Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 4 - Itzbüheler Anzeiger Samstag, 12. Juli 1969 Gastspiel des Tiroler Landestheaters in St. Johann Am 26. Juni fand in der Veranstal- tung des rührigen St. Johanner Kul- turreferates die Aufführung von Mo- liörs .‚Tartüff" statt. Mit anerkennens- wertem Einfallsreichtum wurde in die Aula des Bundesgymnasiums eine Büh- ne gezaubert, von deren Brettern her- ab eine stattliche Theatergruppe - das erstemal in unserem Bezirk - des Publikums .Plaudite" fordern durfte. Das Lustspiel vom scheinheiligen Herrn Tartüff, das uns die Tiroler vor- führten, gehört zu jenen Stücken Mo- liörs, die von ihrer Aktualität, ihrer unmittelbaren Wirkung bis heute nichts eingebüßt haben. Davon zeugen nicht nur die zahlreichen literarischen Ver- suche, dieses Motiv zu bearbeiten (vgl. nur Anzengrubers bäuerlichen Heuch- ler, den Dusterer, im „G'wissenswurrn"), sondern auch das tägliche Leben selbst, das uns oft und oft mit Menschenzu- sammenführt, die unter dem Mäntel- chen honigsüßer Worte und gottes- fürchtigen Tuns selbstsüchtige und rücksichtslose Pläne verbergen. Solche Pläne hegt unser Herr Tar- tüff auch, und es gelingt ihm beinahe, sie zu verwirklichen. Trotz des Wider- standes seiner ganzen Familie über- schreibt ihm der verblendete Orgon Haus und Hof; ja er will sogar seine Toc,hter Marianne zwingen, diesem Nichtsnuz die Hand zu reichen. Nur eine geschickte List Elmires, der Gat- tin Orgons. vermag Tartüff zu verlei- ten, seine Maske fallen zu lassen. Wut- entbrannt weist ihm Orgon die Türe; diese Ereuchtung käme aber bereits zu spät, griffe nicht der König ein, um die Folgen von Orgons übereilter Handlungsweise zu tilgen. Dem Landestheater gebührt Dank, daß es uns ein bewährtes, wohlabge- stimmtes Ensemble geschickt hat, das sich sogar unter den besonderen Ver- hältnissen der improvisierten Bühne glänzend zu schlagen verstand. Hel- mut Wlasak hat mit nur „vier Böcken, zwei Brettern und 12 Schauspielern" (sehr frei nach Lope de Vega) alle Lei- denschaften, die Orgons Haus durch- toben, auf das anschaulichste darzustel- len gewußt. Er selbst spielte den Titelhelden bis in die klainste Bewegung durchdacht: Gang und Gestik zeugtei lebendig vom schlechten Gewissen, die lauern- den Blicke voll ängstlich-wacher Auf- merksamkeit in die Runde geworfen vermittel;en den gewünschten Ein- druck: Es entstand vor uns das Bild eines Menschen., der bereit ist, jede sieh bietende Chance, koste es was es wolle, zu ergreifen. Großartig die Sze- ne mit Elmire, die der, Entlarvung vor- ausgeht. Tartüff begegnet ihr zunächst mit lauerndem Argwohn. Die Worte. die er spricht, kommen langsam und abgewogen; voll gespannter Aufmerk- samkeit meidet er die verlockende Nähe der Schönen. Nach und nach schleicht sich aber immer mehr Lü- sternheit in seinen Blick, immer ha- stiger, bedenkenloser entfahren ihm die Sätze der Huldigung, immer un- kontrollierter werden seine Bewegun- gen - eine mühsam aufgebaute Ver- stellung bricht unaufhaltsam zusam- men. Hubert Chaudoir blieb mit seinem Orgon kaum hinter Wlasak zurück, im Gegensatz, zu seinem Intendanten ist er ja für die ihm zugeteilte Rolle schlechthin der Idealtyp. Er, brachte das fahrige, unbeherrschte Wesen Or- gons glänzend zum Ausdruck: Er, setz- te zu Bewegungen an und vollführte sie nicht; er begann Sätze und