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SeUe 1 Witzbüheler Anzeiger Samstag, 19. April 1969 Ii. Band Au ‚Neue Front', Freiheitliche Wochenzeitung, vcm 29. März 1969 Aus dem nuestert Band des „Stadt- buchs kitzbühel" zum109-Jahr- Jubiläum der Stadterhebung 19'1 werden es 730 Jahre, daß Kitz- büle1 zrr Stadt erhoben wurde. Als bleibendes Denkmal zu diesem Anlaß emsteht in mehreren Grofibäriden das ‚S;ad[bu':h Kitzbühef". Der erste Band wurde schon vor mehr als Jahresfrist der Offent[irhkeit Übergeben. Nun ist Ocerarcirivar Dr. Eduard W i d :n o s e r he:e:ts an der Bearbeitung des dritten Bandes, und das will heißen: der zwei- te Band ist heraußen! Diese Band ist der Vorgeschichte und dem Bergbau von Kitblihel gewidmet: wede4r 240 Groqua:tseiten mit zahlreicnien Illu- stradDnen uni Bildern, Kartenskizzen,, senschaftlinen Beiträgen cvor Georg Litsehle.±ner, Richard Pitdori und Lsefotte Flank und einer lcjt.ir-, so- zial- und lokalpolitischen Kostbarkeit aus dem vorigen Jahrhundert „Aus dem Leben eines Bergmanns", verfaßt von Wliclrael chlafl (um 186. Was ein ‚schreibender Bergmann" niederlegte De Schilderungen des Knap peni ebens und deren Geisteshaltung lassen die Wurzeln `c-nes freik.etlicheni Eitzbühe1s eitenrei. das auch heute als einzige Tiroler Stadt in Hermann Reich seit zehn ‚ah--en seinen immer wieder ge- wcj'dten freiheitl:ehen Biirgermeister, h:t. Dem srhreibenden Bergmann aus Kltbtihel, zer über eine bemerkens wsr:e Bildung und schriftstellerische sowe ausgesprochen journalistische Be- gabung er[ügte, und dem .‚Stadtbuch Kit2bLhe', in dem das aus dem Ar-, c1-57 ‚ausgegrabene" SchrJ'tstick im vol--an Wortlaut wie derge g&Den wird (an die zeim Druckseten!, verdanken wir die nachfolgenden, in manchem auch heute noch durchaus aktuell wir- kenden ‚Kostproben" alten freiheitli- chen Geistes; sie mögen schmunzeln machen, aber auch zum Nachdenken anregen: „Das hier viel stärkere freiheitliche Element" Nicht selten hört man sie. (Die Knap- pen in der Arbeitspause - Anm. d. Re:d.) auch über die Zeitung und über Gegen- stände der hohen Politik sich ausspre- chen. Besonders interessant aber wer- den die Debatten, wenn ein Glaubens- einheitie.r und in Liberaler sich gegen- überstehen, was zwar selten geschieht, da die „Tiroler Stimmen", eine kleri- kale Zeitung, unter den hiesigen Knap- pen sehr wenige Nachbe:ter finden. Wenn es aber doch zuweilen der Fall ist, daß ein solcher Kampf stattfin- det, so endet er gewöhnlich mit einer glänzenden Niederlage des Anhängers mittelalterlicher Grundsätze. Obgleich sich der letztere auf Predigten, Kapu- ziner und auf weiß Gott alles beruft, kann er doch gegen das hier viel stär- kere freiheitliche; Element nicht auf- kommen, welches zur Clique der „Inn- zeitung", ebenfals eine liberale Zeitung, zählt... Klares Verhältnis für die politische und soziale Bewegung der Gegenwart Der Bergmann hat aber auch Sinn und Gefühl für das, was außer- halb der täglichen Sphäre, in der er sich bewegt, vorgeht, er hat. Sinn und Gefühl fürs Vaterland, aber nicht für ein vom Klerus beherrschtes, sondern für ein freies, konstitutionelles Vater- land schlägt sein Herz höher und nur. für ein solches ist er bereit, sein Herz- blut zu opfern. Der Knappe hat zuweilen ein klares Verständnis für die politische und so- ziale Bewegung der Gegenwart, er be- greift es sehr gut, daß aus diesem Rin- gen