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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 14. Dezember 1968 der zwanziger Jahre zum Obmann des Verkehrsvereins in Kitzbühel gewählt wurde, bediente er sich bei der Be- deckung des Bedarfs an Bildern und Prospekten ausschließlich seines Freun- des Alfons Walde; - und als über. Oesterreich die „Tausendmarksperre" verhängt wurde, war es die Bundes- fremdenverkehrswerbung, die sich glei- cherweise unseres Alfons Walde be- diente. Dadurch war er maßgeblich am Aufschwung des Fremdenverkehrs be- teiligt und bestimmte, insbesondere in den angelsächsischen Ländern, d i e Vorstellung von Tirol in der Welt! Dr. Gottfried Hohenauer: Es war- tete aber ein neuer Gegenstand auf Waldes Kunst, der für ihn wie prä- destiniert war: das Wintersporttreiben und vor allem der Skisport. Alfons Walde gebührt das Verdienst, den Skisport in die Malerei ein- geführt und als erster künstle- risch bewältigt zu haben! Man soll sparsam sein mit Verglei- chen aus der Kunstgeschichte, in die- sem Falle jedoch drängt sich der Ver- gleich mit einem großen Niederländer auf: die Welt Peter Breughels mit ih- ren reich bevölkerten Winterbildern, in denen sich Kinder und Erwachse- ne in Spielen, Eislaufen und Schnee- ballwerfen tummeln, diese Welt ist es, deren legitimer Nachfahre Alfons Wal- de zur Zeit des aufkommenden Ski- sports geworden ist. Es ist nicht zu- viel gesagt, wenn dies als ein Markstein in unserer heimischen Kunstentwick- lung bezeichnet wird, der leider zu wenig gewürdigt worden ist. Und wei- cher Ort wäre besser geeignet als Kitz- bühel, um endlich diese künstlerische Tat eines Tirolers, eines Kitzbühelers ans Licht zu stellen und gebührend zu feiern? So ist die Stadt Kitzbühel zu beglückwünschen, daß sie selbst dazu in einer Ausstellung den Rahmen gibt4 Professor Franz Xaver Weidinger: Wer ist Alfons Walde? Walde ist er selbst und das mit allen Vorzügen und Fehlern ganz. Er ist die Personifizie- rung seiner Heimat, die er nie lange verließ. Man könnte sagen: Er ist der Wilde Kaiser mit seinen Schrun- den und Klüften, seinen Fels- wänden und seinen zu Füßen liegenden Matten, auf denen verstreut die Bauernhäuser liegen. Er liebte Tirol, sein Kitzbühel, dem er mit allen Fasern seines Seins er- geben war. Seine Bilder sind er selbst aber gleichzeitig seine Heimat. Urwelt- lich sind seine Berge und ebenso Mensch und Tier, die er in seine Bilder hineinstellte. Nie degeneriert, nie weichlich! Fest wie sein Charakter sind seine Bilder, gebaute landschaftliche Architekturen von unglaublicher Gewalt in ebensol- chen farbigen Stimmungen. Sein Schicksal war, daß er den Neid anderer mehr als verträglich erweckte, Der Geßlerhut von 1928 Für die Abfahrtshalle des Innsbrucker Bahnhofes sind zwei Monumental-Fres- kengemälde im Ausmaß von je 23 Me- ter Länge und je vier Meter Höhe geplant. Die Ausführung dieses Wer- kes wurde durch einen Wettbewerb unter den Tiroler Künstlern eingelei- tet. Am 14. November 1928 tagte in Inns- bruck das Preisgericht, bestehend aus den Vertretern der Landesregierung, des Stadtmagistrates und der Bundes- bahn, ferner den Kunsthistorikern Prof. Dr. Hammer, Probst Dr. Weingartner und Dr. Garber sowie den akademi- schen Malern und Professoren Andri und Kitt, beide Wien, Schiestl, Nürn- berg, Kolig, Stuttgart, und Klotz, Dür- renbach. Von zwanzig Konkurrenten erhielten Alfons Walde den ersten, Rudolf Stolz, Bozen, den zweiten und Andre, Innsbruck, den dritten Preis. Der Entwurf von Alfons Walde, Kitz- bühel, wird als die glücklichste Lösung bezeichnet. Er allein beherrscht die riesige Fläche in geistvoller und be- seelter Art, im Gegensatz zu den Ent- würfen anderer Bewerber. Der preisgekrönte Entwurf zeigt auf der einen Seite das wartende, 'hoffende und trauernde Südtirol mit acht über, lebensgroßen Gestalten verschiedenen Alters und Geschlechts. Besonders mar- kant ein Sarntaler Bauer in die Ferne