Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
SeIte 14 KI&b.WieLerAnzger Samstag, 22, November 1969 Dem Theresienritter Peter Scheider zum 80er Am 2. Juli 1969 feierte Peter S c h e i- d e r auf seinem Wirkungsort am Mark- bachjoch seinen 80. Geburtstag. Schei- der gilt als der h,öchst undt meist aus.- gezeichnete Subalternoffizier der alten Armee und erhielt als erster und auch als einziger Reserveleutnant das Rit- terkreuz des Militär - Maria - Theresien-Ordens. Zu dieser Aus- zeichnung wurde er von, seinem Kom- mando gegen Kriegsende eingegeben; er erhielt sie jedoch erst 13 Jahre spä- ter. In Kitzbühel wirkte Peter Schi- der nach dem ersten Weltkrieg. als Haupts.chuliehrer, als Gemeinderat, er gründete die Urania und gab heimat- kundliche Schriften heraus,. Heute wid- men wir uns jedoch ausschließlich der Begebenheiten des 14. Juni 1918. die zur Verleihung des Ritterkreuzes führten. Mitte Mai 1918 wurden die Hoch- gebirgskompanien 17 und 28 aus den Stellungen im Presenagebiet abgezo- gen, damit sie sich noch einige Tage in Vermiglio retablieren und für den. ge- planten, sehr schwierigen, Angriff auf den stark vom Feind besetzten und fest verschanzten Logoscurograt, der sich südlich vom Tonalepaß hinzieht, vorbereiten können. Der Angriff, der unter dem Kommando des ObstLt Stal- ner am 26. Mai erfolgen sollte, war frontal gedacht. Kräftigste Artillerieunterstützung soll- te die schwere Aktion ermöglichen. Zu diesem Zweck war bereits eine größe- re Zahl von Maschinengewehren, schwe- ren Minenwerfern und Geschützen in die eigene Stellung gebracht worden, die damals von der Tonalepaßfront zum Stützpunkt 14, weiter westlich über den Cellograt zum Monte Para- diso, von hier südlich zur Mg.-Kuppe, zur Steinhartspitze und zur Presena- spitze und weiter über den Monte Cig- lon und Ronchinag,rat ins Val die Ge- nova führte. Nördlich der Steinhart- spitze hatte eine Batterie Stellung ge- nommen und auch in den einzelnen. Schluchten des. innersten Val Vermiglia wurden zahlreiche Geschütze, darunter auch die berühmten Skodamörser 30,5, aufgestellt. In den einzelnen Werken war man bestens vorbereitet und be- deutende Mengen von Artillerie- und Infanteriemunition waren aufgestapelt, insbesondere im sogenannten Flugdach- lager. Nach der gelungenen Aktion .auf den Lagosrurograt sollte der Vorstoß von hier in westlicher Richtung .über den Tonalepaß ins, oberste 'Ogliotal gegen Ponte die Legno erfolgen. Da der Feind ebenfalls, fieberhaft rüstete, wurde aus dem ehemalig ruhigen Frontteil ein. äußerst lebhafter und das blieb er auch bis zum Kriegsende. Am 24. Mai setzte starkes feindliches Trommelfeuer ein. Im Pres,enagebiet waren damals meistens Lan,ds.turm- kompanien und berittene Tiroler Kai- serschützen in Stellung. Am 25. Mai gingen feindliche Sturmtruppen über den Mandronegletscher gegen den Ma- rocarrosat.tei vor, brachen ein und nach kurzer Zeit waren auch der Monte Ci- golon und D-Sattel am Rouchinagrat. die Presena- und Steinhartspitze, die Mg.-Kuppe, der Kleine Castelaci.o, der Monte Paradis.o und der für die eige- nen Truppen so wichtige Cellograt in den Händen des. Feindes. Dieser hatte dabei zahlreiche Gefangene gemacht, und Kriegsmaterial erbeutet, darunter auch die vier Geschütze auf der Stein- hartspitze. Am gleichen Tag um 4 Uhr früh wur- de Vermiglio in Brand geschossen und die dort einquartierten Hochgebirgs- kompanien mußten es fluchtartig ver- lassen. Sie sammelten sich in der Schlucht nördlich des Dorfes Vermiglio. Die Hochgebirgskompanie 28 unter Lt Anton Kaaserer und die Hochgebirgs- kompanle 17 unter Lt Peter Scheider erhielten nachmittags den Befehl. den verlorenen eigenen Albiolo anzugre'i- fen. Auf dem Marsch oberhalb des Werks Strigno kam der neue Befehl -. der Albiolo wurde mittlerweile von ObLt Grengg