brach mitten in ihnen ab; er verfiel plötz- lic,h wechselnden Launen, die ihn schwerwiegende Entscheidungen tref- fen ließen kurzum, er spielte seine Rolle nicht, er lebte in ihr. Eindrucsvol1 fand ich auch Marion Raymunds Leistung, die mit großer Kunst der französischen Kammerzofe lebhaft-intrigante, raunzend-gutherzige Eigenart zur Schau trug. Sie schien mit Moliörs Dorine eins zu sein: so- gar in Augenbiicen, in denen sie aus dem Blickfeld des Publikums treten mußte, änderte sich kein Zug in ihrem schalkhaften Gesicht. Elmire, die Gattin des Hausherrn, wurde von der attraktiven Brigitte FI3ARII Flamol [1 TU 111 Telephon 2992 Schmuck sehr damenhaft, sehr würdig gegeben. Gerade deshalb vielleicht wirkte sie in den wechselnden Situa- tionen nicht vielseitig genug; sie ver- lor im Sturm der Ereignisse nie ihre Haltung: kühl, distanziert und geist- reich begegnete sie ihnen. Tactüffs Leidenschaft für diese Elmire scheint nicht unverständlich. Die Übrigen Darsteller gaben eben- falls ihr Bestes. Sie wurden ihren Rol- len weitgehend gerecht, wenn auch fest- gestellt werden muß,, daß ihr Spiel nicht differenziert genug wirkte. In manchen Szenen zeigten sie sich ein wenig steif und verkrampft - Män- gel, die sich mit steigender Schauspiel- erfahrung sicherlich ausmerzen lassen. Die Inszenierung des Stücks gelang sehr gut. Die Kostüme wurden sorg- fältig und passend ausgewählt, für die Einstudierung legte der reibungslose Handlungsablauf ein beredtes Zeugnis ab. Problematisch wie jede Fortsetzung eines klassischen Werks dünkt mich der „Komödie sechster Akt" von An- dr Marie. Während sich nämlich Mo- liürs Lustspiel aus natürlichen Leiden- schaften entfaltet, zielt Maries Fortset- zung auf lustige „Gags", die sie aus der Verdrehung und Verkehrung eben dieser Leidenschaften gewinnen will. Zusammenfassend läßt sich aber fest- stellen, daß dieses erste Gastspiel des Tiroler Landestheaters eine gediegene und erfrischende Unterhaltung brachte, das Publikum mit sehr guten Schau- spielerleistungen ergötzte und daher mit Recht den langanhaltenden Beifall einheimsen durfte. Wir danken für diesen wertvollen kulturellen Beitrag und sprechen den von allen Zuschauern empfundenen Wunsch aus, noch viele solche Ver- anstaltungen miterleben zu dürfen. 3 i1jjüeter 2okuluitjrhljtcn - Geboren wurden: ein Thomas Si- mon der Schneiderin Ingrid Monitzer, Kitzbühel, Knappengasse 12; eine Da- niela a- nieia dem Buchhalter Rainer Büche- 1er und der Gattin, 'Elsa geb. Obex, Kirchberg 11/275; eine Elisabeth dem Landwirt Peter Ritter und der Gattin, Aloisia geb. Hain, Bäurin, Reith 47; eine Karin Elisabeth dem Forstarbei- ter Franz Langbrucker und der Gattin, Maria geb. Scharnigg, Jochberg 363; eine Angelika der Hausgehilfin The- resia Schmid, Westendorf, Schwaiger- berg 14. - Getraut wurden: der Büchsen- macher Heinz Plattner, Kitzbühel, Jochberger Straße 113, und die Textil- technikerin Dietlinde Lichten e g g er, Kitzbühel, Hornweg 5. - Gestorben sind: am 3. Juli der Bindermeister in Ruhe Lorenz Hain, Kitzbühel, Ehrenbachgasse 20, 84 Jahre; Juli der Landwirt Sebastian L in d ne r, Oberndorf 220, 77 Jahre; Juli der Kaufmann in Ruhe Jo- sef Seeber, St. Ulrich am Piilersee 67, 73 Jahre; der Landwirt Georg Haller, Aurach 89, 48 Jahre. Schicke ______ hant
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