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Seite 6 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 11. April 1970 bohrungen wurden noch nicht gemacht. In der Tiefe werden aber größere Kup- fer- und Silbermengen vermutet, wes- halb es unter Umständen rentabel sein könnte, hier mit dem Abbau zu begin- nen. Aus diesen vorsichtigen Aeußerungen ist zu schließen, daß die Gesellschaft intensiv an der Erschließung solcher Vorkommen arbeiten will und damit kommt die Lawine ins Rollen, die man als Folgewirkung dieser schlechten Fremdenverkehrsgesinnung bezeichnen muß. Es ist zwar vorgesehen, so heißt es, daß die Röstung und Schmelzung der Minerale nicht im Raum Kitzbühel erfolgen soll, sondern in Mitternberg und Brixlegg. Aber auch dann, wenn diese an sich nicht sehr rentable Aus- wertungsmethode durchgeführt wer- den sollte, würde die touristisch schö- ne Landschaft von Kitzbühel—Obern- dorf schwer beeinträchtigt werden. Schutthalden und Fördertürme, Staub, Lärm, Lastenverkehr usw. würden so intensiv zur Wirkung kommen, daß mit einer Störung des Reiseverkehrs zu rechnen ist, ja er kann geradezu lahm- gelegt werden. Damit taucht dann die Frage auf, die Kammerrat Witzmann als Vertreter der Kitzbüheler Fremden- verkehrswirtschaft bei der letzten Kam- mervollversammlung schon mit Recht aufgeworfen hat. Die Inbetriebnahme dieser Schürfungen würde vielleicht 500 oder auch mehr Arbeitern einen Verdienst bieten, gleichzeitig müßte aber mit dem Verlust von rund 5000 Arbeitsplätzen in der Fremdenverkehrs- wirtschaft gerechnet werden. Denn Bergbauindustrie und Fremdenverkehr vertragen sich nicht auf einem Ort. Die Politik der Qualifizierung im Fremden- verkehr wäre mit einem Schlage zu- nichte gemacht. Denn dem Fremdenverkehr droht ja in einem solchen Falle noch eine wei- tere Schädigung von der Seite der Ar- beitskräfte her. Im Bezirk Kitzbühel gibt es nur sehr wenig Arbeitslose, das heißt, praktisch fast gar keine verwend- baren Kräfte mehr. Für den Bergbau müßte man also fremde Arbeitskräfte anwerben. Wie geheimnisvoll hier ope- riert wird, ergibt sich aus der Frage- stellung zu diesem Vortrag, ob die Ge- sellschaft womöglich südafrikanische Neger ansiedeln wolle, die für den Berg- bau eingesetzt werden sollen. Dies wur- de zwar belächelt, ist aber gar nicht so abwegig, denn diese Menschen find für den Bergbau schon gut geschult und es läßt sich denken, daß eine Gesell- schaft schon aus Rentabilitätsgründen dann gerne auf solche Arbeitskräfte zurückgreift, wenn es andererseits Schwierigkeiten geben sollte, geeignete Leute zu finden. Nun ist es letzten Endes ganz egal, aus welcher Richtung solche Arbeits- kräfte kommen würden. Sicher ist näm- lich die Tatsache, daß man damit ein fremdes Element in die fremdenver- kehrsmäßig harmonisch gestaltete Land- schaft im Raum Kitzbühel bringen würde. Man bräuchte dafür Wohnmög- lichkeiten, die man nicht so schnell schaffen kann, so daß Baracken errich- tet würden. Aus der reizvollen Umge- bung der Fremdenverkehrsstadt Kitz- bühel würde somit eine Barackenland- schaft gemacht, wo sich das übliche Treiben abspielen würde, das bestimmt keine Empfehlung für den Tourismus sein könnte. Daß der Gast dann schleu- nigst das Weite sucht, liegt auf der Hand. In der Nachbarschaft von Bau- baracken kann sich schließlich kein Tourismus enwickeln. Daß die Tiroler Fremdenverkehrswirtschaft darüber erbittert ist, in welcher Form sich dies abgespielt hat, liegt auf der Hand. Denn wenn dort eine wirklich echte Renta- bilität im Abbau gegeben ist, würde sich auch die Fremdenverkehrswirt- schaft aus den konkreten wirtschaft- lichen Ueberlegungen im Sinne einer Wertschöpfung für Oesterreich nicht dagegen aussprechen. Was sie aber ver- langen darf, sind entsprechende Aufla- gen für die Gesellschaft, die gewähr- leisten sollen, daß der Tourismus in diesem Gebiet so wenig wie möglich davon gestört wird. Wenn aber schon so selbstherrlich, ja geradezu diktatorisch vorgegangen wird, kann man sich ausrechnen, daß hier auf solche Auflagen