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Samstag, 14. März 1970 Kltzbüheler Anzeiger Seite 13 Kommerzialrat Hermann Gaisbichler zum Gedenken Am 1. März 1970 starb nach kurzer Krankheit im Landeskrankenhaus in Salzburg der Kommerzialrat Hermann Gaisbichler,Industrieller in Hoch- filzen, im Alter von 70 Jahren. Das Be- gräbnis fand am 6. März in seiner Hei- matgemeinde Hochfilzen statt, an dem sich eine überaus große Zahl von Trau- ergästen beteiligte. Darunter Präsident Kommerzialrat Johann 0 b e r m 0 - s e r, die Landesräte Robert L a c k - ner und Reinhold Unterweger, Bezirkshauptmann Hofrat Dr. Hans v. T r e n t i n a g 1 i a, der Präsident der Tiroler Handelskammer Kommerzial rat Heinrich M e n a r d i mit Kammer- amtsdirektor Dr. Hans 5 a n t e r, der Präsident der Salzburger Handelskam- mer Dr. Gugg, NR Paul Landmann LA-Vizepräsident Christian H o r n g a- c h e r, LA Christian H u b e r, der Lan- dessekretär des Tir. Wirtschaftsbun- des Pichler, Bgm. Josef Berg - m a n n mit dem Gemeinderat, die Bür- germeister von St. Johann, Fieber- brunn, St. Ulrich, St. Jakob, Going, Brixen, Reith und Leogang, der Werks- leiter des Magnesitwerkes Hochfilzen der Oesterreichisch-Amerikanischen Magnesit AG Radenthein Oberinge- nieur Dipl.-Ing. Kurt E r n s t und sein Vorgänger Oberingenieur Dipl.-Ing. Felix K 10 S e, eine Abordnung des Bundesheeres mit Major K a 1 t n e r, Vertreter der Exekutive, sämtliche Ortsvereine darunter die Bundes musikkapelle, die Pfarrer Paulmichl, Kirchdorf, und Löckner, Leogang, der Kirchenchor, die Freiwillige Feuer- wehr, der Veteranenverein und eine Abordnung des Magnesitwerkes in der Knappenuniform. Die Aussegung und Einsegnung sowie der Gottesdienst in der Kirche wurde vom Ortspfarrer Friedrich U t h e und dem früheren Pfarrherrn Geistlicher Rat Heinrich Thaler (jetzt in Westendorf) vorgenommen. Vor dem Gemeinde amtsgebäude sprachen Bürgermeister Josef Bergmann und am offenen Grab Altnationalrat Max W e r n e r und LA Christian Huber Worte der Anerken- nung und des Dankes. Hermann Gaisbichler war ein Ken- ner der Lebensmöglichkeiten des Be- zirks, ein Kenner der Sorgen und Nö- te der Gemeinden, Körperschaften und Berufsgruppen. Er selbst prägte ein- mal den Satz: „Der Heimat zu dienen ist aller Kräfte wert" und er stand zu diesem Motto. Seine Heimatgemeinde Hochfilzen ehrte ihn durch die Ernen- nung zum Ehrenbürger, der höchsten Würde, die eine Gemeinde zu vergeben hat. Kommerzialrat Hermann Gaisbich- ler zählte zu den aktivsten wirtschaft- lichen Persönlichkeiten unseres Be- zirkes. Dank seiner dynamischen Ar- beitsleistung und seines rastlosen Ein- satzes baute er seine Firma, die 1920 gegründet wurde, zu einem blühenden Unternehmen der Sand- und Schotter- gewinnung und der Zementwarener- zeugung auf. Sein Werk in Hochfilzen wurde mit schwierigen Lieferungen be- traut, so mit der Verkabelung der Schwachstromleitung im Tauerntun- nel, der Lieferung des Betondeckmate- rials des Postkabels von der Schwei- zer Grenze bis Schloß Schönbrunn und von dort bis Graz und nach Inzers- dorf, um nur einige Beispiele zu nen- nen. Mit seiner guten Betriebsleitung konnte sich der Verstorbene gegen stärkste Konkurrenz durchsetzen. Den 1. Weltkrieg machte Hermann Gaisbichler im Infanterieregiment Nr. 59 mit und erlebte an der Südtiroler Front den Zusammenbruch der Monar- chie. Im 2. Weltkrieg diente er bei der 2. Gebirgsdivision und wurde im Po- lenfeldzug eingesetzt; gegen Ende des Krieges diente er noch in einer Volks- grenadierdivision. Den Dienst an der Heimat trat er schon mit jungen Jahren an. Schon 1928 wurde er in den Gemeinderat ge- wählt und durch vier Perioden übte er das verantwortungsvolle Amt eines Bürgermeisters aus. Besondere Ver- dienste erwarb er sich in den Nach- kriegsjahren, als