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Freitag, 14. August 1970 Kitzbü.heler Anzeiger Seite 5 Die Sommersaison 1970 strebt ihrem Höhepunkt entgegen. Von Itter bis Kitzbühel, von Eilmau und Waidring, von Fieberbrunn bis zum Paß Thurn lebt die Fremdenverkehrswirtschaft, schafft sie, arbeitet sie, verdient sie, bringt sie Geld, Devisen. Frequenz und Qualität steigen an. Die Nachfrage wird größer. Der Großraum für Europa und Uebersee immer interessanter. Die Aussichten für den Winter her- vorragend, für die nächste und weitere Zukunft sehr gut. Der Großraum ge- deiht und lebt. Er ist aber auch nicht untätig. Nein, die Bewohner, ob Unter- nehmer oder Arbeitnehmer investieren, gehen ein Risiko ein, bewegen sich dynamisch nach vorne, konfrontieren sich mit der Zukunft, ohne zu hasar- dieren. Die Solidität des klassischen Fremdenverkehrsraumes beweist die volkswirtschaftlich reife Einstellung. Gerade ist eine Zählung fertiggestellt worden, die das Produktivitätsdenken unter Beweis stellt. Im vorgenannten Großraum bestehen bereits v e r z eh n Schwimmbäder, teils sogar schon geheizt. Freiluftanlagen modernster Art, die selbst .den Gast aus reicheren Län- dern in angenehmes Erstaunen ver- setzen. Mit den oft zusätzlich ange- legten Sportplätzen und Zubringer- straßen repräsentieren diese Anlagen allein einen Investitionswert von mehr als 100 Millionen Schilling. Bald werden die letzten Orte nachgezogen haben und der Raum wird sich mit einer lückenlosen Reihe herrlichster Bäder, inmitten unserer Wiesen, Wäl- der und Seen dem In- und Ausland vorstellen können. Aber inzwischen Jessacher, Zimmermeister, verpflichte- te jeden Hausbesitzer, entweder selbst oder durch einen Vertreter an den Hauptübungen teilzunehmen und ver- ordnete: „Wer dies nachlässigerweise unterläßt, wird zu einer Geldleistung zugusten der Feuerwehrkasse verpflich- tet." 1923 wurde eine zweiteilige Magirus- Patentleiter angeschafft. Sie kostete über 13 Millionen Kronen. Am 6. Mai 1925 wurde Konrad Stei- ner zum Kommandanten gewählt. Er leitete die Freiwillige Feuerwehr bis 1947 (nur 1944 war Max Steinbacher, Kronewirt und Bürgermeister von 1946 bis 1950) und wurde schon 1934 zum Ehrenhauptmann ernannt. 1929 begann ein Zeitabschnitt, in welchem Brände, Morde und Raub- morde an der Tagesordnung waren. Drei Unmenschen versetzten die Be- wohner immer wieder in panischen Schrecken. Für die Männer der Frei- willigen Feuerwehr war das eine Zeit geht die Entwicklung weiter. Schon sind die ersten öffentlichen Hallen- schwimmbäder entstanden und aller- orts hört man von entsprechenden Plä- nen, denn die Zweisaisonorte wollen auch dem Wintergast jegliche Annehm- lichkeit bieten. Große Investitionen werden demnächst die heimische Wirt- schaft weiter beleben. Die heute behandelte Sparte der Fremdenverkehrswirtschaft ist nur ein Bruchteil der Kapitalanlage, die diesem Raum zum heutigen Standard verhalf. Es werden weitere Berichte über die Investitionen der Straßen, der Berg- bahnen, der Arbeitsplatzbesorgung, der Die österr. Bundesregierung hat jetzt bekanntlich einen großzügigen Ent- wicklungsplan für die Berggebiete be- schlossen. Zukünftig soll eine echte moderne Existenzsicherung für die Bergbauern geschaffen werden. Denn zwei Drittel der Fläche Oesterreichs sind Berggebiete. Und die extremen Bergbauern sind die Sorgenkinder der modernen Landwirtschaft. Für sie ist es unmöglich im Strukturwandel der Landwirtschaft konkurrenzfähig zu bleiben. Sie verbrauchen sich zu Früh- invaliden, während die übrige Bevöl- kerung die Wohltaten des modernen