und Streben nach politischer Frei- heit auch für ihn etwas zu erringen sei, eine Besserung der gegenwärtigen, sehr zerrütteten Arbeitsverhältnisse. Er weiß es, daß er die Berechtigung hat, eine gründliche Lösung der Arbeitsfra- ge von den politischen Vorkämpfern des Vaterlandes zu verlangen . .... (Das gab's also auch schon vor hundert Jah- ren! - Anm. d. Red.) Gesinnungsechtheit und freie Denkart Bei dieser Gesinnungsechtheit und freien Denkart kann es den Knappen freilich nicht fehlen, daß sie allenthal- ben von den klerikalen Finsterlingen angefeindet und verdächtigt werden, umso mehr, da sie überall offen und entschieden Farbe bekennen.... Sie ha- ben aber auch ein gutes Mittel, die An- griffe der Dunkelmänner abzuwehren, indem sie sich der jetzt in Oesterreich ziemlich freien Presse bedienen (1865 bis 1870! - Anm. d. Red.), welches Mit- tel, wenn es auch nicht den gewünsch- ten Erfolg hat, doch geeignet ist, eine Pression auf die Demagogen ausüben, die sich dann gewöhnlich als Glaubens- märtyrer gebärden, obwohl der unbe- fangene Beobachter den Heiligenschein bei ihnen nicht zu entdecken vermag. Herzlose Intoleranz und gehässiger Fanatismus werden in Tirol von vielen für heiligen Glaubenseife geh allen, und das Bestreben, den freien Geist des Menschen zu knechten, ist so alt, daß unsere Gi aubenseinhei tier wähnen, es sei durch die Zeit geheiligt, und daher habe es seine volle Berechtigung. Ringen nach voller Freiheit des Geistes Wie dem auch sei, von maßloser Geistesknechtschaft hat der Tiroler ge- wiß mehr als jeder andere Oesterrei- cher oder Deutsche erfahren, eben des- halb muß es gerechtfertigt erscheinen, wenn jetzt auch in den unteren Schich- ten ein Ringen nach voller Freiheit des Geistes sich kundgibt. ... Mit wah- rer Beruhigung erfüllt es mich, von den Bergleuten in und um Kitzbühel be- haupten zu können, daß bei vielen un-. ter ihnen die Ueberzeugung Wurzel ge- faßt hat, daß Wissenschaft und Sitten- reinheit allein die Hauptfaktoren eines dauernden Völkerglückes sind. Sttllche Vollkommenheit erkennen sie auch als das höchste Ziel, dem der Mensch, welchem die Gesetze der Sitt- lichkeit tief ins Herz eingepflanzt sind. zustreben soll. Dabei kann man dem Knappen ein tief religiöses Gefühl kei- neswegs absprechen, wenn sie auch bei Glaubensprozessionen und politisch re- ligiösen Demonstrationen weniger zahl- reich sich einfinden...... Die bisherigen Bände sind im hei- mischen Buchhandel erhältlich; weiters im Rathaus, Parterre, Zimmer Nr. 3 (Fritz Binder) sowie im Heimatmuse- um. Pro Band 125 Schilling. Scheckkarte problem- und risikolos Die österreichische Scheckkarte, für die am Beginn dieses Jahres in brei- tem Umfang Reklame gemacht wur- de, ist nach Auskunft aller Interessen- ten gut angekommen. Neben den Vor- teilen des bargeldlosen Einkaufes blieb aber für einige Scheckkarteninhaber die Unsicherheit, wie groß ihr Risiko für den Fall ist, daß sie Scheckkarte und Scheckbuch gleichzeitig verlieren. Wie die Creditanstalt und die Bank für Tirol und Vorarlberg (mit Filiale St. Johann) dazu jetzt mitteilen, haben diese beiden Kreditinstitute ihre Kun- den gegen dieses Risiko versichert, ohne daß eine zusätzliche Kostenbela- stung für die Scheckkarteninhaber da- mit verbunden ist. Mit dieser Maß- nahme wurde das Vertrauen in di Scheckkarte weiter gestärkt.
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