Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 29. März 1969 Kitzbüheier Anzeiger Seite 5 Am Josefitag, 19. März 1969 fand in der Tenne Guido Reisch die Jung- bürgerfeier für die Jahrgänge 1947 und 1948 statt. Die Feier wurde von der Stadtmusik mit der Erstaufführung der „Kitzbüheler Fanfare" von Sepp G a- s t e i g e r eröffnet. Das neue Musik- werk unseres Stadtkapellmeisters und Leiters der Musikschule gab der Ver- anstaltung schon zu Beginn eine fest- liche Note und hinterließ bei den Zu- hörern den besten Eindruck.. Aufs neue wieder haben Stadtmusik und Dirigent gezeigt, zu welchen Leistungen beide befähigt sind. Bürgermeister Hermann Reisch be- grüßte als Ehrengäste Präsident Korn- merzialrat Johann 0 b er m o s er, Eh- renbürger der Stadt Kitzbühel, Bezirks- hauptmann Hofrat Dr. Hans v. T r e n- t in a g ii a, Träger des Goldenen Eh- renringes, Oberlehrerin in Ruhe Maria L an e r, Trägerin des Silbernen Ehren- ringes, Stadtpfarrer geistl. Rat Johann Danninger, die Mitglieder des Ge.- liebe Juu Es war in den grauen, trostlosen Novembertagen des Jahres 1918. Die im Felde ungeschlagenen österreichi- schen Soldaten kehrten heim in ein zerstückeltes Vaterland oder wander- ten in die traurige Gefangenschaft. Auf den Meeren, die einst die stolze kaiser- liche Kriegsmarine durchkreuzte, wurde die ruhmreiche österreichische Kriegs- flagge eingeholt, bevor die Schiffe dem Feinde übergeben werden mußten. Ein junger Matrose konnte sich aber von der Flagge seines Schiffes nicht tren- nen. So wickelte er sich das geliebte Tuch unter seine Uniform um den blo- ßen Körper und ging so von Bord sei- nes Schiffes, wohl gebrochenen Her- zens, aber im stolzen Gefühl, die Fah- ne Oesterreichs, die Kriegsflagge rot- weiß-rot gerettet zu haben. Eine kleine, unscheinbare Begeben- heit aus den düsteren Tagen vor fast 50 Jahren. Und doch sehe ich darin etwas Großes und Erhabenes. Ein jun- ger Oesterreicher hält auch in den. traurigsten Stunden seines Vaterlandes seiner Fahne die Treue, schützt mit seinem jugendlichen Körper die Far- ben, deren Entstehung die Legende auch mit einem jungen Oesterreicher verbindet. Es war im Jahre 1191. Die österreichische Ritterschaft kämpft im Kreuzzug Friedrich Rotbarts vor Ak- kon und erstürmt die Festung unter der Führung des jungen Babenberger- herzogs Leopold V., der als erster die Zinnen der Burg bestieg und sein Ban- meinderates, die fast vollzählig erschie- nen waren, insgesamt 121 Jungbürgerin- nen und Jungbürger und weiters viele Mütter und Väter sowie interessierte Bewohner der Stadt. Er gab seiner Freude Ausdruck, daß so viele der Einladung gefolgt sind und richtete an die jungen Kitzbüheler den Appell, der Heimatstadt treu zu bleiben, sich stets der staatsbürgerlichen Pflichten zu erinnern und die politischen Rechte wahrzunehmen, um an der Mitgestal- tung der schönen Heimat teilhaben zu können und dem Geschehen in der Gemeinde das Interesse nicht zu ver- sagen. Kitzbühel ist es wert, daß man seine Grundlagen wahrt und schützt, zum Wohle aller. Es folgten die Aufführung des Mar- sches von Novotny ‚.Für Österreichs Ehr" durch die Stadtrnusik und dann die Ansprache des Schriftleiters des „Kitzbüheler Stadtbuches" Landesober- archivar Dr. Eduard W i d m o s e r. 00 jbürger,l ner auf dem Turme aufpflanzte. Er hatte beim Sturm auf die Festung so wütend gefochten, daß sein weißer Waffenrock über und über mit Sara- zenenblut bespritzt war, daß, als man ihm im Zelte das Wehrgehänge ab- nahm, die weiße Binde im blutigen Waffenrock von allen mit staunender Bewunderung wahrgenommen wurde. Alles jubelte