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Samstag, 3. Oktober 1970 Kitzbüheler Anzeiger Seite 3 Äkll:4F [ Ii.ti h1i1tri I'('l i.I]Iiiii[['Ti Was wurde in Oberndorf, und versprochen? (Niederschrift nach dem Tonband von Ing. Karl Berger, Kitzbühel.) Einen all- gemeinen Versammlungsbericht haben wir bereits in unserer vorigen Ausgabe veröffentlicht. Und nun zu den einzel- nen Rednern und den Antworten von Bundesminister Dr. Josef Staribacher: Bürgermeister Hermann Reisch: „Das was Sie uns heute gesagt haben, ist in gewisser Hinsicht für uns eine Beruhi- gung. Sie haben versprochen, uns Ge- meinden zu hören, wenn irgend eine Entscheidung fallen wird. Ich bitte Sie, uns heute zu sagen, daß Sie eben bereit sind zu verhindern, daß bei uns ein Bergwerk errichtet wird. Nach Ihren Worten ist es heute zu früh, uns das zu sagen. Aler Sie wissen, was der Fremdenverkehr für Oesterreich, für Tirol und speziell für unseren Kitzbü- heler Raum bedeutet! So ist es doch absolut möglich, daß Sie uns heute sagen, Sie als oterste Behörde, die die letzte Entscheidung in Bergwerksachen zu treffen hat, daß Sie volkswirtschaft- lich abwägen werden, was wichtiger ist für Oesterreich, das Bergwerk in unserem Raum oder unser Fremden- verkehr, denn teides, das haben Sie, glaube ich, selbst gesagt, verträgt sich nicht. Der Fremdenverkehr ist an und für sich anfällig, wir spüren jedes Win- derl das geht. Ob es heute politisch ist, ob es wirtschaftlich ist. Ein klei- nes Beispiel: die Pfundabwertung ha- ben wir in Kitzbühel so sehr gespürt, daß ein Teil der Vermieter die Hälfte der Gäste verloren hat. Und so ist es mit vielen anderen Dingen. Wir zit- tern immer auch um die großen poli- tischen Ereignisse. Und nur, wenn eben verstanden wird, wie gefährlich es ist, am Fremdenverkehr zu rühren, dann muß doch volkswirtschaftlich der Fremdenverkehr in unserem Raum über alles sein, was eventuell diesen Fremdenverkehr bedrohen kann. Antwort: „Ich kann mich in dem Fall eindeutig entscheiden. Sie haben mich gefragt, ob das Bergwerk oder der Fremdenverkehr den Vorrang hat. Für die Bundesregierung und für mich steht eindeutig fest: der Fremdenver- kehr! Rudolf Witzmann, Obmann des Schutzverbandes: „Gestatten Sie, daß ich Sie auch im Namen des Schutz- verbandes hier herzlich begrüße. Wir freuen uns, Gelegenheit zu haben, mit Ihnen über unsere Probleme ein sehr ernstes Wort zu sprechen. Wie Sie fest- gestellt haben, Herr Bundesminister, daß Sie nicht in der Lage sind, solange kein Ansuchen bei Ihnen liegt, Entschei- dungen zu treffen, so geht es auch uns. Auch wir haben erst vor acht Tagen erfahren, was die Union Corporation als erste Etappe mit uns vor hat. Ich muß ausdrücklich betonen, als erste Etappe. Nachdem was man uns gezeigt hat, will die Union die zweite und drit- te Etappe auswärts durchführen, und auf unseren Straßen, die im Sommer schon eine Verkehrskatastrophe erlei- den, rollen die 15-Tonnen-Lastkraft- wägen. Sie bringen das Material nach Kärnten oder nach Brixlegg. Wir glau- ben auch das nicht und fürchten, daß die zweite und dritte Etappe auch in unserem Raum verarbeitet wird. Das würde zur Katastrophe fuhren. Ich bit- te doch, Herr Minister, zu bedenken, daß dieser Bezirk im letzten Fremden- verkehrsjahr mehr als vier Millionen Nächtigungen ausgewiesen hat, und ich bitte weiters zu bedenken, daß das Auf- kommen aus dem Fremdenverkehr ein Vielfaches dessen ist, was das Berg- werk bestenfalls überhaupt zu bringen in der Lage ist. Wegen der Sicherung der Arbeitskräfte möchte ich sagen: die tausende Arbeiter und Angestellten, die Bauern, die Bauarbeiter, die alle im Fremdenverkehr, im Winter und im Sommer zusätzlich beschäftigt sind. Diese tausende Arbeitsplätze heimi- scher Arbeiter