ausschauend, eine Bauernmutter mit ihren beiden Buben, den jüngsten im Arme haltend und ein weinendes Weib auf dem Felsen sitzend. Diese und an- dere Figuren sind auf einem Joch dro,-. ben plaziert, im Hintergrund die leuch- tenden Felsen der Dolomiten. Auf der gegenüberliegenden Seite ist Nordtirol mit ebensovielen Figuren dargestellt, aber mit grüßender, zurufender und anstürmender Gebärde, ebenfalls auf einem Joche. Die Jugend bereits oben, die Alten dahinter auftauchend. Die Landschaft im Hintergrund ist ent- gegen der glühenden Sonne Südtirols im frischen Alpengrün mit Gletschern und schwarzen Felsen dargestellt. Bei- de Bilder enthalten das tragische Los des geteilten Tirol, aber davon abgese- hen deuten die Figuren auch das all,- gemeine Thema des Kommens und Wartens an. Der Bahnhof ist ja der Ort, wo sich jahrein jahraus Szenen des Menschenschicksals abspielen. Den Innsbrucker Bahnhof, als den ver- verkehrsreichsten Oesterreichs, betre- ten täglich tausende Personen. Die Wän- de des Bahnhofs sollen davon sprechen, daß uns ein Volksleid bedrückt, das aber zugleich von einem starken Glau- ben an die Aenderung dieser Verhält- nisse begleitet ist. Hoffen wir, daß die- ses Werk, entsprungen einem echten Tiroler Herzen, furchtlos, treu und ge- nial, bald zur Ausführung gelangen wird. - Für die Ausführung wurde tatsächlich der Entwurf von Alfons Walde gewählt. Aus verschiedenen Gründen, die jedoch außerhalb des Bereiches der Kunst wurzelten, entschloß man sich später anders und erteilte Stolz den Auftrag zur Ausführung. Was war der wirk- liche Grund? Wollte man dem Maler, „aus der Provinz" den großen Erfolg nicht gönnen? Fast scheint dies so ge- wesen zu sein. Denn als man 1955 eine neue Bahnhofshalle bemalen mußte, als man sich nach neuen Entwürfen umsah, da wurde Alfons Walde nicht einmal eingeladen! Diese Zurücksetzung war der schwer- ste Schlag, den Walde in seinem Leben erlitt. Und wenn man ihm später zum Vorwurf machte, daß er zuwenig „Neu- es" schaffe, dann sind jene daran schuld, die seine besten Werke nicht anerkannten. Der ihm im Jahre 1956 verliehene Professortitel war nur ein kleiner Trost, aber es freute ihn, daß der Antrag hiezu gemeinsam von der Tiroler Landesregierung und der Aka- demie der bildenden Künste in Wien gestellt wurde. Kitzbühel und mit ihm alle Walde- freunde der Welt haben jedoch keinen Grund über Gewesenes nachzudenken und über Unerfülltes zu klagen. Alfons Walde war der Künstler, dem der Dank des Vaterlandes gebührt. Jeder Kitz- büheler Bürger, der ein Waldebild be- sitzt, freut sich darüber und trennt sich nicht von ihm. Alfons Walde, der im Leben nicht immer der Angenehm- ste war, ist als Künstler beliebt und geachtet und sein Erfolg wurde zum Erfolg der Heimatstadt. Als Architekt bewies er wiederum seine Eigenart. Nach seinen Plänen ent- standen die beiden Stationen der Hah- nenkammbahn, die Talstation und die Bergstation, und Walde hat auch die „geschlossenen Abfahrtsrampen" er- funden. Beide Baukörper wurden sehr oft nachgeahmt. Er plante auch schlich- te Landhäuser sowie die städtische Leichenhalle. Das berühmte Schloß Mit- tersill hat er vollständig umgestaltet und in den Gemächern einen Stil ge- funden, welcher die verwöhntesten Gä- ste begeisterte. Er hat auch ein Groß- hotel geplant, das auf den Brenner- feldern entstehen sollte, sowie eine neue Hauptschule beim Feuerwehr- zeughaus. Kurz sei hier auch der patriotischen Leistungen des Künstlers gedacht. Wal- de war Mitbegründer der Hahnen- kammbahn, Mitglied dessen Bauaus- schusses, Gemeinderat, Mitglied des Propagandaausschusses des Verkehrs- vereins, Sachverständiger im Bauaus- schuß der Stadtgemeinde und Beauf- tragter für den Naturschutz des Be- zirkes. Die Bergbahn AG ehrte Walde durch Benennung eines Liftes auf dem Hahnenkamm mit seinem Namen. Die Stadtgemeinde richtete aus Anlaß des ersten Todestages 1959 im Hotel Tie-
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