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Seite 8 P4t2büher Aneier Samstag, 7. Juni 1969 Kreuz erhalten habe. Dabei wies er humorvoll darauf hin: „Er hoffe, daß auch noch nach seinem Tode in Wald- ring von ihm etwas ‚hängen' werde." (Bei diesem „Kokoschka" handelt es sich um ein Werk aus dessen bester Schaffensperiode mit einem Wert von 60.000 bis 100.000 Schilling.) Pfarrer Schiefer, einmal auf die hu- morvolle Bahn gekommen, sagte wei- Hochverehrte Festgäste! Liebe Jung- bürgerirnien und Jungbürger! Im Jahre 1951 hat der Tiroler Landtag unter 'dem Vorsitz von Präsidenten Komm. - Rat Johann Obermoser be- schlossen, daß in allen Gemeinden Ti- rols Jungbürgerfeiern durchgeführt werden sollen. 'Alle jungen Männer und Frauen, die das 19. Lebensjahr vollendet haben und damit das wahl- fähige Alter erreicht, sollen im Rah- men einer angemessenen Feier Kennt- nis von ihren Pflichten und auch Rech- ten als vollmündiger Staatsbürger neh- men. Zur heutigen Feier haben sich also die jungen Waidringerinnefl und Waid- ringer, die in den Jahren 1947, 1948 und 1949 geboren wurden, hier versammelt. Ich freue mich, daß Sie so zahlreich der Einadung Ihres und 'unseres Herrn Bürgermeisters zu dieser Feier Folge' geleistet haben. Zu der Zeit, als Sie zur Welt kamen,, also in den, Jahren 1947 wie auch 1948 und 1949, hatte unser Oesterreich noch schwer an den Folgen des zweiten Weltkrieges zu leiden. Mit dem Auf- bau der zerstörten Städte und Dörfer, unserer Heimat konnte erst langsam begonnen werden und Lebensmittel so- wie verschiedene andere Verbrauchs- güter waren noch rationiert. Unser Vaterland Oesterreich war von den vier Siegermächten besetzt. Quer durch unser Staatsgebiet war eine Trennungslinie gezogen und östlich der Enns hat damals das russische Einfluß- gebiet begonnen. Das Leben war alles eher als einfach und fast alles, was wir heute als selbstverständlichen Le- bensstandard auffassen und empfinden, mußte von damals an erst, wieder schwer erarbeitet werden. Wenn auch bei uns in Waidring alle diese Schwie- rigkeiten und Notständ,e nicht so kraß wie in den Städten hervorgetreten sein mögen, so hatte doch jede kleine Ge- meinde mit heute kaum mehr vorstell- baren Sorgen zu kämpfen. Mit der Aufzählung dieser Ungemach, die vor 20 Jahren herrschte, will ich nicht eine vergangene Zeit wachrufen, sondern ich möchte Ihnen, meine lieben Jung- bürgerinnen und Jungbürger damit nur vor Augen führen, wie viel Ihre Eltern und insbesondere Ihre Mütter damals ters daß er sehr glücklich sei, daß ihm Bürgermeister Winkler „pariert" habe und beide Feiern, die Jungbürgerfeier und Ehrenbürgerfeier, zusammengelegt habe. Zur Feier der Jugend passe auch die Feier des Alters. An die Jugend appellierte er, die Sonntagsfeier ein- zuhalten und die Pfarrbibliothek zu verwenden, welche jetzt, nach Einver- leibung der Gemeindebücherei, auf 800 Bände angewachsen sei. geleistet haben, um Sie zu dem zu ma- chen, was Sie heute sind, eine Jugend, auf die wir stolz sein können. Ich glau- be aber, daß es heute Ihre Pflicht ist, Ihren Eltern dafür dankbar zu sein,. Erst Jahre später hat dann ein güti- ges Schicksal durch eine sehr kluge und ausgewogene Staatsführung Öster- reich die Einheit und Selbstbestimmung wiedergebracht. Diese Sternstunde Oesterreichs, die im Staatsvertrag von Wien vom 15. Mai 1955 ihren Niederschlag gefunden hat, kommt uns erst voll zum Bewußtsein, wenn wir beispielsweise die schicksals- haften Ereignisse in der Tschecho- slowakei verfolgen. Die immerwähren- de Neutralität, zu der sich Oesterreich in diesem Staatsvertrag von Wien fei- erlich verpflichtet hat und die von al- len Signatarstaaten dieses Vertrags be- stätigt wurde, ist kein selbstverständ- liches