Sozialstaates ausnützen kann. Die Tra- gik dieses Existenzkampfes unserer Bergbauern liegt aber nicht nur in der der allerhärtesten Prüfungen und größ- ten Opfer. Unruhe erfaßte Männer, Frauen und Kinder und keiner traute mehr dem anderen, Bürger und Bau- ern wurden verdächtigt und unschul- dig eingesperrt. Die Feuerwehr hielt Geheimversammlungen ab, um Maß- nahmen zu beraten, wie man der Tä- ter Herr werden könne und jede Nacht patrouillierten Wachtrupps durch den Ort. 1929 waren es 6 Brände, 1930 de- ren 8, 1931 deren 15, 1932 7 und 1933 ebenfalls 7. Dazu kamen noch zahl- reiche Brandversuche. Die Schreckenspsychose erreichte mit dem Kirchenbrand in der Nacht vorn 14. auf 15. Juni 1932 ihren Höhe- punkt. Damals bestand für den ge- samten Markt die Gefahr, von dieser Feuersbrunst vernichtet zu werden. Die Hitze war so groß, daß die Fenster der in der Nähe befindlichen Häuser zer- sprangen und brennende Schindeln bis nach Itter flogen. Neun Feuerwehren und zwar Hopfgarten, Bruckhäusl, Werbung und vor allem der Privat- unternehmer, vom Privatzimmervermie- ter bis zum Hotelier, folgen. Diese Gelder mußten verdient und müssen weiter verdient werden. Amor- tisation und Verzinsung bedürfen eines gewaltigen Umsatzes. Er wird nicht ausbleiben, so lange nicht rauchende Schlote einer gottbegnadeten und für den Fremdenverkehr geradezu präde- stinierten Landschaft den Atem neh- men. Aber diese Unternehmer, ob Ar- beiter und Kelinvermieter, ob Bauern oder ob hauptberufliche Fremdenver- kehrsunternehmer werden nicht an ih- rer Zweit- oder Hauptexistenz rütteln lassen. Sie werden sich dagegen stem- men, mit all ihrer Kraft. Sie werden das Herzland der Urlauber verteidigen, verteidigen gegen Bergbau und Indu- strie, gegen die Vernichtung einer fünf- zigjährigen Aufbauarbeit. Dr. Ziepl Problematik der landwirtschaftlichen Rentabilität. Unsere Bergbauern wer- den immer mehr zum Erholungsraum, zu Naturreservaten, zu Fluchtgebieten der Industriernenschen. Wenn es keine Bergbauern mehr gäbe, wäre unsere Bergheimat längst verwildert, verkar- stet und verödet. Und auch die Frem- denverkehrsindustrie lebt nicht zuletzt von der Bilderbuchlandschaft unserer gepflegten Bergbauernwelt. Solche Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich davon verständigt wurde, daß der Herr Landwirtschafts- minister bei seiner Tiroltour am 12. September in St. Johann in einer Ver- sammlung sprechen und die Land- wirtschaftsschule in der Weitau und Wörgl, Kastengsatt, Kelchsau, Westen- dorf, Brixen, Kirchberg und Kitzbtihel und die ganze Bevölkerung wehrte sich mit dem Mute der Verzweiflung gegen dieses Inferno. Als die Kirche in ihren Trümmern lag, bemächtigte sich der Bevölkerung eine unbeschreibliche Verzagtheit. Kein Glockenton durch- eilte mehr die Luft, kein Stunden- schlag verkündete die Zeit und die für den 19. Juni angesetzte Firmung muß- te auf dem Friedhof abgehalten wer- den. Ein Jahr nach dem Kirchenbrand, am 24. Juni 1933, konnten zwei der drei Verbrecher hinter Schloß und Riegel gesetzt werden, der dritte einige Wo- chen später. Am 23. Juni 1933 um 10 Uhr abends brach auf zwei Höfen am Penningberg Feuer aus, das von den Bauersleuten aus eigener Kraft gelöscht werden konnte. Zwei Knechte eilten zur Gen- darrnerie, währenddem der ganze Pen- ningberg umstellt wurde. Verdächtige Gibt es ein sch 00 öneres Urlaubsland als die Kitzbüheler Alpen? Wir wollen und brauchen keine Schlote Landtagsvizepräsident Christian Horngacher: Landwirtschaftsminister Weihs besucht unsere Bergbauern!
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