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Seite 4 K'itzbühe.er Anzeiger Samstag, 3. Jänner 1970 SIe waren alle gekommen. So wie wir es uns auf der langen Reise verspro- chen hatten. Der ganze Autobus voll. Und wir wollten diese herrliche Fahrt nochmals erleben. Am Sonntagabend in der warmen Stube der Parkwirtin in St. Johann. Denn die Kameramänner Dr. Sepp Fischer und Pfarrer Erich Haslauer hatten während dieser Fahrt geradezu fanatisch gefilmt, so daß wir mit einem tollen Filmmaterial rechnen mußten. Welche nettere Adventstim- mung. aus der klirrenden Kälte kom- mend auf der Ofenbank nochmals die- se Sonnentage zu erleben. Es war prinzipiell kein,- im eine im Sinne dieser strengen Bräuche. Leu- te. die ich näher kenne und mit denen mich sympathischere Kontakte verbin- den, haben zumeist Hunde oder zu- mindest Katzen oder beides. So bin ich bei Anni und Georg Schreder nach mancher komplizierter „Rolfi"-Flicke- rei seit langer Zeit so eine Art Haus- tierarzt. Und den „Prinz" kannte ich schon längst, ehe ich wußte, daß in Aurach ein neuer Pfarrer ist. Was lag näher für mich als mitzumachen, wenn Schorsch Schreder mit Pfarrer Erich Haslauer als Reiseleiter eine Romfahrt über Assisi machte. Der Fahrpreis von 1600 Schilling für eine Woche mit Voll- pension. die bekannt souveräne Bus- lenkung des Schreder Schorsch und die Romerfahrung Pfarrer Haslauers waren verlockend. Und ein Tierfreund, so meinte ich zumindest, sollte eigentlich überhaupt einmal in Assisi gewesen sein. So wie ein Moslem als Hadschi in Mekka oder ein Buddhist am Ganges. Das hat für meine Begriffe mit der Konfession gar nichts zu tun. Und das hat auch gar nichts damit zu tun, was man konfes- sionell mit Franz v. Assisi später ge- macht haben mag. Uns Tierfreunde 1 asziniert dieser Mensch. Er ist nicht zufällig der Schutzpatron der Tiere. Wer etwas mehr liest als nur christ- liche Literatur, wird feststellen, daß quer: durch alle Kulturen, den Pytha- goräern, im Buddhismus, in den alten chinesischen Philosophen usw. sich die- ser faszinierende Gedanke der Bruder- schaft aller. Geschöpfe der Erde findet. Die Bilder' dieser Weisen gleichen sich erstaunlich, obwohl sie tausendel Jahre voneinander gelebt haben und in ganz anderen Erdteilen geboren wurden. In Assisi kamen wir am späten Abend an. Wir wohnten in einem Kloster von Franziskanerinnen und wurden mit un- serem Bus schon erwartet. Pfarrer Erich Haslauer sprach die Kloster- trauen sofort in seinem gewählten Ita- lienisch an, worauf die Leiterin sagte: „Aba redts do deutsch, i bin ja seiba a Tirolarin." Diese Klosterunterkünfte sind peinlichst saubere Fremdenzim- mer. In Rom waren die Quartiere rich- tig vornehm und die Verpflegung erst- klassig. Und da die Welt eben doch klein ist, stellte sich heraus, daß die Schwester Heimleiterin die Nichte un- seres verstorbenen Veterinärdirektors Dr. Weber ist. Also 'auch eine Nichte des ehema' igen Landeshauptmannes von Ti- rol Dr. Stumpf. Von da an, der herz- lichen Betreuung der Schwestern, dem Dr. Ganster und Pfarrer Haslauer vor dem lit. Franziskus natürlichen Humor, wurden wir eine richtige Reisefamilie. Am Grab des hl. Assisi weihte am nächsten Morgen Pf. Haslauer eine Tischstandarte unseres Tierschutzvereins. Assisi ist auf einen Berg der toskanischen Landschaft stu- fenförmig gebaut und ähnelt von Ferne der Tempelstadt Lhasa. 