erscheinen uns wichti- ger als etwa 500, 1000 oder 2000 Fremd- arbeiter, die unseren Raum, unsere Heimat, verunstalten werden. Ich wür- de Sie also sehr bitten, in unserem Sinne zu entscheiden, und wir werden gerne bereit sein, bei Ihnen, Herr Bun- desminister, vorzusprechen und um Ih- re Unterstützung zu ersuchen. Eines muß jedenfalls erreicht werden, das Bergwerk darf nie hier entstehen, denn das wäre eine Katastrophe. Fremden- verkehr und Bergwerk vertragen sich nicht miteinander und niemand und nirgends kann uns jemand sagen, wo es eine Gemeinde, ein Gebiet gibt, wo ein blühender Fremdenverkehr und ein Kupferbergwerk gemeinsam existieren. Antwort: „Sowohl die Herren meines Ministeriums wie auch ich persönlich wollen mit dem Schutzverband in Kon- takt treten, sobald Sie sich an mich wenden. Ich kann Ihnen versichern, ich bitte Sie, fragen Sie bei dem Verein „Rettet das Kainztal" (Oelraffinerie). Sie sagen 2000 Arbeiter, ich kenne das hiesige Gebiet nicht, denn im Detail liegt nichts vor. Ich lebe also, wie man bei uns sagt, von den Mitteilungen aus Buschtrommeln, was sich so herumge- sprochen hat, was von Innsbruck bis Wien gesickert ist. Angeblich sollen aber nur 230 Leute beschäftigt werden. Wir sollen an einem Strang ziehen und alle auf dem Standpukt stehen „Berg- werk nie", wie die Versammlung da draußen, so ist es gar nicht schwer zu erraten, was hier in diesem Raum ge- schehen soll." Dr. Gerhard Pfitzner: „Ich bin ein Bürger, der mit wachen Augen durch dieses Land geht. Ich war zufällig in meinem Urlaub in Griechenland. Dort unten wird in Tagbau gearbeitet, ein Berg wird abgeräumt. Ich weiß nicht, was dort herausgeholt wird. Aber das in Griechenland ist nichts gegen das, was ich von einem Mann neben mir (Walter Stöckl) gehört habe, was in Amerika in bezug auf den Tagbau im Kupfererzbergbau getrieben wird. Ich habe zwei Bilder hier, Sie sollen sich diese anschauen. Wenn nur in kleinem Maße das passiert, dann kommt bei uns keine Alternative mehr her, ob Fremdenverkehr oder ob Berg- bau, dann haben wir nur mehr ein katastrophal verwüstetes Land. Und wenn dieses Memorandum der Union sagt, wir werden dort einmal begrünen, dann sind wir schon am Ende. Es kann dann nur mehr eines gelten, etwas wieder aufbauen, in Generationen, und von der Bundesregierung müssen Sub- ventionen erteilt werden, um den Scha- den wieder gutzumachen. Ich bin der Meinung, daß hier keine Alternative zu gelten hat zwischen Fremdenverkehr und Bergbau. Ich bin aber auch der Meinung, daß nicht nur die Interessen des Fremdenverkehrs hier hochge- spielt werden. Ich bin der Meinung, daß wir hier, als Oesterreicher dieses Land, das die einzige Grundlage ist für die anderen und die Kommenden, er- halten können, so daß die dann auch noch etwas davon haben. Denn nach dieser Katastrophe bleibt nichts mehr stehen. Es ist falsch, wenn Leute sagen: Da kannst ja nichts mehr machen! Ich bin der Meinung, da kann man etwas machen, wenn alle zusammenstehen, die Parteien, die Funktionäre, alle. War- um soll nicht eine Reform möglich sein. Es gibt Reformen genug, auch auf dem Steuersektor, das spüren wir. Es gibt eine Reform des Strafrechts, eine Reform der Sozialgesetze, warum kann es dann nicht eine Reform des Berg- baues geben? Ich glaube, da ist kein Wille da. Wenn wir zu den Ministern laufen und in Wien die Türen einren- nen, und nicht nur allein wegen dem Fremdenverkehr, sondern um das Land zu erhalten für die Nächsten, dann wird es wohl gehen. Ich verlange, daß von unserem Landtag alle nach Wien gehen und sich, wie hier, die Haxen aus- reißen und jedem sagen, daß das Berg- werk einen Dreck taugt. Oberndorf ist beim Teufel, das Bichlach ist beim Teu-
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