Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 13. September 1969 Kitzbüheler Anzeiger Seite 3 beginnt wahrlich ein neues Zeit - alter, eit- alter, dessen Entwicklung und des- sen Ziele wir nicht vorausschauen können, sondern nur vorausahnen. Die Zukunft bringt eine gigantische Ent- wicklung! Wie können wir davor be- stehen? Was können wir tun, um den Kindern die Zukunft vorzubereiten? Wir müssen dem Fundament der Bil- dung unser ganzes Augenmerk widmen, einer Bildung, wie sie die Zukunft er- fordert, denn wie sie bisher war, ge- nügt sie nicht mehr. Bildung ist ein Gesamtanliegen der Gesellschaft, vom Kleinkind bis zum Greis. Bildung ist das Zentralproblem der heutigen Welt. Das Tiroler Schulorga- iiisationsgesetz stellt die Kinder alle gleich. Jedem Kind bis zum höchst- gelegenen und entferntesten Bergdorf ist diese Bildung zu ermöglichen, um vor der modernen Zukunft bestehen zu können. Es darf in dieser Beziehung keine wirtschaftlichen Unterschiede bzw. Erschwernisse geben, das Ge- setz schafft finanziell die Vorausset- zung, um der Begabtenförderung ge- recht zu werden. Als verantwortlicher Schulreferent des Landes Tirol bin ich stolz auf die wunderbare Schule, die hier in Kitz- bühel errichtet wurde. Mt großer Freu- de stelle ich fest, daß dem Bürger- meister und dem Gemeinderat eingro- ßes Werk im Dienst der Bildung gelun- gen ist. In Kitzbühel wurde dem Bil- dungsziel und dem Bildungsdrang voll Rechnung getragen. In Tirol wurden in den letzten •Jahren 150 Pflichti- schulgebäude errichtet. Dies bedeutet eine große finanzielle Last für die Ge- meinden und das Land. Auf Grund des Schulbaufonds garantiert das Land Ti- rol den Gemeinden einen Zinsendienst, für welchen bisher 45,7 Millionen Schil- ling zur Verfügung gestellt wurden. Ich gratuliere der Stadtgemeinde Kitzbühel und deren Schulsprengel- gemeinden zu desem Bau, ich gratu- liere den Architekten und: den Firmen. Die gemeinsame Kraft im Land leiste- te für die Tiroler Jugend Vorbildliches, um dieser den Weg in die Zukunft zu bahnen, und ich fordere die Lehrerschaft zur Mitarbeit auf. In Wien ist eine neue Schulreform in Ausarbeitung. Auch hier wird in einer guten Gemeinschafts- arbeit mit den Ländern zum Wohl der Jugend und zum Wohl der Jugend des Landes gearbeitet. BEZIRKSSCI-IULINSPEKTQR WAL- TER BODNER: Die feierliche Einweihung der neuen Doppelhauptschule in Kitzbühel gibt berechtigten Anlaß, einige grundsätz- liche Ueberlegungen anzustellen und zwar im Hinblick auf die Situation der Schule und auf ihren Standort im Rahmen der Gesellschaft. Die Schulgesetze 1932 und die damit verbundenen Ausführungsgesetze, die Reform der Lehrpläne und das Tiro- ler Schulorganisationsgeset.z 1956 stei- len wohlgesetzte Marksteine in der Entwicklung unserer Schule dar, die, von einer weltweiten Entwicklung auf- gedrängt, in eine unserer Eigenart am ehesten entsprechende Form gebracht worden sind. Die Aufgaben, die heute der Erzie- hung gestellt sind, werden von Tag zu Tag vielfältiger. Die rasche Ent- wicklung von Wissenschaft und Tech- nik und die Rückwirkung dieser Ent- wicklung auf das Leben des Menschen stellen die Schule von heute vor teil- weise neue Aufgaben, jedenfalls aber vor eine neue Akzentuierung in ihrem grundsätzlichen Aufgabenbereich. Die Schule trägt heute auch maßgebend Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes, die eine Aus- weitung der Allgemeinbildung auf alle befähigten Menschen erfordert und die den