einfach gepfif- fen wird. Man kennt ja dieses Sprüch- lein. Da heißt es dann, mit solchen Auf- lagen geht die Rentabilität verlustig und die könnte man aus volkswirt- schaftlichen Gründen nicht dulden. Die Fremdenverkehrsstadt Bozen ist ja ein lebendes Beispiel hiefür, wie mit sol- chen Begriffen Schindluder getrieben wird. Auch dort muß der Staub und Ruß aus der Industriezone geschluckt werden, verdorren und verderben Wein- und Obstgärten aus dem einen Um- stand, daß die Rauchvertilgung und das Abfangen der schädlichen Gase die Rentabilität der Produktion unter- gräbt und daher nicht möglich ist. In Bozen aber ist man jetzt so weit, daß man schon in Rom Aufruhr verursacht hat, so daß einmal Hilfe zu erhoffen ist. Soll man aber, dieses Beispiel vor Augen, im Raum Kitzbühel so lange warten, bis auch hier der Tourismus am Boden liegt? Leider sind ja die Ein- spruchsrechte des Landes sehr gering. Denn im Verfahren um die Bergwerks- berechtigung hat das Land ja kein Recht auf Stellungnahme -- ein herr- licher Tatbestand der Demokratie - die Gemeinde Oberndorf nur ein gerin- ges. Der Bürgermeister hat wohl gefor- dert, daß die touristischen Interessen dabei nicht tangiert werden dürfen. Er forderte auch den Sitz der Gesellschaft in Oberndorf und den tunlichsten Ein- satz örtlicher Arbeitskräfte. Werden diese Punkte erfüllt, würde sich die Gemeinde Oberndorf nicht mehr gegen den Bergbau stellen. Die Grundbesit- zer selbst könnten noch Einfluß neh- men, werden aber angesichts der vor- gesehenen hohen Abfindungen klein beigeben und mit dem Projekt einver- standen sein. Die letzte Entscheidung liegt nun - nachdem die Berghauptmannschaft Innsbruck mit beachtlicher Geschwin- digkeit die Zustimmung erteilt hat - warum sollte man dabei auch auf Fremdenverkehrsinteressen Rücksicht nehmen - bei der Obersten Bergbau- behörde im Handelsministerium. Es verlautet dazu, daß man dort alle Für und Wider zum Projekt gründlich ab- wägen werde. Soweit gut, aber man hat noch nichts davon gehört, daß in einer öffentlichen Stellungnahme die betroffenen Wirtschaftsbereiche zur Mitsprache eingeladen werden. Sind wir eigentlich in einer Demokratie? Diese Frage ist angesichts dieses ge- heimnisvollen Vorgehens berechtigt. Der Fremdenverkehrsbezirk Kitzbühel hat in den letzten Jahren auch Milliar- denbeträge an Devisen für den Staat erarbeitet, hat damit zu Wohlstand und Beschäftigung, zur Stabilisierung der Währung und zum wirtschaftlichen Aufschwung beigetragen. Ist dies alles nun so wenig wert, daß man es nicht einmal der Mühe wert findet, die Frem- denverkehrswirtschaft zu befragen, ih- re Bedenken anzuhören. Wie will die Oberste Bergbaubehörde die Auflage konkretisieren, die für dieses Gebiet im Falle einer Schürfung notwendig sind, wenn man sich nicht der Mühe unterzieht, die örtlichen Fachleute zur Beratung heranzuziehen. Bisher hat man davon nichts gehört. Soll wirklich eine sogenannte „einsame Entschei- dung" auf höchster Ebene getroffen werden, die man dann einfach zu ak- zeptieren hätte? Das wäre ein weiteres Beispiel dieser schlechten Fremden- verkehrsgesinnung, die bei diesem Pro- jekt bisher schon fast bis zum Ueber- druß praktiziert worden ist. In der Fremdenverkehrsstadt Bozen kämpft man seit Jahrzehnten darum, von den üblen Folgen der Industriezone wegzu- kommen, um die Stadt wieder attrak- tiv für die Gäste zu machen. In Kitz- bühel—Oberndorf soll jetzt ausgerech- net der umgekehrte Weg gegangen wer- den? Die Fremdenverkehrswirtschaft Tirols erwartet hier mit Recht eine schnelle und deutliche Reaktion in der Form, daß sie selbst zur Mitentschei- dung in dieser Frage herangezogen wird. Geschieht dies nicht, so bleibt den öffentlichen Stellen, die dafür ver- anwortlich zeichnen, der Vorwurf nicht erspart, eindeutig fremdenverkehrs- feindlich zu handeln. Die Fremdenver- kehrswirtschaft will sich nicht zum Prügelknaben einer vermutlich einsei- tig ausgerichteten Interessenpolitik in dieser Frage machen lassen.
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