'Und tatsäch- lich ist terrassenartig Kloster auf Klo- ster und Kirche auf Kirche gebaut. Die Straßen sind voll von Andenken- geschäften. Man hann den hl. Franz v. Assisi inmitten der Tiere auf Tellern und Aschenbechern, auf Krügen und den verschiedensten Wandkeramiken kaufen. Auch in den Klöstern und Kir- chen geht der Pater zuletzt mit der Reisegruppe in eine Andenkenstube, wo man tausende Rosenkränze und Sou- venirs für alle Zwecke des täglichen Lebens - mit dem Bild des Heiligen kaufen kann. An diesem Abend bei der Parkwirtin sahen wir also. diese Reisefamille wie- der durch die wunderbaren Gassen Assisis wandeln, die Basilika und die alten Kirchen im Sonnengold des. herbstlichen Italiens. Beide Kamera- männer, sowohl Dr. Fischer wie Pfar- rer Haslauer. erwiesen sich als erst- klassige Könner. Während Dr. Fischer mehr die Fahrtaufnahmen in Assisi, in Rom und Nettuno sammelte, verlegte sich Pfarrer Haslauer auf raffinierte Schnappschüsse der Bewegung. Er sorgte, wie immer, wie1:ler einmal für eine Ueberraschung. Sein Film war vertont! Und so erlebten, wir mit Mu- sikeinblendung echt italienischer Plat- ten und seiner pefekten Mikrophon- stimme quasi nochmals die Führung, die Reiseleitung dieser Romfahrt. Wir standen auf der Peteskuppe1 und sa- hen uns und hörten „Monsignore" (det freundschaftliche Spitzname, den ich ihm zudachte und dafür prompt „Ober- husser" wurde) ausrufen: „Rom liegt uns zu Füßen!" Wir fuhren in die Ver- kehrswurschtmaschine von Rom, durch das unser Schorsch den Bus wie einen 500 Puch manövrierte, vorbei an all den herrlichen Basiliken, Brunnen und Obelisken. Wir schlenderten wieder über das Forum Romanum. „Hier se- hen Sie eine Vestalin" klang wieder die Stimme „Monsignores" durch die abgeblendete Musik, und es war die Christi, die da auf einem Potest stand. Was wir leider nicht sehen konnten an diesem Filmabend, waren Innen- aufnahmen von unseren Führungen, den Katakomben, den Basiliken, dem Petersdom u. dgl. Aber diese Ein- drücke hatte ja jeder von uns auf sei- ne Art und nach seinem persönlichen Verhältnis zum Problem Rom mitge- nommen. Wir fuhren, durch wunder- bare Aufnahmen geführt, nochmals hinaus nach Anzio Nettuno. Wir klaub- ten am Sandstrand Muscheln. Und das Meer rollte gegen den Strand und wir zogen in der Brise die Hüte fester an. Dann fuhren wir in das nächtliche Rom zurück. Durch die leuchtenden überschäumenden Brunnen inmitten hunderter roter Stopplichter, Lampen und Lichtreklamen. Am Sonntagvormittag standen wir mit dem Schrederbus am Peterspiatz. Denn es regnete, und obwohl der riesi- ge Platz voll von wartenden Menschen unter Schirmen war, saßen wir wie in einem Schiff. Wir sahen das im Film und wir hörten die Stimme des Papstes, welche „Monsignore" durch sein Mikrophon am offenen Fenster aufgenommen hatte. Am Nachmittag war es wieder schön, aber wir mußten die letzte Runde um den Petersdom ziehen. Warum ich darüber berichte? Weil ich glaube, daß man so eine einfache Fahrt mit einfachen Menschen, aber mit so viel Herzlichkeit unter uns nicht kommentarlos übergehen sollte. Vielleicht habe ich so eine Fahrt der spontanen Kameradschaft noch nicht erlebt. Und andere auch. Deshalb ka- men alle und keiner fehlte - und wir gaben uns nochmals die Hand - bis zur nächsten Fahrt. Im April: nach Rom und Neapel. DR. OSKAR GANSTER: Die Assisi>»Rom-Fahrer trafen sich bei der Parkwirtin
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