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Samstag, 27. September 1969 Kitzbüheler Anzeiger Seite 3 Oberlehrerin Mario Laner zum Gedenken Am 18. September 1969 starb in Kitz- bühel Frau Oberlehrerin Maria L a n e r :m Alter von 91 Jahren. Sie unterrich- tete fast durch 70 Jahre in Kitzbüheler Schulen und war die älteste Lehrerin Tirols. Bei ihrem Begräbnis gaben ihr viele Gemeindebürger die Ehre des letzten Geleites. Insbesondere die Schulklassen mit den Schulfahnen, die Kitzbüheler Lehrerschaft und die Vertreter der. Schulen von allen Orten des Bezirks. Unter den Trauergästen befanden sich Bezirkshauptmann Hofrat Dr. Hans v. Trentinaglia, Bürgermeister Her- mann Reisch mit dem Gemeinderat, Bezirksschulinspektor Walter B o d n e r, Altnationalrat Max We r ne r und Re- gierungsrat Franz K a 1 e r. Stadtpfarrer Geistl. Rat Johann D a n- n i n g e r leitete die Trauerfeierlichkeiten und widmete der Verstorbenen ehren- volle Dankesworte für ihr erfolgrei- ches Bemühen um die Jugend, die Gemeinde und die Pfarre. Am offenen Grabe sprachen Bürger- meister Hermann Reisch im Namen der Stadtgemeinde, Reg.-Rat Franz Ka- 1er im Namen der Lehrerschaft und Altnationalrat Max Werner im Namen der ehemaligen Schüler. Maria Laner wurde am 22. Feber 1878 in Innsbruck als Tochter des Gerichts- beamten Franz Laner und der Maria Zimmermann aus Solbad Hall geboren. 1884 zog sie mit ihren Eltern nach Kitz- bühel, wo ihr Vater bis zum ersten Weltkrieg beim Bezirksgericht Dienst machte. In Kitzbühel besuchte die Verstor- bene die Volksschule, dann in Salzburg die Bürgerschule und in Innsbruck die k. k. Lehrerinnenbildungsanstalt, an der sie 1897 maturierte. Im gleichen Jahr trat sie in ihrer Heimatstadt Kitzbü- hel den ersten Dienstposten an, als er- ste weltliche Lehrkraft, da bisher der Unterricht der Mädchen vorwiegend von ehrwürdigen Schwestern besorgt wurde. Sie unterrichtete von 1897 bis 1967 an unseren Schulen, nur mit Ausnahme der Jahre 1936-1938, die ihre einzigen ech- ten „Pensionsjahie" waren. B is 1920 an der Volksschule, dann sechs Jahre an der damals errichteten Bürgerschule und von 1926 bis 1935 und von 1939 bis 1946 wiederum an der Volksschule. Religionsunterricht erteilte sie bis 1967. Die Verstorbene war auch außerhalb der Schulen tätig. Sie erteilte Hand- arbeitsunterricht und leitete 1917 die sogenannte „Suppenanstalt", die nach dem Krieg als Amerikanische Kinder- ausseisung weitergeführt wurde. Als 1923 die Muttertagsfeiern eingeführt wurden, trat sie an die Spitze und hielt ihre führende Stellung bis wenige Jah- re vor ihrem Tode, 1925 wurde sie in den Ortsschulrat gewählt und gleich- zeitig mit der Wetterbeobachtungsstation Kitzbühel der Universität Innsbruck betraut. 1929 wurde ihr der Titel „Ober- lehrerin" verliehen, damals eine hohe Auszeichnung, und auf diesen Titel war sie bis an ihr Lebensende stolz. 1929 trat sie dem Jugendrotkreuz bei und 1930 erhielt sie die Berufung als Luft- s chutzre ferentin, Photo Anton RotbL!r d, A. Maria Laner in der Blüte ihres Lebens. Sie, liebte die Jugend und ehrte das Alte'r und die, Liebe und Ehre fielen auf sie zurück. Im Jahre 1935 schied Maria Laner vorläufig aus dem Schuldienst aus. Sie hatte „gesetzlich" das Lebenspensum ihrer Dienstjahre erreicht. Sie, be- schrieben als Meisterin ihres Faches, vielgefeiert und für ihre hervorragen- den Verdienste auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit der Goldenen Verdienstmedaille der Republik Oester- reich ausgezeichnet, die auch Personen mit