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Samstag, 31. Mai 1969 K*tzbüheier Anzeiger Seite 7 NR Dr. Bassetti sprachen in „Wer heute dazu verurteilt ist, selb- ständiger Wirtschaftstreibender zu sein, hat es nicht leicht", und „Wehe dem Volk, in dem einmal die Selbständigen aufhören, mehr zu arbeiten - die Wel- len der Unfreiheit werden über diesem Volk zusammenschlagen" - der Ein- leitungs- und Schlußsatz aus einem Referat, das Nationalrat Dr. Luis Bas- setti as- setti vergangene Woche in St. Johann vor Wirtschaftstreibenden hielt. Sagen sie nicht alles? Sollte man als Unselbständiger nicht darüber nach- denken? Wie sicher ist der Arbeits- platz, wenn solche Gedanken ein Hefe- rat zum Thema „Wo steht Ös:erreichs Wirtschaft" umgeben? Ist es jr. diesem Moment zweckmäßig, über Arbeitszeit- verkürzung zu sprechen? Wäre es nicht besser, im Interesse aller mehr zu lei- sten und durch Mehrleistung mehr zu verdienen? Doch wer macht sich schon heute, da es uns allen gut geht, solche Ge- danken? Mit welchen Schwierigkeiten die Wirtschaft zu kämpfen hat, zeich- nete deutlich das Referat Nationalrats Dr. Bassetti, zeigten die Worte von Landtagsabgeordneten Kammerrat Hu- ber, zeigte aber besonders deutlich die Diskussion auf. Die Versammlung, die unter der Lei- tung des ÖWB-Ortsobmanns Bürger- meister Andreas Mariacher stand und zu der er neben den beiden Refe- renten noch ÖVP-Ortsobmann Klaus- ner, (1aus- ner, Landessekretär Karl Pichler und Bezirkssekretär D. Küchenmei- ster üchenmei- ster begrüßte, erbrachte eine lebhafte Debatte, in deren Mittelpunkt die neue Gewerbeordnung sowie die Genossen- schaftsfrage stand, verlief sehr inter- essant und zeigte deutlich, daß gerade im Bezirk Kitzbühel dieses Thema höchst interessant und aktuell ist. Dazu führte u. a. auch Landtags- abgeordneter KR Huber aus, daß es gelungen sei, in Tirol in einem Aus- schuß zusammenzukommen und je- weils offene und aktuelle Fragen dort zwischen Handel und Genossenschaf- ten abgesprochen werden. Von Mitglie- dern der Raiffeisenkasse St. Johann wurde dazu betont, daß es ausdrück- lich geheißen habe, in St. Johann werde nur eine Reparaturwerkstätte für Trak- toren errichtet, jedoch kein Handels- betrieb mit anderen Waren. Die Raiff- eisenkasse St. Johann lege darauf be- sonderen Wert und werde alles in ihrer Kraft Stehende tun, daß hier keine Änderung eintrete. Mehrwertsteuer, Lohnverrechnungs- vereinfachung, 40-Stunden-Woche, In- formation in der ÖVP, Straßen- probleme im Bezirk und das Volks- begehren zur Abschaffung des 13. Schul- jahres waren weitere Diskussions- punkte. und LA Huber St. Johann Nachdem LAbg. Huber Nationalrat Dr. Bassetti gebeten hatte, in Wien für die offenen Straßenprobleme auf dem Bundesstraßensektor im Bezirk Kitzbühel (die Westumfahrung Kitz- bühel und Fertigstellung der Brixen- taler Schnellstraße, zwei Baulose auf der B 1 zwischen St. Johann und Kirchdorf respektive St. Johann und Going sowie die Ortsdurchfahrt Kös- sen und die B 171 Kössen—Erpfendorf) einzutreten, da Straßen in einem Frem- denverkehrsbezirk eben die Lebens- adern sind, schloß Nationalrat Dr. Bas- setti mit einer Zusammenfassung der Leistungen der ÖVP-Alleinregierung in den letzten drei Jahren und betonte besonders, daß neben den dringenden Notwendigkeiten um die Sanierung des Budgets die Tatsache, daß die Ände- rung der Progression den sogenannten Nachdem die erste Forumdiskussion im Herbst 1968 sehr großes Interesse hervorgerufen hatte, veranstaltete das Kulturreferat der Marktgemeinde St. Johann anläßlich der Jungbürger- feier am Samstag, 17. Mai neuerlich eine öffentliche Diskussion über ein sehr aktuelles Thema. Als Ehrengäste begrüßte Prof. Walter K a n t n er Bürgermeister Andreas M a- r i a c h e