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Seite 28 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 6. Dezember 1969 Fortsetzung aus Nr. 47 Das Fundgut aus dem Küchen- abfallhaufen Es besteht aus keramischem Mate- rial und aus Gläserresten. Das keramische Material wiederum- faßt zahlreiche Gefäßreste und Bruch- stücke von Ofenteilen. Die Gefäßreste - von Gebrauchs- geschirr stammend - können in die folgenden Warengattungen gegliedert werden: Reste der Schwarzhafnerei, der Gelbhafnerei, der innen glasierten Schwarzhafnerei, der innen glasierten Gelbhafnerei, der außen glasierten Gelbhafnerei, der innen und außen glasierten Gelbhafnerei und der Weiß- hafnerei; als Sonderform ist noch ei- ne Reibschale anzufügen. Neben den Resten von Gebrauchs- geschirr gibt es noch solche von Schmelztiegeln. (Im Sonderdruck wird das Fund- material textlich vollständig erfaßt und die wichtigsten Stücke illustriert) Die zeitliche Stellung der Funde Dazu gibt es einen genauen termi- nus ad quem: das Jahr 1835, in dem die Jochbergwald-Kapelle abgetragen wurde. Gleichzeitig damit haben die Besitzer des der Kapelle gegenüberlie- genden Gasthauses ihr Gebäude auf- gegeben und aus der noch verwend- baren Inneneinrichtung sowie aus dem Bauholz in Jochberg südlich der Kirche ein Haus errichtet, das soge- nannte Schweizerhäusl, dessen Bau- jahr 1937 auf seiner Firstpfette ein- geschnitten ist. Die Besitzer Hans und Anna Hörl machten mich im Som- mer 1968 darauf aufmerksam, daß sich auch eine getäfelte Stube im Haus befindet. Sie zeigt eine typisch spät- barocke Ausfertigung und dürfte dem- nach, wie Dr. Johannes N e u h a r d t 1968 feststellte, der Zeit um 1750 ange- hören. Diese überlieferungsmäßig ge- gebene Verbindung von Waldwirts- haus und Schweizerhäusl erfährt eine konkrete Bestätigung durch das Vor- handensein der alten Holztüre zur Ka- pelle, die im Schweizerhäusl heute noch in Verwendung steht. Sie ist an- scheinend für den Gebrauch etwas ver- kleinert worden, doch ist die ur- sprüngliche Bemalung trotz starker Verschmutzung noch gut zu erkennen. Dr. J. Neuhardt stellte sofort die Dar- stellung des hl. Antonius Eremita und des hl. Paulus von Theben (mit dem Raben) fest und meint, daß auch die- ses Bild etwa um 1750 gemalt worden ist. Die Darstellung der beiden Heili- gen erscheint aber nur in Verbindung mit einem bestehenden Eremitarium sinnvoll. Ein solches ergibt sich denn auch aus dem Visitationsprotokoll von 1748 (Sig. SCA Chiemsee). Die Kennt- nis dieser Notiz verdanke ich gleich- falls Herrn Dr. Johannes Neuhardt, Salzburg, dem ich auch an dieser Stel- le für all seine wertvollen Unterstüt- zungen meinen herzlichen Dank sagen möchte. Bei G. Gugitz „Oesterreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch", Band III: Tirol und Vorarlberg, 1956, ist vermerkt, daß die Gemeinde Joch- berg 1679 um Meßlizenz angesucht, diese aber erst am 4. Mai 1739 erhal- ten habe. Aus der Erteilung der Meß-Lizenz 1739 und der Errichtung des Eremita- riums dürfte somit hervorgehen, daß die Wallfahrt nach Jochbergwald be- sonders im 18. Jahrhundert geblüht hat und daß deshalb eine beachtlich hohe Zahl an Besuchern dorthin ge- ktrnmen sein wird. Ueber die Gründung einer Kapelle in Jochbergwald informiert die Ein- tragung in den SCA-Akten/Chiemsee: „1672 Dez. 15 suppliziert Albrecht H o f f p a u e r Rathsbürger und Leb- zelter in Kitzbühel an das Ordinariat Chiemsee um die Erlaubnis, demnach er sich lange Zeit schwärlich krank befunden und in sälbig währender Krankheit verlobt ein Cäpellele im Jochberger Creuztracht gegen den khränizen des Salzburger und Tyrol- 1er landts in einem waldt, allwo in die drey meyll khain dergleichen christ- lich katholisches zeichen zu finden, aufferpauen zu lassen". - Eine we- sentliche Ergänzung bietet eine Be- merkung in der nach dem „Wunsche des hochlöbl. Landesguberniurns dd. 4. Dez. 1834, Zi. 28. 