zurückerobert -‚ Scheider und Kaaserer hätten mit ihren Kompanien schnellstens nach Cellolager ins Pre- senagebiet abzugehen und sich dort bei ObstLt Stamer zu melden. Zurück- gehende Verwundete meldeten. daß die feindliche Artillerie alles kreuz und quer geschossen hätte und um die ein- zelnen Feldwachen erbittert gekämpft würde. Als, aber die Kompanien gegen 4 Uhr früh auf Cellolager ankamen, lag der gesamte Presenaabschnitt im stärk- sten Nebel und es herrschte eine un- heimliche Ruhe. Nun erhielten Scheider und Kaaserer von Stamer den Befehl, so schnell als nur möglich den von St. 14 vorn Cello- grat ostwärts gerichteten, abschüssigen, stellungslosen Felsengrat gegen das Val Vermiglio bis 12 Uhr mittags zu beset- zen, diesen unter allen Umständen zu halten und den eigenen Rückzug zui decken, um 50 den gesamten Presena- abschnitt für kurze Zeit abzuriegeln und einem weiteren Vorstoß des Fein- des, in das äußerst gefährdete Tal Ein- halt zu, gebieten. Der Befehl wurde raschestens durch- geführt. Es: war dies die vorläufige Rettung der Tonalefron.t, obwohl nur mehr ein höherer Punkt, der S.t. 14, in eigenen. Händen war. Nun folgen wir Peter Scheider selbst, der in der Tiroler Schulzeitung, No- vember 1931, berichtete: Es wurde Tag, der Nebel verzog sich und wir sahen, daß der Feind alle eigenen Stellungen von der Presena- über die Steinhartspitze zur Mg.-Kup- pe, den Kleinen Castelac.io und den, Grat von Monte Paradiso zur Cello- spitze bereits erstürmt hatte. Die Wege, Seilbahnen und Telephonleitungen wa- ren zerstört und Cellolager wurde von uns freigegeben. Wir konnten nun auf dem von St. 14 nördlich gegen die To- nalestellung verlaufenden, gut aus- gebauten Felsengrat keine Verbindung mehr finden. Auch er war während der Pres.enabeschießung geräumt vor- den. Nun war uns die Wichtigkeit, aber auch die Gefährlichkeit unserer Auf gabe vollends bewußt. Wir mußten im gegebenen Fall gegen zwei Fronten kämpfen: fürs erste hatten wir bei: einem feindlichen Angriff den Pre- senaabschnitt gegen Süden abzuriegeln und fürs zweite bei einem solchen über den Tonalepaß die Nordstellung zu ver- teidigen. Der bei uns. dominierende St. 14 war unsere gefährdetste und wich- tigste Steile, unser Angelpunkt! Hätte der Feind damals, unsere elende Si- tuation erfaßt und wäre gleichzeitig über den Presenaabschnitt und im Raum zwischen St. 14 und dem Tonale- paß vorgestoßen, so wären wir trotz heftigstem Widerstand mit unseren schwachen Kräften einer Umzingelung nicht entgangen. Der Feind hätte über- wältigende Erfolge errungen: der ge samte Presenaabschnitt und die eige- nen Tonalestellungen wären in seinen Besitz. gelangt! Das Frontstück zum Albiolo wäre da- durch unhaltbar geworden und schwer- lich von uns zu erreichen gewesen. Die Verteidigungslinie hätte weit ins Val Vermiglio zurückverlegt werden müs- sen, die eigenen Werke wären hierbei vor die Frontlinie gekommen. Der Feind wäre überall dominierend ge- worden und hätte neben der größten Kriegsbeute Erfolge erzielt, die uns auf das schwerste getroffen hätten. Unser Glück war, daß der Feind die höchstgefährliche Situation nicht er- faßte, auch dann noch nicht, als er nach fünf- bis sechsstündigem Trommel- feuer auf den besetzten Grat um zirka 1 Uhr nachts. des 26. Mai zu einem starken Angriff über den Paradiso- gletscher über Cellolager und den Cellograt gegen St. 14 vorging. Durch das feindliche Feuer flog unser Mu- nitionslager im: Flugdach in die Luftt, wobei die Waldbestände im untersten Val Vermiglio weithin abrasiert wur- den. Unser Rücken gegen den Tonalepaß blieb vom Feinde frei. Hier ließ er sich von unseren fliegenden und die ganze Macht mörderisch schießenden Patrouillen täuschen und griff uns von dieser Seite nicht an. (Fortsetzung folgt!)
< Page 14 | Page 16 >
< Page 14 | Page 16 >