsees in hoch- sommerlicher Begeisterung zu den liftgefesselten Bergen ringsum auf- blickt, möchte es nicht für möglich halten, daß über denselben See vor rund 15 Jahren in einer Tiroler Landes- beschreibung noch zu lesen stand: „Er ist klein, aber tief, von seiner schwarzen Farbe benamt, wegen der vielen in ihn versunkenen Bäume nicht fischbar. Der seine Moore umsäumende düstere Tannenwald, das darüber kahl hereinschauende Kaisergebirge, das Trübselige der ganzen Gegend machen ihn unheimlich; die Aussicht in das schöne Brixental allein wirft seinen Strahl der Freude in das Schauerbild." Viele Merkwürdigkeiten verlöscht der Finger der Zeit oder zeigt sie erst auf, denn vom Schwarzsee schreibt Kustos Schwarz, daß ihn Gilg von Münichau um 3500 Gulden von Kaiser Max mit anderen Rechten und Gütern gekauft hat und daß Kitzbühel zum guten Teil heute diesem See seine zahlreichen Sommerfrischler verdankt, „ohne daß man sich recht klar wäre, wem denn der See heute eigentlich gehört." Auch diese Merkwürdigkeit hat sich gewan- delt, denn in jedem Telephonbuch kann man jetzt lesen: „Städtisches Schwarz- seebad Kitzbühel". Mit dem Schwarzsee und Schloß Münichau ist Kitzbühels Geschichte eng verknüpft, besonders ab dem Jahre 1696, als Johann Raimund Graf Lam- berg alle seine Güter in Kufstein und Kitzbühel, darunter auch Münichau, dem Johann Philipp Graf Lamberg, Fürstbischof von Passau, für 27.500 Gulden verkaufte. Von dem Erlös be- stimmte der Verkäufer 10.000 Gulden zur Gründung des heutigen Kapuziner- klosters in Kitzbühel. Schon im Jahre 1701 starb er; erst am 8. Oktober 1702 konnte der Grundstein zum Kloter gelegt werden, wobei der gleichnamige Sohn des Stifters, Raimund, Sufiragan- bischof von Passau, die Zeremonie der Grundsteinlegung vollzog. Die Altar- blätter der einfachen Kirche sind ihre schönste und ehrwürdigste Kostbarkeit und stammen aus der Hand des Hof- malers des Passauer Bischofs Jakob Christoph Platzer. Damit ist die Kitzbühler Kirche der Bettelmönche gleichsam ein Jubel- geschenk jener großen Zeit, da Öster- reich im Kampf gegen den übermüti- gen Sonnenkönig in Paris und gegen die Türken den Weg zur Großmacht unter Kaiser Leopold I. gegangen ist. Dafür erhielt Johann Philipp Graf Lamberg, der Herr von Münichau, vom Kaiser im Jahre 1693 auch die Herr- schaft Kitzbühel als Lehen, als Dank für seine mannhafte Unterstützung des Habsburgers im Kampf gegen den Sultan. Von den Schlachtfeldern in Ungarn gegen die Heerhaufen des Großveziers Kara Mustafa weg berief Leopold den klugen Grafen Lamberg an seinen Hof in Wien, denn er war ihm in diplomatischen Missionen wich- tiger als im Scharmützel, galt es doch allen jenen rebellischen Kurfürsten um den Bart zu streichen, die von Pfalz-Neuburg, von Sachsen und von Brandenburg aus nie wußten, sollten sie dem österreichischen Habsburger oder dem Franzosenkönig anhangen, dies noch auf dem Regensburger Reichstag 1686, dem Jahr der Erobe- rung Budapests durch Österreich. Dem erfolgreichen Gesandten des Kaisers auf diesem Reichstag, Johann Philipp Graf Lamberg, verschaffte Leopold deshalb auch drei Jahre später das Bistum Passau, an dem der Herr von Münichau schon früher eine Dom- herrenstelle besaß, gleich wie in Salz- burg und Olmütz. Er ist und bleibt der Größte im Geschlecht der Lamberg, denn 1697 begegnen wir ihm als kaiser- lichen Botschafter in Warschau, wo er die Wahl des Kurfürsten August von Sachsen zum König im Auftrag des Kaisers durchsetzt. Immer höher steigt er auf der hierarchischen und diplo- matischen Stufenleiter empor. 