Kitzbüheler Anzeiger

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Photo: Utto Eichhorn, Kitzbühel Samstag, 2. Oktober 1971 Kizbüheler Anzeiger Seite 3 Der Apotheker,"'Botaniker und Politiker Joseph Traunsteiner Aus „Manfred Rupert, Sta dtbuch Kitzbühel, 4. Band" II. Teil In dem überspitzten Rekurs an den Hof wurden die Ansprüche der Real- bürger ganz gegen die vieljährige Pra- xis übertrieben und fern der Wirklich- kei dargestellt. Es gebe, so hieß es, einen engeren Burgfrieden, der nur die Realbürger einschließe, und einen weiteren für alle Gemeindeglieder; der ganze Armenfonds der Stadt und das Bürgerspital seien reines Eigentum der Realbürger; die Realbürger hätten Anspruch auf den ganzen Nutzen von Ehrenbach und Schattberg. Die Folge war, daß die Nichtrealbür- ger statt über die Weigerung der fi- nanziell besser gestellten Landgemein- de böse zu sein, sich über die Real- bürger ärgerten und zudem bei den Behörden der Verdacht von in der Stadt Kitzbühel herrschenden Miß- bräuchen aufkam. Genau in dieser kritischen Situation starb Bürgermei- ster Schlechter und Traunsteiner, ein Nichtrealbürger, wurde zum Bürger- meister gewählt. In seinem Gesuch um Amtsenthebung führte Traunsteiner an, im Fall eines Unterliegens der Realbürger könnten überaus unpopuläre Maßnahmen nö- tig werden; in der Streitfrage habe er eine den Wortführern der Realbür- ger entgegengesetzte Meinung, es wäre daner nicht gut, wenn die Behörden die Wahl eines Nichtrealbürgermeisters zum Sachwalter der Interessen der Realbürger zulassen. Traunsteiners Ge- such wurde nicht genehmigt. Am 13. April 1843 fand die Amtseinführung statt. Das Wahlergebnis vom 29. März 1843 ist wohl so zu verstehen, daß Vertreter der Realbürger u n d der Nichtrealbürger Traunsteiner für den richtigen Mann hielten, die Stadt aus den Schwierigkeiten herauszuführen. Traunsteiners Sorge war berechtigt. Der Hofrekurs der Realbürger wurde abgelehnt und eine Untersuchung be- fohlen. Ueber Ersuchen des Land- gerichts Kitzbühel wurde eine kreis- amtliche Kommission mit der Durch- führung dieser Untersuchung beauf- tragt. Es war ein Glück, daß der Korn- m:ssionsleiter, Kreis-Commissair Fried- rich Bukeisen, ein feines Gespür für das Mögliche hatte und mit echter Vermittlungsabsicht herkam. Bukeisen konnte einen Vergleich zwischen der Stadt und der Landgemeinde errei- chen, „laut dessen die Stadt in ihrem Spital, zugleich Pfründenhaus, immer- fort 18 Arme aus Spitaismitteln oder durch Hilfsgelder selbst erhalten muß, während alle anderen Armen beider Gemeinden gemeinsam durch das Ein- kommen der beiderseitigen Armen- fonds und durch Wu.stungen Ue- meinaeumlagen) im Verflaltnis des Steueriuies versorgt werden und uie btactt mit der vonig unoecteutencten bunme von laU Qulcten (statt 6000 II.) von auen .ntschädigungsansprucnen aer Landgemeinde losgekauft flat. Bukeisen konnte auie Spannungen beseitigen. Er zeigte auf, daß von 2viii3- bräuchen oder gar Veruntreuung keine Rede sein könne. Das mit den zwei Burgfrieden hatten keine Grundlage. Die kealbürger „betrachten sich bloß als eine alte Gesellschaft in der Stadt Kitzbühel, die von jeher gewisse Vor- rechte genossen hat; sie sind aber bereit, an diesen Vorrechten auch Nichtrealbürger Anteil nehmen zu las- sen". Der Armenfonds stehe gemeinsam mit dem der Landgemeinde zur Ver- sorgung a 11 e r Armen zur Verfügung. Die vorhandenen Schulden der Stadt würden nach einem Tilgungsplan bin- nen sieben Jahren getilgt sein. Nach Klarstellung des Sachverhaltes war in der Stadt ein gutes Einverneh- men herzustellen. Hatte Bukeisen schon bei der Regelung zwischen Stadt und Land den günstigen Einfluß Traun- steiners hervorgehoben, so schreibt er jetzt: „Ich schließe diese Relation mit der ergebensten Bemerkung, daß die Stadt Kitzbühel gegenwärtig in der Person des Apothekers Traunsteiner einen sehr verständigen, billigen (rechtlich denkenden), von allen Verhältnissen wohlunterrichteten und sich in seiner Stellung gegenüber den Realbürgern fest behauptenden Bürgermeister ha- be, der mich in der Vergleichsabrede mit der Landgemeinde nicht nur durch sein tätiges und verständiges Mitwir- ken, sondern auch durch seinen Kre- dit, in den er sich bei Stadt und Land gesetzt hat, wesentlich unterstützte. Da er, wie ich vernahm, wegen der schlechten finanziellen Lage der Stadt von derselben keinen Gehalt annimmt, so glaube ich, daß ihm eine schriftliche ehrenvolle Anerkennung seines Tuns und Wirkens zuteil werden sollte." (dieser Anregung wurde auch entspro- chen.) Traunsteiners Amstzeit als Bürger-
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