Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 28. März 1970 Kltzbüheler Anzegei' Seite 15 1 Gemeindesekretariosef Angerer, Kössenij Am 14. März 1970 starb im Kranken- haus Kitzbühel Josef An g e r e r, Ge- meindesekretär von Kössen, nach kur- zer Krankheit im Alter von 55 Jahren. Die Beerdigung fand am 18. März auf dem Friedhof in Kössen statt. Sie be- wies die große Achtung, die sich der Verstorbene während seiner langen Tä- tigkeit als Gemeindesekretär erwarb. Der große Trauerzug wurde von der Bundesmusikkapelle Kössen angeführt. Dieser folgten die Heimkehrerkamerad- schaft, die Schützenkompanie, der Trachtenverein und die beiden Frei- willigen Feuerwehren von Kössen und vom Bichlach mit ihren Fahnen, dann der Vertreter des Bezirkshauptmanns OReg.-Rat Hans Szekulics, Bürgermei- ster Oek.-Rat Stefan Reitstätter mit dem Gemeinderat, Vertreter des Kir- chenchors, des Gesangsvereins, die Ge- meindesekretäre und Standesbeamten des Bezirks, die Bürgermeister von Schwendt und Fieberbrunn, Vertreter der Lehrerschaft, des Kriegsopferver- bandes, der Gendarmerie, der Zoll- wache und der Post, des Fremdenver- kehrsverbandes und aller Vereine und Institutionen von Kössen und Schwendt sowie eine große Zahl von Trauergästen aus allen Bevölkerungsschichten. Die Aussegnung wurde von Pfarrprovisor Josef Wagner und die Einsegnung von Altpfarrer Geistl. Rat Simon Schneider vorgenommen. Beim Trauergottesdienst führte der Kirchenchor das „Requiem von Feist" auf und Pfarrprovisor Wag- ner hielt in der überfüllten Kirche fol- gende Ansprache: „Laßt mich als Seelsorger ein Wort des Trostes und der Würdigung sagen über einen Menschen, bei dessem Weg- gang sich etwas ereignete. Angerer war kein Durchschnittsmensch, deshalb spür- ten wir es alle: es ist für uns ein Licht erloschen, das ungezählte Nachtstunden zum Wohl der Gemeindebewohner ge- brannt hat. Dieses Licht hat intensiv gebrannt, es hat sich für die anderen verschwendet. Bei seinem Tode hörte ein Verstand auf zu schaffen und zu arbeiten, der unermüdlich zum Wohle der Gemeinschaft tätig war und sich ständig schulte und in vorbildlichster Weise bildete. Es hat ein Herz in gro- ßer Güte für unsere Heimat und für seine eigene Familie aufgehört zu schla- gen. Es hat ein Geist aufgehört zu su- chen und zu forschen, der von den tiefsten Gedanken zwischen Gott und Mensch bewegt war." Am offenen Grab verabschiedete sich auch Bürgermeister Oek.-Rat Stefan Reitstätter mit bewegten und dankba- ren Worten: „Lieber Freund! Erschüttert stehen wir heute an Dei- nem offenen Grab, um von Dir Ab- schied zu nehmen und Dir Dank zu sagen. Ich spreche wie der Dichter Claudius, der am Grabe seines Vaters stand: ‚Wir haben einen guten Mann begraben. Mir aber warst Du mehr, ja uns allen!' Der ganzen Gemeinde Kös- sen warst Du mehr. - Im Mai 1943 kamst Du als Schwerinvalide in unse- re Gemeinde und hast nun 27 Jahre in vorbildlicher Weise Deine Pflicht Photo Chalus, Kössen erfüllt. Du hast vielen Gemeindebürgern durch Rat und Tat geholfen und Deine Dienstzeit ging oft bis in die späten Abendstunden hinein. Dein oberstes Ge- bot war die Pflichterfüllung. Nie warst Du mürrisch und immer gleichfreund- lieh und entgegenkommend. Du ver- CD eintest in Dir ein großes Fachwissen mit einer großen Begabung und bliebst dabei im Grunde immer ein bescheide- ner Mensch. Ich bestätige an Deinem Grabe, daß Du am Aufstieg der