1700 wird er Kardinal und Papst Klemens XI., der den Franzosen wegen der „Gallt- kanischen Freiheiten" und der Irrlehre des Jansenismus ohnehin nicht Freund war, sicherte sich wenigstens gegen Deutschland ab und ernannte den Kar- dinal von Passau auch zum Protektor Deutschlands. Der Kardinal, der am 20. Oktober 1712 im Kloster St. Eine- ran zu Regensburg gestorben ist, setzte seinen Neffen Ferdinand Dominik zum Erben ein, womit der ganze Besitz und damit auch Schloß Münichau an die fürstliche Linie des Hauses Lam- berg überging. Erst als Münichau Schloßhotel wurde, sind die Lambergs der Familie Harisch gewichen, der Adel des Blutes dem Adel der Wirt- schaft. Kristallisiert sich die weltliche und vor allem wirtschaftliche Geschichte dieses östlichen Landeszipfels um Kitz- bühel, so war der kirchliche Mittel- punkt bis in unsere Gegenwart die Pfarre Brixen. Von ihr und der Ort- schaft ringsum hat das ganze Tal sei- nen Namen erhalten. Brixen im Tal wird schon 786 ur- kundlich erwähnt. Es blieb bis 1808 eine Tafelpfarre von Chiemsee und stand unter dem Dekanat St. Johann. Seit dieser Zeit dem Erzstifte Salz- burg zugewiesen, wurde sie als geisti- ger Mittelpunkt des Landgerichtes Hopfgarten zum selbständigen Deka- nat erhoben. Die Invidia clericalis ist Ursache einer merkwürdigen Urkunde aus dem Jahre 1329. Die Gläubigen aus den Urpfarren des Chiemseer Bistums, also aus St. Johann, Brixen, Söll und Kirchdorf pilgerten ungehindert all- jährlich mit Kreuzfahnen zum Kloster St. Georgenberg und mögen dort „nach alter und verdienstvoller Gewohnheit Geld, Kerzen, Korn, Käse und andere Sachen, wie sie ihre eigene Andacht ermahnt", bei der Wallfahrt opfern. Die Stiftskirche Chiemsee als „Cathe- dral- und Mutterkirche" war nun der Meinung, daß diese Gaben allein ihr gehörten und nicht dem Kloster St. Georgenberg. Drei Schiedsrichter wur- den deshalb befohlen. Ihr Spruch war salomonisch, wie das Pergament be- richtet. St. Georgenberg konnte die Opfergaben behalten. Doch wurde der Abt verpflichtet, alljährlich zu Michele und zu St. Simon und Juda dem Propst von Chiemsee ein Fuder vom „obern Wein" im Dorf Volders zu übergeben, wie ihn derselbe im „Mayser Maaß" von seinen Bauleuten geliefert erhält. Diese Urkunde scheint mit eine Be- stätigung dafür zu sein, daß damals im Unterinntal Weinbau möglich und üblich war. Das Schönste und Kostbarste im Tal ist diese Dekanatskirche, eine Arbeit der Bauhütte des Andreas Huber von Kitzbühel. Sie entstand unter Obsorge und vieler Geldopfer des Wirtssohnes Sebastian Schlechter, der am 17. August 1795 Pfarrer in Brixen im Tale wurde und auch dort gestorben ist. Er ist als Poeta eingetragen in Salzburg und als Nichtmagister in der Philosophie in Innsbruck. Der letzte Bischof von Chiemsee, Sigmund Christoph, hat den Pfarrer tatkräftigst dabei unterstützt. Das Hochaltarblatt stammt aus der Meisterhand von Josef Schöpf und stellt die Himmelfahrt Mariae dar. „Es macht den Betrachter zweifelhaft, ob er sich mit der schwebenden Jungfrau erheben, oder bei den trauernden Jün- gern zurückbleiben soll, so anziehend sind beide Gruppen gemalt", unterteilt ein Kritiker kurze Zeit nach ihrer Fertigstellung. „Der Plafond der Kirche enthält drei Felder: das erste in der vorderen Wölbung, die Anbetung des höchsten Gottes durch alle Nationen der Erde, mit dem Porträt eines Brl- xentaler Bauern, welcher damals Kirch- propst war, wurde von Andreas Nessel- thaler, Hofmaler in Salzburg, gemalt; das zweite in der mittleren Decke, die himmlische Freude und Herrlichkeit darstellend, wieder von Josef Schöpf, und das dritte in der hinteren Wöl- bung, das Opfer Melchisedechs, stamnT wieder von Nesselthaler, alle drei sämtlich Meisterstücke des Pinsels." Fortsetzung folgt!
< Page 24 | Page 26 >
< Page 24 | Page 26 >