speziell gebildeten Fachmann im- mer mehr benötigt. Neue Produktionsmethoden eLfordern eine dynamische und immer neu an- setzende Aus- und Weiterbildung des sich dieser Methoden bedienenden Men- schen. Die Rationalisierung der Ar- beitsvorgänge verschafft dem Menschen mehr freie Zeit. Diese an sich begrüßenswerte Ent- wicklung wird aber in dem Augen- blick zum Problem, in dem es nicht gelingt, den Menschen zu einer ihm würdigen Nutzung dieser Freizeit zu erziehen. Hier mitzuhelfen, sehe ich als eine sehr wichtige, verantwortungs- volle und jedenfalls äußerst aktuelle Aufgabe der Schule an. Die Schule hat ihre innerlichste, ihre traditionelle Funktion zu erfüllen: sie muß dazu beitragen, dem jungen Men- schen auf seinem Weg zur eigenständi- gen und eigenverantwortlichen Persön- lichkeit jene Leitbilder zu geben, die er - heute noch genauso wie früher, wenn auch in anderer Form - für die Bildung und Entwicklung seines Cha- rakters, seines Gemeinschaftssinnes, sei- nes Verantwortungsbewußtseins sich selbst und der Gemeinschaft gegen- über benötigt. Drei Aufträge sind es also im be- sonderen. an denen die Schule. von heute maßgebend mitzuarbeiten hat: Die Vermittlung rein materieller Bil- dung an alle Bevölkerungsschichten. unbeschadet ihrer sozialen oder geo- graphischen Lage. Dies erfordert ein- mal eine weitgehende Dez,ent'ralisie- rung verschiedener Bildungseinrich- tungen und einen wirkungsvollen Aus- bau jeder Art von Begabtenförderung. Die' Probleme einer Freizeitgesell- schaft rechtzeitig zu erkennen und die sich daraus für die Schule zwingend ergebenden Konsequenzen hinsichtlich der Ausweitung bzw. Wertung des er- forderlichen Bildungsgutes zu ziehen. DIe Schule hat nach wie vor ihre Verpflichtung zu wahren, dem größten Lehrer aller Zeiten nachzueifern und in Ehrfurcht vor der Einmaligkeit und Unsterblichkeit der menschlichen See- le bereits dem Kinde und der Jugend Augen und Herz für die letzten Werte des Lebens, für den Sinn und Zweck unseres Wirkens und unseres Seins überhaupt zu öffnen. Diese Aufgaben - wenn auch in nur drei Punkte zusammengefaßt - durch- messen einen schier alles umfassen- den Radius. Und sie können nie und E) P»Alvi Telephcon . 2992 rts nimmer von einer Institution aus iso- liert bewältigt werden. Die Schule kann hier mithelfen, wohl maßgebend vielleicht und zielgerichtet, aber eben nur mithelfen am Erziehungs- und Bildungsauftrag, welcher letztlich an die Gesellschaft der Erwachsenen ge- richtet ist. Jeder heranwachsende österreichische Staatsbürger wird künftighin minde- stens neun Jahre die Schulbank drük- ken. Es sind jene Jahre, die den Menr sehen vorauswirkend für sein ganzes Leben weitgehend formen und bilden. Der Geist, der in der Schule herrscht, kann uns deshalb ebensowenig gleich- gültig sein wie die Heimstatt, die die- sem formenden Wirken den Rahmen gibt. De Schule ist kein toter Raum, kei- ne starre Institution; sie ist von dem Bemühen erfaßt, neue Erkenntnis auf- zu-'reifen und in permanenter Dynia- miR den jeweils besonderen Aufträgen ihrer Zeit zu entsprechen. Die voll- kommene Abkehr vom Drill, die indi- viduelle Persönlichkeitsbildung, das Wecken des natürlichen Interesses, die Aktivierung der spontanen Mitarbeit und des selbständigen Denkens sind einige der wichtigen Attribute moder- ner Pädagogik. Die moderne Klasse ist kleiner geworden, es gibt keine Massenabfertigung; die starre Sitz-
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