entgegengesetzter Weltanschauung Bewunderung abgerungen hatte, mußte, erst 57jährig, ihren über alles gelieb- ten Beruf aufgeben. Neben der Tätigkeit im Ortsschulrat wirkte sie auch im Ausschuß der Be- zirksbibliothekskommjssjon und hielt zahlreiche Fachvorträge bei den Leh- rerkonferenzen und gab Beiträge in Fachzeitschriften. Unzählige Stunden opferte sie, um mit ihren Schulkindern durch Spiele, Theateraufführungen und Gedichtsvorträge die verschiedensten kirchlichen und weltlichen Feste zu verschönern. Ihr Wirken griff in fast alle Lebens- bereiche der Gesellschaft ein. Sie war Diözesan-Vizepräsidentin der katholi- schen Frauenorganisation der Dekanate St. Johann und Brixen, Vorstandsmit- glied des katholischen Mädchenverban- des 'der Erzdiözese Salzburg und Be- zirks- und Ortsreferentin der Vater- ländischen Front der dreißiger Jahre. Sie trat oft und oft durch familien- pädagogische Vorträge und Ansprachen in Frauenversammlungen im Sinne der modernen christlichen Frauenbewegung hervor. Gerne wurden ihre Beiträge in den verschiedensten Frauenzeitschrif- ten gelesen. Sie wirkte weiters als Aus- schußmitglied des Winterhilfswerks der Stadtgemeinde Kitzbühel und gehörte von 1919 bis 1922 unter Bürgermeister Hans Hirnsberger dem Gemeinderat an. Doch damit nicht genug! Sie war Schriftführerin der Ortsgruppe Kitz- bühel des Tiroler Bauernbundes und Berichterstatterin der Tiroler Bauern- zeitung sowie Vorstandsmitglied des gemeinnützigen Vinzenzvereins und ih- re Protokolle waren stets ein wertvol- ler Rückhalt eines jeden Vorsitzenden. Während ihrer Pensionszeit widmete sie sich hauptsächlich der Pflege ihrer kranken Mutter, die 1937 starb; der Vater hatte bereits 1919 das Zeitliche gesegnet. Die wenigen Pensionsjahre waren nach ihren eigenen Angaben die schwersten ihres Lebens, denn sie mußte außerhalb der Schule stehen. Die Schule konnte ihr nichts, aber auch gar nichts ersetzen. Als dann 1939 die Lehrer Schlichterle und Hatzl zum Kriegsdienst einberufen wurden, wurde Maria Laner von der Schulbehöde wieder für den Unterricht beansprucht. Sie unterrichtete wieder in 'der Volksschule und zwar bis zum Ende des Schuljahres 1945-46. Zum zweitenmal in den Ruhestand versetzt, behielt sie zwei Klassen für den Reli- gionsunterricht, den sie bis zum Jahre 1967 pflichtgemäß und mit seltener Be- gabung erteilte. In den dreißiger Jahren wurde unter Pfarrer Joseph Schmid die Ehrung der alten Leute eingeführt. Seit diesem Zeitpunkt bis buchstäblich zu ihrem Todestag besorgte die Verstorbene als Leiterin der kath. Frauenbewegung die- se Ehrung. Früher im Hotel Holzner und seit einem Jahrzehnt im Hotel Tiefenbrunner. Am Sonntag, 7. Sep- tember 1969 war ihr letzter öffent- licher Auftritt. Wie sie einst die Liebe der Schulkinder genossen hatte, wur- den ihr nun die Sympathien der alten Bürger zuteil. Sie verfaßte noch selbst den Bericht „Zum frohen Fest unserer Alten" In unserer Zeitung, der in der Ausgabe zum 20. September erschienen war, den sie aber selbst nicht mehr lesen konnte. Zwei Tage vorher schlief sie für immer ein, bis zum letzten Atemzug treu um- sorgt von ihrer Nachbarin Frau Maria Weixibaumer. 1958 wurde ihr vom Gemeinderat un- ter dem Vorsitz von Bürgermeister Dr. Camillo v. Buschman (t 24. 8. 1966) ein- stimmig der Silberne Ehrenring der Stadt Kitzbühel verliehen. Als Ehren- ringträgerin steht ihr Name für die Nachwelt im Ehrenbuch der Stadt und im Herzen der Mitmenschen, mit de- nen sie in Berhning stand.
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