dem Heldenherzog zu und forderte ihn auf, dieses „rot-weiß- rot" zum neuen Wappen Oesterreichs zu erheben als ewiges Gedenken jenes Heldenkampfes. Und so geschah es. Soweit der Bericht des Chronisten. Die geschichtlichen Tatsachen sind wohl anders, denn die Wappenfarben rot-weiß-rot wurden erstmalig 1232 von Herzog Friedrich II. bei seinem Ritter- schlag gezeigt. Doch wurden diese Far- ben nicht zu den Staatsfarben Oester- reichs, sondern gingen in die österrei- chische Kriegsflagge ein. Erst am 31. Oktober 1918 wurde das alte Baben- bergerwappen zum Staatswappen Öster- reichs erklärt. Dennoch ist die Geschichte von der Entstehung der österreichischen Farben sinnreich genug, um auch der ferneren Nachwelt immer wieder überliefert zu werden. Leopold Sanreuer, der in sei- ner „Chronik der 95 Herrschaften" im 14. Jahrhundert diese Begebenheit vor Akkon erzählt, führt uns auch die Be- deutung dieser Farben vor. Er deutet sie mit „ruoth-wit-ruoth", das heißt: Recht! Gesetz! Recht! Diese Devise ist ewig alt und ewig jung und wird immer das bleiben, was sie in ihrer ganzen Tiefe und Schwere bedeutet. Trotzdem möchte ich diese, Devise in die heutige Zeit übersetzen, in die Zeit, die von Euch, jungen Men- schen geprägt wird. Ich fühle mich mit Euch einig, wenn ich ihr mit alten Wor- ten einen neuen Sinn gebe. Dieser neue Sinn liegt in den Worten: Freiheit! Gesetz! Pflicht! Unser Tiroler Dichter Bruder Will-; ram singt in einem seiner feurigen Lieder: „Kennt ihr die Fahne mit dem goldnen Knaufe? Sie hat der Feldschlacht Feuertaufe in hundert Kämpfen tausendfach emp- Jahn, und hoch und frei mit starker Faust bezwungen, flog sie - von Kugeln zorneswild um- sungen - den Vätern einst zu Tod und Sieg voran." Für die Freiheit des Vaterlandes flog die Fahne Oesterreichs unseren Vor- fahren im wahrsten Sinne des Wortes zu Tod und Sieg voran. Für die Frei- heit kämpften und starben Menschen dieses Landes in allen Jahrhunderten der österreichischen Geschichte. Es war zumeist die Blüte der Jugend, die ihr hoffnungsvolles Leben opferte. Für diese Freiheit standen Eure Großväter vor 50 Jahren in den weiten Ebenen Galiziens, krallten sich in den Karst d'e's Balkans und hielten auf den Bergen Tirols bis zum bitteren Ende aus. Für diese Freiheit gingen aufrechte Öster- reicher in den dunklen Jahren 1938 bis 1945, in denen nirgends die österreichi- sche Fahne wehte, in Kerker, Not und Tod, hofften Österreicher, die fern der Heimat unter fremder Fahne ihre Pflicht erfüllen mußten, auf Österreich und die Farben rot-weiß-rot. Und heute? Wiederum geloben all- jährlich, seitdem der letzte fremde Sol- dat Oesterreichs Boden verlassen hat, junge Oesterreicher auf die Fahne des freien und unabhängigen Österreich, dem Vaterland treu zu dienen und, wenn es sein muß, für die Freiheit zu kämpfen. Wie oft muß man die Bemerkung hören: Was, diese heutige Jugend! Ihr ist doch alles lieber als das Opfer. Sie will sichs gut gehen lassen und nichts von Not und Entbehrung und Opfer wissen. Liebe junge Freunde! Aus eigener Anschauung und aus der Erfahrung un- zähliger Tatsachen sage ich euch: Ja- wohl, unsere heutige Jugend will zu- allererst in Freiheit leben, wie die Ju- gend aller Generationen vor ihr. Sie wird aber auch genau so wie zu allen Zeiten unserer Geschichte für die Frei- heit kämpfen, wie es das Gesetz befiehlt. Das Gesetz Oesterreichs ist seine Ge- Von der Jungburgerfeier 00 in K*itzbu ""hel Erstaufführung der Kitzbüheler Fanfare von Sepp Gasteiger 00 Hochverehrte Festgäste, iabürcierinnen und Juni
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