Hochfilzen Grenzort und Demarkationspunkt der Besat- zungsmächte war. Zu seinen besonde- ren Werken in der Gemeindepolitik zählen die Vollelektrifizierung, die Wasserversorgung, der Straßenbau und der Bau von Güterwegen. Er un- terstützte maßgeblich den Neubau der Pfarrkirche und vertrat mit Erfolg die Interessen der Gemeinde bei der Schaffung des Magnesitwerkes. Ihm ist es vor allem zu verdanken, daß die Anlagen in Hochfilzen errichtet wur- den und daher auch die Gemeinde- steuern dem Heimatort zufließen kön- nen; andernfalls, wenn das Leoganger Projekt zum Zuge gekommen wäre, wären nur die Erschwernisse geblie ben und alle Vorteile hätte die Salz- burger Gemeinde bezogen. 1957 wurde der Verstorbene in den Tiroler Landtag berufen. In dieser ho- hen Funktion trat er inbesondere für den Straßenbau ein. Es ist bekannt, daß sich Gaisbichler vordringlich zum Zwecke der Forcierung des Straßen- baues der höheren Wirtschaftspolitik verschrieben hatte. Gaisbichler ist be kannt als Pionier und Verfechter der Felbertauernstraße, schon seit den zwanziger Jahren in den Reihen des Hagebundes, zusammen mit seinem persönlichen Freund Altnationalrat Max Werner. Nach seinem Ausschei- den aus dem Tiroler Landtag wurde er in den Bundesrat berufen. Auch in die- ser Funktion konnte Kommerzialrat Gaisbichler seine Kunst der erfolgrei- chen Intervention, vor allem zugunsten des „Kleinen Mannes" beweisen. Er war der erste Bundesrat, der aus un- serem Bezirk hervorgegeangen ist. In der gewerblichen Wirtschaft Ti- rols war Gaisbichler ebenfalls durch Jahrzehnte tätig. Als Bezirksobmann der Tiroler Handelskammer, als Ober- kuratorstellvertreter der Landeshypo- thekenanstalt, als Bezirksobmann des Wirtschaftsbundes, als Innungsmei- sterstellvertreter für das Bauhilfsge- werbe, als Vorstandsmitglied des Tiro- ler Gemeindeverbandes, als Aufsichts- rat der Innsbrucker Messegesellschaft und in Schätzungskommissionen. In allen Funktionen trat er für die Förderung des Fremdenverkehrs, den Ausbau der Straßen und für die Exi- stenzerhaltung des Mittelstandes ein. Da war er ein Kämpfer und wirkungs- voller Sprecher. Durch Jahrzehnte führte er als Bezirksobmann die Oesterreichische Volkspartei. Für sei- ne Verdienste um die österreichische Wirtschaft wurde ihm schon 1956 die „Julius-Raab-Medaille" verliehen und der Landeshauptmann zeichnete ihn für seine wertvolle öffentliche Tätig- keit im eigenen Lande mit dem Ehren- zeichen des Landes Tirol aus. Der Herr Bundespräsident verlieh ihm den Be- rufstitel Kommerzialrat. Aus diesem Anlaß fand am 17. März 1964 im gro- ßen Festsaal der Tiroler Handelskam- mer in Innsbruck eine Feier statt und am 20. März im Hotel Harisch in Kitz- bühel. Viele Persönlichkeiten, die dem Verstorbenen in dessen Glanzzeit die Glückwünsche entboten, standen nun trauernd am Grabe. Nur einer seiner treuesten Gefolgsleute, der ihn als Mensch, Betriebsinhaber und Politiker sehr schätzte, fehlte: Bürgermeister Hans Jöchl von Reith, der ihm 1967 im Tode vorausgegangen ist. Hermann Gaisbichler, am 22. Mai 1899 in Bad Aussee geboren, liebte sein Hochfilzen, seinen Bezirk Kitz- bühel und sein Land Tirol. 1962 lag er durch Monate auf Leben und Tod darnieder und nur seine eiserne En- ergie und die Kunst der Aerzte brach- ten ihm seine Gesundheit zurück. Sei- ne Gattin Alberta blieb die letzte Wo- che seines Lebens bei ihm im Salzbur- ger Krankenhaus, wohin er mit einem Herzinfarkt eingeliefert werden muß- te. Zu diesen Leiden trat noch ein wei- teres, das trotz aller Bemühungen der Aerzte seinem tatenreichen Leben ein Ende setzte. Sein unbestechlicher Ge- rechtigkeitssinn ist der Nachwelt Ver- pflichtung und Vorbild. Seiner Gattin war es noch gegönnt, dem geliebten Mann und Vater die Au- gen zuzudrücken.
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