166 zu verfassen- den kirchlichen Topographie und Sta- tistik der Erzdiözese Salzburg und Brixen" über die Jochbergwaldiape1- le: „Albrecht H o f b a u e r, brgl. Leb- zelter in Kitzbühel, liest man 1671 als ersten Erbauer dieser Kapelle, die ein runder Turm gemauert mit concavem Gewölb allein erst nachher mit einem hölzernen Vorhaus für 100... (unle- serlich) tauglich wurde, errichten ließ". - Daraus erklärt sich also auch das unorganische Zusammenfügen zwcier Bauteile aus verschiedenem Ma- terial, wobei die Errichtung der Rund- kapelle aus Stein dem herrschenden Brauch, Hauskapellen aus Stein auf- zubauen, durchaus entsprochen hat. Das damalige Waldwirtshaus hat zweifellos nicht allein der Verkösti- gung der Wallfahrer gedient, seine La- ge am Fuß des letzten steilen Stückes über den Paß Thurn war für eine Pfer- destation und ein Rasthaus für die Säumer besonders gut geeignet. Ja man wird sogar daran zu denken ha- ben, daß das Rasthaus schon zu einer Zeit bestanden hat, als noch keine Wallfahrtskapelle hier stand. Der Bau der neuen Paß-Thurn-Straße hat aber all dem ein Ende bereitet, womit ja auch der eingangs genannte terminus ad quern gesichert ist. Umso aufschlußreicher dürfte daher ein Versuch sein, an Hand des aufge- fundenen Materials aus dem Küchen- abfallhaufen von diesem Endtermin nach rückwärts zu schreiten, um wei- tere Anhaltspunkte für die Dauer die- ses Gasthausbetriebes zu erhalten. Daß man dabei theoretisch ü b e r das Gründungsjahr der Kapelle 1672 hin- ausgelangen kann, ergibt sich allein schon daraus, daß diese Kapelle dem Gasthaus gegenüber, also in einem be- reits vorhandenen Siedlungsbereich errichtet wurde. Das heißt aber wohl auch, daß dem Stifter der Kapelle, dem Kitzbüheler Lebzelter Albrecht Hofbauer, die Oertlichkeit wogen der Paßstraße wohl bekannt war. Jede, aus dem Fundmaterial des Gasthaus- bereiches erschließbare zeitliche An- gabe wird damit indirekt auch zu ei- nem Beleg für die Geschichte der Paß- Thurn-Straße, von der ja sogar ange- nommen wird, daß sie auf eine R ö- merstraße zurückgehe - wofür aber bis jetzt keine Belege vorliegen. II. Teil Unter der vorhandenen Keramik sind die Bruchstücke der S c h w a r z- h a f n e r e i wohl die ältesten Stücke. Da aber für die Tiroler Bestände noch so gut wie nichts erarbeitet worden sein dürfte, bleibt nur ein Beurteilen dieser Stücke auf Grund der vor al- lem in Niederösterreich gesammelten. Erfahrungen. Darnach ist das Henkel- bruchstück mit dem schwach einge- drückten und daher auch kaum mehr entzifferbaren Stempel aller Wahr- scheinlichkeit nach dem späten 15. Jahrhundert zuzuweisen, wenn man hiebei an die spätgotischen Henkel- krüge denkt. Die Randstücke stam- men von einfachen Töpfen, die man rein formenkundlich in das vorge- schrittene 15. Jahrhundert stellen könnte, ohne aber zur Zeit ein Kri- terium dafür zu besitzen, wie lange so einfache Formen im 16. Jahrhundert noch in Verwendung gestanden sind. Die Gelbhafnerei tritt vor al- lem durch die zahlreichen Reste von konischen Schüsseln hervor. Auf Grund der Glasurfarben ist anzuneh- men, daß es sich um eine dunkle Ei- senglasur und eine weißliche Zinngla- sur handelt. Sie werden dem 17. Jahr- hundert zugewiesen, doch wäre es durchaus möglich, daß diese Ware auch noch im 18. Jahrhundert in Ver- wendung stand. (Fortsetzung folgt!) Tiroler Gasthaus-Archäologie Von Professor Dr. Richard Pittioni Bereicherung der Erforschung des Alters der Jochbergwaldkapelle - Neue Spuren einer hochmittelalterlichen Verhüttungsanlage in Jochberg - Zur Chronik der Kitzbüheler Hafner
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