Geschenk. Diese Neutralität wer- den wir nur dann bewahren können, n pAm Flamol 1 Telephon 2992 wenn auch die kommenden Generatio- nen bereit sind, diesen Status zu ver- treten und notfalls zu verteidigen und wenn sich die gesamte Bevölkerung Oesterreichs selbstlos zu diesem Ge- danken bekennt. Ein guter Oesterreicher ist besonders jener, der seine Heimat lieht, der mit seiner Gemeinde verbunden und sich auch irgendwo in den vielen Bereichen und Möglichkeiten unserer Dorfgemein- schaft um die Geschicke dieser klein-' sten staatlichen Organisationsform an- nimmt. - Unsere Vorfahren haben vor Hunder- ten von Jahren 'das sicher rauhe und unwirtliche Tal, das 'heute unser Ge- meindegebiet ist, besiedelt. In einer langen Generationsreihe mit viel Mühe und Fleiß und sicherlich auch mit Lie- be dieses Tal kultiviert. So wurde Waidring in jahrhundertelangem Wach- sen zu dem, was es heute ist, unser Heimatdorf, auf das wir alle stolz sein können. In Ihre Hände, liebe Jungbürgerin- nen und Jungbürger, wird nun auch die Mitverantwortung für diese Ent- wicklung gelegt. An ihrem persönli- chen Einsatz wird sich entscheiden, ob das, was Ihre Väter angebahnt haben, auch fortgesetzt werden kann. Ihrer Heimatgemeinde und darüber hinaus unserem Heimatland Tirol sowie un- serem Vaterland Oesterreich ist wohl am besten gedient, wenn jeder von. Euch seinen Platz im Leben voll aus- füllt und sein, Bestes gibt. Ein tüchti- ger Bauer und ein fleißiger Arbeiter sind genau so notwendig, wie ein ge'- diegener Handwerker, ein guter Han- delsmann oder ein Akademiker, und schließlich gelingt es einer tüchtigen Hausfrau am besten, die ganze Familie zusammenzuhalten und dem Leben so- wie der Gesamtheit erst den richtigen Inhalt zu geben. Neben diesen., ich möchte sagen, menschlichen Verpflichtungen, hat Ih- nen der Gesetzgeber aber auch eine sehr weitgehend politische Verantwor- tung übertragen. Um unserer Jugend das geistig kritische Mitdenken und Mitgestalten unserer Demokratie noch mehr zu ermöglichen, hat dieser Ge- setzgeber in Bund und Land das akti- ve Wahlrecht auf 19 Jahre und ds passive auf 125 Jahre herabgesetzt. Bei kommenden Wahlen wird es nun auch von Ihnen abhängen, ob Ihre, Gemeinde den richtigen Gemeinderat hat, ob im Land ein guter Landtag regiert und schließlich, ob unsere höch- ste gesetzgebende Körperschaft, der Nationalrat, mit 'Männern und Frauen besetzt ist, 'denen die Geschicke unse res Vaterlandes wirklich angelegen sind. Um 'dieser Mitverantwortung ge- recht zu werden, genügt es nicht, nur zur Wahlurne 'zu schreiten. Es ist viel- mehr notwendig, 'Erkenntnisse zu sam- meln und ständig dazuzulernen. Die verschiedensten dörflichen 'Organisa- tionen bieten 'sich geradezu dafür an: um nur 'e'inige zu nennen, die Musik- kapelle, die Schützen, der Kirchen- chor, die Raiffeisenkasse oder Sport- vereine, sie alle könnten als Gehschule der Demokratie 'aufgefaßt werden. Ihre Gemeinde legt Ihnen daher den Wunsch ans Herz. daß Sie sich 'in 'dem einen oder anderen Verein betätigen und nicht aus menschlicher Trägheit oder falscher Schüchternheit der Mitarbeit entziehen. Das gegenseitige Gespräch, die Achtung vor der Meinung des an- deren und eine entgegenkommende Haltung dem Mitmenschen gegenüber sind wohl die Grundpfeiler jeder 'de- mokratischen Ordnung. Es dauert für Sie nur 'einige Jahre. bis Sie das passive Wahlrecht 'alters- mäßig erreicht haben, nämlich das Recht, als Vertreter für eine bestimm- te Gruppe oder Partei in den Gemein- derat, den Landtag oder den National- rat gewählt zu werden. Dann kann es: sein, daß Sie an der Stelle der heute verantwortlichen Männer und Frauen Festansprache von LA Christian Huber
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