r, Vizebürgermeister Georg K u m rn e r e r und die Gemeindevor- standsmitglieder und Gemeinderäte Jo- sef Reiter, Stefan D a g, Franz T r o k- kenbacher und Fritz Randi. Als Diskussionsredner stellten sich Peter Adler, Soziologiestudent in Freiburg (ehem. Maturant des Bundesrealgym- nasiums St. Johann), DDr. Günther N e n n i n g, Herausgeber der Monats- zeitschrift „Neues Forum", Wien, Uni- versitäts-Assistent Dr. Helmut Schrei- ner, chrel- ner, Landtagsabgeordneter in Salz- burg, und Dr. Geruif 5 t i x, Innsbruck, zur Verfügung. Die Leitung übernahm Prof. Kantner. Er ging in seiner Ansprache kurz, auf das Wesen der Demokratie ein. Die wörtliche Uebersetzung aus dem Griechischen ist heute nicht mehr zu- treffend. Das Volk 'herrscht heute höch- stens noch in teinigen Kantonen der Schweiz, wo sich wegen der geringen Bevölkerungszahl noch häufige 'Ab- stimmungen durchführen lassen, aber in allen anderen Demokratien „herrscht" das Volk durch Parteienvertreter. Vor- aussetzung für eine 'Demokratie ist ei- ne freie und 'gleiche Wahl zwischen verschiedenen Parteien. Woraus 'aber nicht geschlossen werden darf, daß eine Wahl allein die Demokratie ga- „Mittelstandsbauch" beseitigt und eine familiengerechte Besteuerung gebracht wurde, ein beachtliches Plus für alle zu bezeichnen gewesen sei, denn die Realeinkommen stiegen pro Jahr um 8 ob, hingegen stiegen die Preise nur um 4 o/o, so daß ein Zuwachs des Real- einkommens effektiv um rund 4 0/ zu verzeichnen sei. Die Stärkung der Kauf- kraft brachte aber auch Vorteile für die Wirtschaft. Solche und viele an- dere Tatsachen sprechen für die ÖVP_ Alleinregierung, die es ja bestimmt nicht leicht hatte, kam sie doch ge- rade in einem wirtschaftlichen Tief ans Ruder und mußte viel Versäumtes aus der Koalitionszeit ausbessern und nachholen. Mit dem Dank an Nationalrat Dr. Bassetti und LAbg. KR Huber schloß Bürgermeister Mariacher die Versamm- lung und richtete an die Wirtschafts- treibenden die Bitte, besonderen Wert auf die Information und Aufklärung ihrer Mitarbeiter zu legen. rantiere. Denn während leiner Legis- laturperiode gibt es 'für das Volk, das herrschen soll, keine Korrekturmög- lichkeit der bestehenden Mandatsver- teilung. Daher ist 'eine andere Voraus- setzung für das igedeihlich,e Arbeiten, einer parlamentarischen Demokratie das Vorhandensein einer starken und wachsamen Opposition, die 'eine echte Kontrollfunktion ausüben kann. Ein Grundprinzip ist die 'freie Meinungsk äußerung, die in allen Lebensbereichen voll gewährleistet sein muß. Im Unterschied zur ersten Diskussion war diese wissenschaftlicher gehalten, was zur Folge hatte, daß sehr viele Fachausdrücke verwendet wurden, die für den Laien unverständlich sindL Zu Beginn der Diskussion gab jeder der vier Redner seine Grundeinstellung zur Frage, ob unsere Demokratie re- formiert e formiert werden solle, kund. Ich möch- te sie hiermit kurz wiedergeben.. PETER ADLER: In. unserer Gesell- schaft ist eine zunehmende Unzufria- denheit zu bemerken, die vor allem unter der Jugend zu bemerken ist, was die politischen Verhältnisse im Staat betrifft. Dem einzelnen werden alle politischen Entscheidungen durch. seine Vertreter abgepommen, was im einzelnen eine steigende Interesselosig- keit am politischen Leben hervorruft. Der Dialog wird immer indirekter, d. h. Massenkommunikationsmittel sind das Verbindungsglied vom Volk zum Mandatar, was Gleichschaltung des ein- zelnen und damit einer Manipulation gleichkommt. Als Reformen schlug er vor: Bessere Kenntnis der demokrati- schen Spielregeln durch jeden einzel- nen; eine Aufgabe, die vor allem die Soll unsere Demokratie reformiert werden ? Zweite Forumdiskussion im Bundesrealgymnasium St. Johann
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