Ge- meinde Kössen, welche Dir zur zwei- ten Heimat wurde, von einer rein länd- lichen Gemeinde zur heutigen Frem- denverkehrsgemeinde maßgeblich betei- ligt warst. Du hast Deine schönsten Mannesjahre dem Aufbau unserer Ge- meinde gewidmet und standest doch immer bescheiden im Hintergrund. - Nimm für alles noch einmal den Dank der Gemeinde entgegen. Wir alle freu- ten uns, als Dir am Nationalfeiertag des Jahres 1968 Dein Vaterland Oester- reich und das Land Tirol den Dank aussprachen und Dir die hohe Aus- zeichnung, nämlich das Silberne Ver- dienstzeichen der Republik Oesterreich, verliehen hatten. Wer hätte damals ge- dacht, daß Du diese Auszeichnung nur noch kurze Zeit tragen könntest. Mir war es vergönnt, mit Dir gemeinsam ein Stück Lebensweg zu gehen. Du hast mich in meinen Pflichtenkreis einge- führt und ich habe Dich in dieser Zeit nicht nur als einen vorbildlichen Be- amten, sondern auch als guten Men- schen kennengelernt. Wir sind Freunde geworden und sind gemeinsam die Hö- hen und Tiefen des Lebens gegangen und hatten es oft nicht leicht. Du warst mir ein guter Kamerad besonders in den schwersten Stunden meines Le- bens. - Ich verspreche Dir, daß wir Dein Andenken stets in Ehren halten werden." Im Namen des Bezirkshauptmanns nahm OReg.-Rat Hans Szekulics Ab- schied von Gemeindesekretär Angerer und bezeichnete ihn als Vorbild der Kollegen, als rechtschaffenes Erfül- lungsorgan der Verwaltungsbehörde und als treuen und verdienstvollen Oesterreicher. Es senkten sich die Fah- nen der Vereine und die Bundesmusik- kapelle intonierte das Lied vom guten Kameraden. Josef Angerer wurde am 18. Oktober 1914 in Innsbruck geboren. Seine Schul- und Jugendzeit verbrachte er in Völs. Im Jahre 1933 meldete er sich zum Leichten-Artillerie-Regiment Nr. 6 und erhielt dort die Ausbildung im Schall- meßdienst und im Wetterdienst. Nach dem Anschluß wurde er als Berufs- unteroffizier in die deutsche Wehr- macht übernommen. Bei einem Einsatz in der Nordsee konnten ihn seine Ka- meraden nur mehr mit Mühe retten. Todkrank lag er längere Zeit in Laza- retten. Aus Gesundheitsgründen wur- de er vorzeitig aus dem Wehrdienst entlassen. In der Gemeindeverwaltungs... und Sparkassenschule in Innsbruck, die er mit ausgezeichnetem Erfolg absolvierte, erhielt er nun seine Ausbildung im Verwaltungsdienst. Kössen wurde ihm nun tatsächlich zur zweiten Heimat. Er trat aber we- der politisch noch im Vereinswesen hervor. Ihm genügte die Arbeit in der Gemeinde und hier schätzen alle seine Unparteilichkeit und strenge Sachlich- keit. Für ihn war jeder Gemeindebür- ger gleich wie der andere, wenn es galt, zu raten und zu helfen. Die ein- zige Freizeitbeschäftigung war das Schachspiel, das er vorzüglich be- herrschte. Als er mit dem Rettungs- auto in das Krankenhaus nach Kitz- bühel eingeliefert wurde, gab er noch von der Bahre aus seine letzten An- weisungen über in den nächsten Tagen anfallende Arbeiten. Er starb im Dien- ste der Gemeinde, der noch in den letzten Zügen seine Gedanken galten. Eigentümer, Herausgeber und Verleger: KtOheter Anzeiger Gesellschaft mbH, Kitzbühei, Vorderetedt 16; Verwaltung: KitzbOhel, Schwarzs.estraße 2, Tel. 2576; verantwortlicher Schriftleiter: Martin Wörgütter, Kitz. bühei, Hlnterstacft 17, Tel. 2236, Druck: Druckerei Ru- dolf Grobstimm $ Leo Heininger, Kitzbühel. Wehrgasae 8, Tel. 2515.
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